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Neubeginn in Virgin River

Neubeginn in Virgin River

Titel: Neubeginn in Virgin River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robyn Carr
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kletterte eine Frau aus dem Wagen, ging die Verandatreppe hinauf und betrat die Praxis. Jacks Herz fing an zu klopfen.
    Kaum war die Frau drinnen, ging der Mann wieder zu seinem Range Rover zurück und lehnte sich mit dem Rücken an die Kühlerhaube. Jack konnte ihn nur von hinten sehen, bemerkte aber, dass er ein kleines Taschenmesser aus der Hosentasche zog und sich lässig die Nägel zu reinigen begann. Jack wusste, dass er den Mann schon mal von seiner Veranda aus gesehen hatte. Es war einer von diesen Typen, die schon beim Einfahren in einen Ort alles wahrnehmen, das sich lohnte, wahrgenommen zu werden; jeden Fluchtweg, jede Gefahr würde er im Nu ausfindig machen. Heute, wo er mit einer Frau und einem neugeborenen Baby gekommen war, dürfte sich wohl keinerlei Schmuggelware in seinem Fahrzeug befinden, und falls er Waffen mit sich führte, waren diese garantiert registriert. Darauf würde Jack wetten. Und … sein Fahrzeug-Kennzeichen war so mit Matsch vollgespritzt, dass es nicht zu entziffern war. Ein lahmer Trick. Aber Jack hatte die Nummer im Kopf; er hatte sie sich eingeprägt, als dieser Kerl das erste Mal in den Ort gekommen war.
    Also war er damals nicht nur auf zwei Drinks nach Virgin River gekommen. Er hatte sich erkundigen wollen, ob hier mit medizinischer Hilfe zu rechnen war. Mel hatte ihm doch erzählt, dass die Entbindung, die sie so mitgenommen hatte, irgendwo hinter Clear River stattgefunden hatte. Jack wusste, dass es in Clear River weder einen Arzt noch eine Klinik gab. Grace Valley und Garber ville lagen zwar näher an Clear River als Virgin River, aber diese Orte waren größer und weniger übersichtlich als dieses Dorf hier.
    Es dauerte etwas mehr als eine halbe Stunde, bis die Frau mit ihrem Bündel, gefolgt von Mel, wieder herauskam. Die Frau drehte sich um und schüttelte Mel die Hand; Mel drückte ihren Oberarm. Der Mann half ihr ins Auto, und langsam verließen sie das Dorf.
    Jack stand auf, und Mel begegnete seinem Blick über die Straße hinweg. Beide standen sie auf ihrer jeweiligen Veranda, und sogar aus der Entfernung konnte sie sehen, wie sein Gesicht sich zunehmend verfinsterte, während er die Straße überquerte. Sie steckte die Hände in die Taschen ihrer Jeans. Als er bei ihr angekommen war, setzte er einen Fuß auf die Verandatreppe, stützte sich mit den Unterarmen am Oberschenkel ab und blickte zu ihr hoch. Seine düstere Miene wirkte nicht ärgerlich, mit Sicherheit aber unglücklich. „Doc weiß, was du getan hast?“, fragte er.
    Sie nickte. „Er weiß, dass ich ein Baby entbunden habe, wenn es das ist, was du meinst. Es ist mein Beruf, Jack.“
    „Du musst mir versprechen, dass du das nie wieder tust. Nicht für jemanden wie ihn.“
    „Du kennst ihn?“
    „Nein. Aber er war mal in der Bar, und ich kenne diese Sorte Typen. Das Problem ist nicht, dass er eine Frau zum Arzt bringt, weißt du. Wenn du dich aber auf sein Terrain begibst, wenn du mit ihm mitgehst, mitten in der Nacht. Allein. Nur weil er sagt …“
    „Ich wurde nicht bedroht“, erwiderte sie. „Er hat mich gefragt. Und er war vorher schon einmal an der Praxis, auf der Suche nach einem Arzt. Also war er mir auch nicht total fremd.“
    „Hör mir zu“, sagte Jack bestimmt. „Leute wie er werden dich nicht in deiner Praxis oder in meiner Bar bedrohen. Sie fallen ungern auf, denn sie wollen nicht, dass man ihre Ernte beschlagnahmt. Dort draußen aber“, er deutete mit dem Kinn in Richtung der östlichen Berge, „kann etwas passieren. Er könnte auf den Gedanken kommen, dass du eine Bedrohung für sein Geschäft sein könntest, und …“
    „Nein“, sagte sie und schüttelte den Kopf. „Er würde nicht zulassen, dass mir etwas geschieht. Das wäre eine Bedrohung für sein Geschäft …“
    „Hat er dir das erzählt? An deiner Stelle würde ich mich lieber nicht auf sein Wort verlassen.“ Er schüttelte den Kopf. „Das kannst du nicht machen, Melinda. Du kannst einfach nicht allein das Camp eines Growers betreten.“
    „Ich bezweifle, dass es noch einmal zu einer solchen Situation kommen wird“, antwortete sie.
    „Versprich mir, dass du es nicht wieder tun wirst“, bat er.
    Sie schüttelte den Kopf. „Ich muss meinen Job machen, Jack. Wenn ich nicht mitgegangen wäre …“
    „Mel, verstehst du, was ich dir sagen will? Ich will dich nicht verlieren, nur weil du bereit bist, dich auf dumme Wagnisse einzulassen. Versprich es mir.“
    Sie schürzte die Lippen und hob trotzig das Kinn.

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