Neubeginn in Virgin River
gewöhnlich zum nächstgrößeren Ort fuhren, wo sie ihre Lebensmittel und das Futter für die Tiere besorgten. Hier wurde nur gelegentlich das gekauft, was sie vergessen hatten. Manchmal schauten auch Jäger oder Angler herein, die irgendetwas brauchten. Connie verfügte über einen Vorrat von allem, von Wasserflaschen bis hin zu Socken, aber immer nur jeweils wenige Einzelstücke.
„Ich habe gehört, dass sich für das Baby noch niemand gefunden hat“, sagte Connie. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand aus dem Dorf ein Kind zur Welt bringen könnte und es dann weggibt.“
„Könnten Sie sich überhaupt vorstellen, dass hier jemand ein Baby bekommen könnte, ohne in irgendeiner Form medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen? Zumal es ja auch einen Arzt im Ort gibt.“
Connie, eine reizende kleine Frau, vermutlich in den Fünfzigern, zuckte die Schultern. „Die Frauen hier bekommen ständig ihre Babys zu Hause. Aber normalerweise ist Doc dann dabei. Es gibt ein paar Familien, die da draußen völlig isoliert im Wald leben und sich nur selten einmal aus irgendeinem Grund sehen lassen.“ Sie beugte sich zu Mel und flüsterte: „Es sind seltsame Leute. Aber ich habe noch nie etwas davon gehört, dass sie ihre Kinder aussetzen.“
„Wie lange, glauben Sie, wird der Sozialdienst brauchen, um eine Lösung zu finden?“
Connie lachte. „Ich habe nicht die geringste Ahnung. Wenn wir hier ein Problem haben, dann packen wir es gewöhnlich gemeinsam an. Es ist nicht so, dass wir besonders viel Hilfe von außen benötigen.“
„Also gut, dann sagen Sie mir halt, wie lange es dauert, bis die nächste Windellieferung hier eintrifft.“
„Ron macht einmal die Woche seine Einkaufsfahrt, und morgen früh ist es wieder so weit. Morgen Nachmittag können Sie also damit rechnen.“
Ein junges Mädchen im Teenageralter betrat mit der Schultasche in der Hand den Laden. Der Schulbus musste gerade eingetroffen sein. „Ah, da ist ja meine Lizzie“, rief Connie. „Mel, darf ich vorstellen, meine Nichte Liz. Sie ist erst seit Kurzem hier und wird eine Weile bei mir wohnen.“
„Wie geht’s?“, grüßte Mel.
„Hey“, sagte Liz lächelnd. Ihr volles langes braunes Haar war hochgekämmt, einzelne Strähnen fielen ihr verführerisch auf die Schultern. Schön gewölbte Brauen über hellblauen Augen, dickes Augen-Make-up, feucht glänzende volle Schmolllippen. Eine kleine Sexbombe, schoss es Mel durch den Kopf – mit ihrem kurzen Jeansrock, den kniehohen Lederstiefeln, dem Pullover, der die vollen Brüste betonte, ohne jedoch die Taille zu erreichen. Im Bauchnabel ein Ring. Hmm.
„Soll ich dir ein wenig helfen?“, fragte Liz ihre Tante.
„Nein, Liebes. Geh nach hinten und mach deine Hausaufgaben. Wie war dein erster Tag heute? Gut?“
„Ganz in Ordnung, schätze ich.“ Sie zuckte die Schultern. „Nett, Sie kennenzulernen“, rief sie Mel zu und verschwand im Hinterzimmer des Geschäfts.
„Sie ist schön“, stellte Mel fest.
Connie verzog leicht das Gesicht und sagte: „Sie ist vierzehn.“
Mel riss erstaunt die Augen auf und formte tonlos mit den Lippen das Wort: vierzehn? „Wow“, flüsterte sie. Das Mädchen sah aus wie mindestens sechzehn, wenn nicht siebzehn. Auch für achtzehn würde sie noch durchgehen.
„Ja, das ist auch der Grund, weshalb sie hier ist. Ihre Mutter, meine Schwester, ist bei diesem kleinen Früchtchen mit ihrer Weisheit am Ende. Sie ist ganz schön wild. Aber das war in Eureka. Hier gibt es nicht so viele Orte, wo man wild sein kann.“ Sie lächelte. „Wenn ich sie doch wenigstens dazu bringen könnte, ihren Körper zu bedecken, dann wäre mir schon wesentlich wohler!“
„Ich verstehe.“ Mel lachte. „Möge die Macht mit Ihnen sein!“
Aber ich würde Verhütungsmittel in Betracht ziehen, dachte sie.
Immer, wenn Mel in der Bar ihre Mahlzeiten einnahm und sonst niemand da war, den sie kannte, wie Connie oder deren beste Freundin Joy, Ron oder Hope, setzte sie sich an die Theke und unterhielt sich mit Jack. Und dabei erfuhr sie immer mehr über den Ort, die Besucher, die im Sommer zum Campen und Bergwandern kamen, und die Jäger und Angler, die während der Urlaubssaison hier durchzogen. Der Virgin River war bestens geeignet zum Fliegenfischen, ein Wort, bei dem Mel kichern musste. Und man konnte Kajak fahren, was für sie nach einer Menge Spaß klang.
Ricky stellte sie seiner Großmutter vor, als diese einmal ihr Abendessen dort einnahm, was selten vorkam. Lydie
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