Neubeginn in Virgin River
Bar, gleich neben Jacks Truck, parkte. Das Motorgeräusch und das Zuschlagen der Autotür mussten ihn geweckt haben, denn das Licht ging an, und die Tür flog auf. Nur in Jeans, die er sich schnell übergestreift hatte, blieb er im Türrahmen stehen, im Rücken gedämpftes Licht. Sie lief direkt in seine Arme.
„Was machst du denn hier?“, fragte er leise, zog sie herein und schloss die Tür.
„Ich war zu einem Einsatz draußen. Ein Baby. Und hinterher wollte ich nicht allein sein. Das war knapp, Jack.“
Um sie enger halten zu können, schob er die Hände unter ihre Jacke. „Ist alles gut ausgegangen?“
„Ja, aber es war wirklich knapp. Wäre ich fünf Minuten später gekommen … Die Nabelschnur hatte sich um seinen Hals gelegt.“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber ich war ja dort. Und er ist ein hübsches Baby.“
„Wo denn?“, fragte er und strich ihr das Haar über dem Ohr glatt.
„Hinter Clear River“, antwortete sie, als ihr wieder einfiel, dass der Mann diesen Ort erwähnt hatte, als er mit ihr vor Does Praxis gesprochen hatte. Sie selbst hatte tatsächlich keine Ahnung, wohin sie gefahren waren. Nach allem, was sie von dem Mann wusste, hätte er ebenso gut auch im Kreis gefahren sein können.
„Du zitterst ja“, stellte Jack fest und drückte die Lippen auf ihre Stirn.
„Ja, ein bisschen. Kein Wunder nach diesem Erlebnis.“ Sie legte den Kopf in den Nacken und sah zu ihm hoch. „Ist es in Ordnung, dass ich gekommen bin?“
„Natürlich ist es das. Mel, was war los?“
„Die Mutter wollte allein entbinden, aber der Vater war nervös geworden und kam zu mir.“ Sie schauderte. „Ich dachte ja, dass ich in L. A. einiges an wüsten Erfahrungen gesammelt hätte“, erklärte sie mit einem kläglichen Lächeln. „Aber wenn du mir vor einem Jahr gesagt hättest, dass ich mitten in der Nacht einen ärmlichen Wohnwagen im Wald aufsuchen würde, hätte ich geantwortet: nie und nimmer.“
Mit gekrümmtem Zeigefinger strich er ihr über die Wange. „Wer war es?“
Sie schüttelte den Kopf. Wenn sie ihm sagte, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, würde er ausnippen. „Sie sind nicht aus dieser Gegend, Jack. Vor Kurzem kam er in Does Praxis, weil er einen Geburtshelfer suchte. Ich darf dir nicht von dem Mann und der Frau erzählen, es sei denn, sie erklären sich damit einverstanden. Sie sind nicht verheiratet oder so. Sie lebt allein in einem schäbigen kleinen Wohnwagen. Es muss eine ziemlich schreckliche Situation für sie sein.“ Hier in den Bergen tue ich Dinge, von denen ich nie und nimmer angenommen hätte, dass ich zu so etwas fähig wäre. Furchterregende, unmögliche, gefährliche Dinge. Aufregende Dinge, die kein normaler Mensch tun würde. Doch hätte es niemand getan, gäbe es jetzt ein totes Baby. Und möglicherweise auch eine Mutter in sehr kritischem Zustand. Sie legte den Kopf an Jacks Brust und atmete tief durch, um sich zu beruhigen.
„Er hat dich angerufen?“, fragte Jack.
Verdammt. Sie konnte ihn einfach nicht belügen. „Er hat am Ferienhaus auf mich gewartet. Wenn ich die Nacht hier bei dir geblieben wäre, hätte ich ihn verpasst und das Baby wäre nicht durchgekommen.“
„Hattest du ihm gesagt, wo er dich außerhalb der Arbeitszeit finden könnte?“
Sie schüttelte den Kopf. „Er muss sich bei irgendwem erkundigt haben“, antwortete sie dann. „In Virgin River wissen alle, wo ich wohne, und wahrscheinlich auch viele Leute in Clear River.“
„Gott“, stöhnte er und schloss sie fester in die Arme. „Ist dir je in den Sinn gekommen, dass du in Gefahr schweben könntest?“
„Ein bis zwei Minuten lang.“ Sie sah lächelnd zu ihm hoch. „Ich erwarte ja nicht, dass du das verstehst – aber da war ein Baby unterwegs. Und ich bin froh, dass ich es getan habe. Abgesehen davon war ja nicht ich in Schwierigkeiten, sondern die Mutter.“
Erleichtert atmete er auf. „Mein Gott. Ich werde viel besser auf dich aufpassen müssen.“ Er küsste sie auf die Stirn. „Den Grund für das, was heute Nacht passiert ist, willst du mir nicht erzählen. Was auch immer es war – lass es nie, niemals wieder zu, dass so etwas noch einmal vorkommt.“
Jack saß auf der Veranda der Bar und stellte Fliegen her, als ein schwarzer Range Rover langsam ins Dorf fuhr und direkt vor Does Praxis parkte. Er rückte auf seinem Verandastuhl vor und beobachtete, wie der Fahrer ausstieg, zur Beifahrertür herumging und sie öffnete. Mit einem kleinen Bündel im Arm
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