Neubeginn in Virgin River
können, aber er wollte zum einen nicht zeigen, wie viel Geld er in der Kasse hatte, zum anderen legte er auch keinen Wert darauf, diesen Schein anzunehmen. Dort draußen gab es viele Grower, wie man die professionellen Marihuanapflanzer nannte, und manche hatten auch die Erlaubnis, es wegen seines medizinischen Nutzens zum legalen Gebrauch anzubauen. Für viele war Marihuana nichts anderes als eine Nutzpflanze wie Mais. Es ging um Landwirtschaft. Ein Weg, Geld zu verdienen. Und dann gab es diejenigen, die damit Handel trieben, weil Drogen einen großen Profit brachten. Oft wurde dieser Teil des Landes als „Smaragddreieck“ bezeichnet, womit die drei Landkreise gemeint waren, die ihren Ruhm vor allem dem Marihuana-Anbau zu verdanken hatten. Und viele schicke, neue Trucks gab es hier, die von Leuten gefahren wurden, die für das Gehalt eines Busfahrers arbeiteten.
Einige Ortschaften in diesem Gebiet gingen auf die Bedürfnisse der Grower ein. Sie verkauften das Zubehör, das der illegale Anbau erforderte – Bewässerungsanlagen, Pflan-zenzuchtlampen, Tarnnetze, Plastikplanen, Scheren in verschiedenen Größen für die Pflanzenbeschneidung oder die Ernte. Waagen, Generatoren, Geländefahrzeuge, mit denen die abseits gelegenen, tief im Wald verborgenen geheimen Verstecke erreicht werden konnten. Manche Kaufleute hatten in ihren Auslagefenstern ein Schild hängen mit der Aufschrift: Kein Service für CAMP, was für Campaign Against Marijuana Planting stand. Es war eine Gemeinschaftskampagne des Departements des Bezirks-Sheriffs und dem Staat Kalifornien. Clear River war so ein Ort, der CAMP ablehnte. Dort scheute man sich nicht, das Geld der Grower anzunehmen. Und davon gab es reichlich. Charmaine befürwortete den illegalen Anbau nicht, aber Butch würde gewiss keinen stinkenden Schein zurückweisen.
Virgin River war anders.
Die Grower hielten zwar in der Regel still und bereiteten keine Probleme, weil sie nicht auf sich aufmerksam machen wollten. Hin und wieder jedoch gab es territoriale Konflikte, oder die Plantagen wurden mit Sprengfallen gesichert. In beiden Fällen konnten ahnungslose Bürger verletzt werden. Und es kam auch zu Kriminalität in Verbindung mit Drogenkonsum – von Diebstahl oder Raub bis hin zu Mord. Es war noch gar nicht so lange her, dass man die Leiche eines Grower-Partners vergraben im Wald bei Garberville gefunden hatte. Mehr als zwei Jahre lang war er vermisst worden, und der Grower hatte immer unter Verdacht gestanden.
In Virgin River gab es nichts, womit eine illegale Ernte gefördert werden könnte. Das war eine Möglichkeit, sie fernzuhalten. Sollte es hier irgendwelche Grower geben, dann agierten sie wirklich sehr im Geheimen. Virgin River stieß solche Leute eher ab. Allerdings war dieser hier nicht der erste, der vorbeischaute.
„Wissen Sie was“, antwortete Jack dem Mann, wobei er ihm lange ernst in die Augen blickte. „Das geht diesmal aufs Haus.“
„Danke“, sagte er, steckte den Schein wieder in das Bündel und stopfte es in die Tasche. Dann wandte er sich zum Gehen.
„Und noch etwas, Kumpel“, rief Jack ihm nach, als er die Tür erreicht hatte. „Der Deputy und die kalifornische Highway Patrol werden bei mir auf Kosten des Hauses bedient.“
Die Schultern des Mannes hoben sich kurz, als er leise auflachte. Er hatte verstanden. Mit einem leichten Tippen an den Rand seiner Kappe verschwand er.
Jack ging um die Bar herum und beobachtete durch das Fenster, wie der Mann in einen schwarzen Range Rover stieg. Es war das neueste Modell mit Kompressormotor, riesigen Rädern, wärmedämmender Colorverglasung und Zusatzscheinwerfern. Alles in allem mindestens seine hunderttausend Dollar wert. Der Kerl war kein Hobbygärtner. Jack notierte sich das Kennzeichen.
Preacher war damit beschäftigt, Kuchenteig auszurollen, als Jack in die Küche trat. „Habe gerade einen Kerl bedient, der seine Drinks mit einem faustdicken Bündel stinkender Scheine bezahlen wollte“, erzählte ihm Jack.
„Mist.“
„Er fährt einen nagelneuen Range Rover, getuned, höhergelegt und rundum beleuchtet.“
„Du meinst, dass er hier in der Nähe anbaut?“
„Keine Ahnung“, sagte Jack. „Aber wir sollten die Augen offen halten. Wenn der Deputy das nächste Mal kommt, werde ich es erwähnen. Natürlich verstößt es nicht gegen das Gesetz, stinkendes Geld zu besitzen oder einen großen Truck zu fahren.“
„Wenn er so reich ist, geht es wohl kaum um ein kleines Projekt“, bemerkte
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