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Neubeginn in Virgin River

Neubeginn in Virgin River

Titel: Neubeginn in Virgin River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robyn Carr
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Schnittwunden und blauen Flecken bedeckt. Der Mann war etwa dreißig Jahre alt. Sein kurzes schmutzig-blondes Haar stand ihm stachlig vom Kopf ab. Er zuckte und zitterte und war nicht in der Lage, still zu sitzen. Die Frau, ungefähr im gleichen Alter, hielt ihren Arm in einem merkwürdigen Winkel vor sich. Er war gebrochen.
    Doc stellte seine Tasche auf den Tisch, öffnete sie, nahm seine Gummihandschuhe heraus und streifte sie sich über. Mel tat es ihm nach, jedoch langsam, wobei ihr Puls sich beschleunigte. Noch nie hatte sie als Krankenschwester Hausbesuche gemacht. Allerdings kannte sie einige, die das taten. In den ärmeren Vierteln von L. A. gab es überall scheußliche, armselige Unterkünfte, wohin die Sanitäter gerufen wurden. Aber bei einem Fall wie diesem hier würde man sogleich die Polizei informieren und die Patienten zur Notaufnahme transportieren. Und bei Anzeichen von häuslicher Gewalt, die hier eindeutig vorlagen, würden beide unmittelbar nach der ärztlichen Versorgung im Gefängnis untergebracht, denn nur die Polizei durfte in solchen Fällen ermitteln, niemand sonst.
    „Was ist los, Maxine?“, fragte Doc und ergriff ihren Arm, den sie ihm entgegenhielt. Er untersuchte ihn kurz und wandte sich an Clifford. „Ich werde einen Eimer Wasser brauchen.“ Dann forderte er Mel auf: „Kümmern Sie sich um Calvins Gesicht. Reinigen Sie es und stellen Sie fest, ob es genäht werden muss. Ich will versuchen, diese Ellenfraktur zu richten.“
    „Brauchen Sie eine Spritze?“, fragte sie.
    „Ich glaube nicht, dass es nötig sein wird.“
    Mel nahm etwas Peroxid und Watte aus der Tasche und näherte sich vorsichtig dem jungen Mann. Er hob seine Augen und grinste ihr frech ins Gesicht, wobei er eine Reihe schmutziger Zähne sehen ließ, von denen mehrere offensichtlich verfault waren. Sie sah, dass er stark erweiterte Pupillen hatte. Vermutlich war er mit Amphetamin vollgepumpt, denn er hörte nicht auf, sie dümmlich anzugrinsen. Sie versuchte, den Augenkontakt mit ihm zu vermeiden, und reinigte ein paar Schnittwunden in seinem Gesicht. „Wenn Sie nicht sofort aufhören, mich so anzustarren, dann werden Sie auf Doc warten müssen.“ Das aber hatte nur zur Folge, dass er in ein blödes Kichern ausbrach.
    „Ich werde etwas gegen die Schmerzen brauchen“, sagte er.
    „Sie haben doch bereits etwas gegen die Schmerzen eingenommen“, erwiderte sie. Und wieder kicherte er. In seinen Augen lag jedoch etwas Bedrohliches, und sie nahm sich vor, nun wirklich jedem Augenkontakt auszuweichen.
    Plötzlich machte Doc eine schnelle Bewegung und knallte Calvins Arm hart auf den Tisch, wo er ihn mit seiner arthritischen Hand festhielt. „Das wirst du schön lassen! Hast du mich verstanden?“ Does Stimme klang so bedrohlich, wie Mel sie noch nie gehört hatte. Dann ließ Doc Calvins Arm langsam los, während er ihn weiterhin mit einem zornigen Blick durchbohrte. Gleich darauf wandte er sich wieder Maxine zu. „Ich werde diesen Knochen richten müssen, Maxine. Und anschließend werde ich dir einen Gips anlegen.“
    Mel hatte keine Ahnung, was da vor sich ging. „Wollen Sie das nicht röntgen?“, hörte sie sich Doc fragen. Als Antwort fing sie von ihm nur einen wütenden Blick ein, da er sie doch gebeten hatte, möglichst nichts zu sagen. Also wandte sie sich wieder dem Gesicht des Mannes zu.
    Über dem Auge hatte er eine Schnittwunde, die sie glücklicherweise mit Pflaster verschließen konnte. Es war nicht nötig, sie zu nähen. Als sie jetzt über ihm stand, fiel ihr eine dicke dunkelrote Beule unter seinem dünnen Kopfhaar auf. Maxine musste ihm mit irgendetwas auf den Kopf geschlagen haben, bevor er ihr den Arm brach. Unter dem dünnen Stoff seines Hemdes konnte sie erkennen, dass er ziemlich kräftige Schultern und Arme besaß. Er war wahrscheinlich recht stark. Jedenfalls stark genug, um einen Arm zu brechen.
    Dann wurde der Eimer mit dem Wasser gebracht. Er war rostig und schmutzig. Einen Moment lang hörte sie Maxine vor Schmerz aufschreien, als Doc unerwartet mit großer Kraft den gebrochenen Knochen wieder an seinen Platz schob.
    Der alte Doc Mullins arbeitete schweigend weiter. Zuerst legte er einen Verband an, gab dann das Gipspulver in den Eimer, rührte es an und formte die Masse um ihren gebrochenen Arm herum. Mel rückte von Calvin weg, nachdem sie ihre Aufgabe erledigt hatte, und sah Doc zu. Für sein Alter war er stark und schnell. Und für einen Mann mit arthritisch verformten Händen sehr

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