Neuanfang
es schon länger auf Cody abgesehen. Sie hat den hochprozentigen Alkohol mitgebracht.“ Tanner schien zu aufgewühlt zu sein, um weiterzusprechen.
„Was ist also passiert?“ Jim war auf alle seine Spieler wütend, aber im Moment interessierte er sich am meisten für Codys Verhalten. Die anderen wussten, dass Cody bei ihrem Trainer wohnte. „Tanner? Erzähl mir den Rest.“
Tanner umklammerte die Armlehnen seines Stuhls und stieß einen Seufzer aus. „Er und das Mädchen sind für eine Weile verschwunden. In einem der Schlafzimmer.“ Offensichtlich war es ihm sehr unangenehm, dass er die Geschichte erzählen musste, doch er fuhr fort. „Nach ungefähr einer Stunde brachte sie ihn zurück ins Wohnzimmer. Sie … sie hatte eine volle Flasche mit irgendwelchem Likör dabei, die sie uns zeigte.“ Er massierte seinen Hals und atmete kurz und abgehackt. „Sie sagte, es sei ein Geschenk für Cody.“
Jims Übelkeit wurde immer stärker. Warum hatte Cody das getan? Für ein Mädchen? Er hatte sich in den letzten Monaten so gut entwickelt, dass es fast nicht zu glauben war, dass nicht noch mehr hinter der Geschichte steckte. Jim räusperte sich. „Konnte Cody zu dem Zeitpunkt noch aufrecht stehen?“
„Kaum noch.“
„Er war schon ziemlich betrunken.“ Todd seufzte und blickte auf seine zitternden Hände. „Viel mehr als wir anderen.“
„Und das Mädchen ist mit ihm gegangen?“
„Ja, aber ich glaube nicht, dass sie ihn gleich nach Hause gebracht hat.“ Tanner konnte Jim nicht in die Augen sehen. „Sie sagte irgendwas davon, dass sie noch einen kleinen Ausflug machen wollten.“
Jims Ärger ließ sich nicht länger unterdrücken. Er knirschte mit den Zähnen. Er wollte am liebsten fragen, warum keiner seiner Spieler versucht hatte, Cody zu helfen, aber das war offensichtlich keine Frage. Sie hatten ja auch nicht versucht, sich gegenseitig zu helfen. Der Rest von Codys Geschichte war leicht zu erraten. Das Mädchen war bis spät in die Nacht mit ihm unterwegs gewesen, dann hatte sie ihn nach Hause gebracht. Er war offenbar noch so weit bei Sinnen gewesen, dass er ihr den Weg hatte erklären können.
Die Flasche, die sie leer neben ihm gefunden hatten, musste das Geschenk des Mädchens gewesen sein.
Und jetzt – weil er nicht stark genug gewesen war, den Versuchungen der Flasche zu widerstehen – kämpfte Cody um sein Leben. Jim starrte die Jungen einen nach dem anderen an und suchte krampfhaft nach einer Idee. Nach einem Plan, der seine Spieler überzeugen würde. Er könnte Trainer in der NFL sein, doch stattdessen arbeitete er mit Highschool-Schülern. Vielleicht würde es diese drei Mannschaftskapitäne schon verändern, wenn sie Cody nur sehen würden, doch was war mit den anderen Spielern?
Plötzlich fiel ihm etwas ein. Vielleicht könnte Joe ihm helfen. Der ehemalige Polizist liebte die Arbeit mit den Jugendlichen und war wöchentlich am Rand des Spielfeldes der Clear Creek Highschool präsent. Joe Agueda war 43 Jahre alt, ein hart arbeitender Mann, dessen Vorfahren aus Portugal stammten. Vor einigen Jahren hatte er die Arbeit als Polizist in Los Angeles aufgegeben und mit seiner Familie einen kleinen Milchbetrieb außerhalb der Stadt aufgebaut.
Dieser Mann war verrückt nach Football. Schon lange bevor Jim und seine Familie nach Bloomington gekommen waren, hatte Joe Agueda, für die Sicherheit bei den Footballspielen gesorgt. An jedem Freitagabend während der Footballsaison waren Joe und seine Frau Sandra sowie ihre drei Kinder Sarah, Greg und Lori am Spielfeldrand zu finden. Er und seine Familie hatten in den vielen Jahren nicht ein Spiel versäumt.
„Macht euch keine Sorgen um die Sicherheit“, pflegte Joe zu sagen, wenn Jim oder ein anderer Trainer vorbeikam. „Ich habe alles unter Kontrolle.“
In den letzten Jahren, seitdem Jim der Assistenztrainer von Ryan Taylor geworden war, hatte es lediglich einmal eine Prügelei zwischen ein paar Schülern von Clear Creek und einer Gruppe Jugendlicher von einem gegnerischen Team gegeben. Joe hatte sich der Prügelnden angenommen und ihnen eine halbstündige Standpauke über die Gefahren von Schlägereien gehalten. Joe liebte seine Aufgabe sehr. Er machte alles ehrenamtlich und die Spieler sahen in ihm eine Art Maskottchen.
Während seine Spielführer betreten zu Boden sahen, erinnerte sich Jim an das Angebot, das Joe ihm am Ende der letzten Saison gemacht hatte.
„Jetzt kommt wieder diese Jahreszeit.“ Joe hatte ihn frustriert
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