Neubeginn in Virgin River
lief gut, aber der Preis war unerschwinglich.
Doch Mel hatte ja ihr süßes kleines BMW-Cabriolet, das sie in Zahlung geben konnte. Es dauerte zwei Stunden, bis Mel und der Autohändler sich auf einen Preis geeinigt hatten, und Jack durfte einen weiteren Aspekt von Mels Charakter kennenlernen: Sie war eine sture Meisterin im Verhandeln.
Anschließend besuchten sie ein Sanitätsgeschäft, in dem sie einige Notfallgeräte kauften – vom Defibrillator bis hin zum Sauerstofftank. Weiteres medizinisches Zubehör musste noch bestellt werden, würde aber innerhalb der nächsten zwei Wochen nach Virgin River geliefert werden. Dann fuhren sie im Hummer den Highway entlang und über den Bergpass zurück nach Virgin River. „Und wie willst du den Leuten erklären, womit du dir das alles leisten kannst?“, fragte Jack.
„Ich werde sagen, dass ich in L. A. mit vielen reichen, gelangweilten Ärzten zusammengearbeitet und sie alle wegen Spenden für den Ort angehauen habe.“
„Ah“, sagte er. „Und falls du gehst?“ Er brachte es einfach nicht fertig, das Wörtchen „Wenn“ auszusprechen.
„Vielleicht sollte ich wirklich mal ein paar dieser reichen, gelangweilten Ärzte, die ich ja tatsächlich kenne, anrufen und sie auf eine Spende ansprechen“, antwortete sie. „Aber wir wollen den Teufel nicht an die Wand malen.“
Er lachte. „Nein, das lassen wir lieber.“
Sie parkten den Hummer vor Jacks Bar, wo sie ihn den Leuten, die regelmäßig zum Abendessen kamen, ein wenig stolz vorführten. Sie würden ganz sicher keine Zeit verlieren und die Neuigkeit im Rest des Dorfes in Windeseile verbreiten. Als wäre er über diese unnötige Anschaffung verärgert, grummelte Doc, dass sein alter Truck völlig gereicht hätte. Aber Mel überging seinen Kommentar und sagte ihm, er müsse gleich morgen beweisen, ob er mit dem neuen Fahrzeug zurechtkäme. Und schnell wurde deutlich, dass sein Anfall von Groll nur gekünstelt war, denn er wurde ein- oder zweimal dabei erwischt, wie er lächelte, während er es inspizierte. Ricky konnte sie zu einer kleinen Spritzfahrt überreden, und Preacher beobachtete sie von der Veranda aus. Er hatte die Arme vor seiner massiven Brust verschränkt und grinste wie ein Schulmädchen.
Als Mel am nächsten Morgen June Hudson anrief, um ihr von dem neuen Gefährt zu berichten, lud June sie für den kommenden Sonntag zu einem zwanglosen Abendessen mit Hamburgern und Hotdogs zu sich nach Hause ein. „Wenn ich etwas Kartoffelsalat und Bier mitbringe, darf ich dann auch noch einen Freund mitbringen?“, fragte Mel. Sie redete sich ein, nur deshalb gefragt zu haben, weil zu diesem Dinner, abgesehen von Junes Dad, vermutlich nur Paare kommen würden und sie sich als Single nicht wohlfühlen würde. In Wirklichkeit aber wollte sie Jack so oft wie möglich an ihrer Seite haben.
„So, so“, meinte Jack später grinsend. „Holst du mich etwa aus dem Wandschrank hervor?“
„Nur für einen Tag“, antwortete sie. „Weil du so brav warst.“
June besaß eines dieser hinreißenden Landhäuser, von denen Mel geträumt hatte, als sie ihre Flucht aus der Stadt plante – eine riesige Veranda, helle Farben, gemütlich eingerichtet und direkt auf einer Anhöhe gelegen, von der aus man das Tal überblicken konnte. Ihre Dekoration bestand zum Teil aus bestickten Kissen und Decken, denn June war eine Meisterstickerin. Als Landärztin schien sie ihr Leben offenbar perfekt geregelt zu haben – mit ihrem Mann Jim, der ihr den Rücken freihielt und sich um das Baby kümmerte; einem eigensinnigen Vater, der sich in alles einmischte, und reizenden Freunden, die sie unterstützten: John und Susan Stone.
Susan war Krankenschwester, daher tauschten Mel und sie gleich Erfahrungen aus, und schnell waren alle zum Du übergegangen. Auch Susan und John waren von der Stadt aufs Land gezogen, und sie sprach freimütig darüber, wie sie eine Weile gebraucht hatte, bis sie die ruhigere Gangart in Grace Valley würdigen und sich an das Fehlen von den Annehmlichkeiten, die man in einer Großstadt hatte, gewöhnen konnte. „Früher hatte ich nur wenige Minuten bis zum Kosmetiksalon zu laufen“, erzählte sie. „Jetzt ist es schon ein riesiges Unterfangen, auch nur ein paar Lebensmittel einzukaufen.“ Susan war hochschwanger. Ständig massierte sie sich den Rücken und schob dabei ihren Bauch vor.
Die Frauen saßen auf der Veranda. June stillte ihr Baby im Schaukelstuhl, während Susan sich nach einem Kissen umsah, mit
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