Neue Bündnisse
sie ruhig. Ihr Lächeln ließ Lelaine noch fröhlich erscheinen. Dennoch nahm sie sich die Muße, ihre Stola nach ihrem Geschmack zu richten, eine Frau, die alle Zeit der Welt besaß. »Ich stelle dem Saal zwei Fragen, und die zweite Frage wird auch Lelaines Besorgnis beinhalten. Bedauerlicherweise für sie betrifft meine erste Frage ausgerechnet Lelaines Eignung, weiterhin Mitglied des Saals zu bleiben.« Ihr Lächeln weitete sich noch, ohne auch nur im geringsten herzlicher zu werden. Lelaine setzte sich langsam hin und zeigte ihre Verärgerung deutlich.
»Eine Frage des Krieges kann nicht zurückgestellt werden«, wandte Egwene laut ein. »Sie muß beantwortet werden, bevor eine weitere Frage gestellt werden darf. So lautet das Gesetz.«
Die Sitzenden wechselten rasche, fragende Blicke.
»Ist das so?« fragte Janya schließlich. Sie blinzelte nachdenklich und wandte sich auf ihrer Bank der Frau neben sich zu. »Takima, Ihr behaltet alles, was Ihr gelesen habt, und ich glaube mich gewiß zu erinnern, daß Ihr erwähnt habt, auch das Kriegsrecht gelesen zu traben. Beinhaltet es dies?«
Egwene hielt den Atem an. Die Weiße Burg hatte während der letzten tausend Jahre Soldaten in unzählige Kriege geschickt, aber stets als Antwort auf eine Bitte um Beistand von mindestens zwei Reichen, und es war stets ihr Krieg gewesen, nicht der Krieg der Burg. Das letzte Mal, als die Burg tatsächlich selbst den Krieg erklärte, hatte es sich um Artur Falkenflügel gehandelt. Siuan sagte, daß jetzt nur noch wenige Bibliothekare viel mehr wußten, als daß ein Kriegsrecht existierte.
Klein, mit hüftlangem dunklem Haar und einer Haut von der Farbe alten Elfenbeins, erinnerte Takima die Menschen oft an einen Vogel, den Kopf nachdenklich zur Seite gelegt. Jetzt wirkte sie wie ein Vogel, der losfliegen wollte, denn sie regte sich unruhig auf ihrem Platz, richtete ihre Stola und zupfte unnötigerweise ihre Haube aus Perlen und Saphiren zurecht. »So ist es«, sagte sie schließlich und schloß wieder energisch den Mund.
Egwene begann wieder ruhig zu atmen.
»Anscheinend«, sagte Romanda angespannt, »hat Siuan Sanche Euch gut ausgebildet, Mutter. Wie könnt Ihr Euch für eine Kriegserklärung aussprechen? Einer Frau gegenüber.« Sie klang, als versuche sie, etwas Unangenehmes von sich zu schieben, und sie setzte sich wieder hin und wartete, daß es verschwand.
Egwene nickte dennoch huldvoll und erhob sich. Sie begegnete den Blicken der Sitzenden nacheinander ruhig und gefaßt. Takima mied ihren Blick. Licht, die Frau wußte! Aber sie hatte geschwiegen. Würde sie sich ausreichend lange ruhig verhalten? Es war zu spät, die Pläne noch zu ändern.
»Heute stehen wir einem Heer gegenüber, das von Menschen geführt wird, die uns mißtrauen. Sonst gäbe es dieses Heer nicht.« Egwene wollte mit Leidenschaft sprechen, sie hervorbrechen lassen, aber Siuan hatte ihr zu äußerster Kühle geraten, und sie hatte schließlich zugestimmt. Die Sitzenden mußten sich einer selbstbeherrschten Frau gegenübersehen, nicht einem Mädchen, das von seinen Gefühlen geleitet wird. Die Worte kamen ihr jedoch aus dem Herzen. »Ihr habt Arathelle sagen hören, sie wolle nicht in Aes Sedai-Angelegenheiten verwickelt werden. Und doch haben sie bereitwillig ein Heer nach Murandy gebracht und stehen uns im Weg, da sie sich nicht sicher sind, wer wir sind oder was wir vorhaben. Hatte irgend jemand von Euch das Gefühl, sie glaubten wirklich, daß Ihr Sitzende seid?« Malind, mit rundem Gesicht und zornigen Augen, regte sich auf ihrer Bank der Grünen, wie auch Salita, die an ihrer mit gelben Fransen versehenen Stola zog, obwohl ihr dunkles Gesicht ausdruckslos blieb. Berana, eine weitere in Salidar erwählte Sitzende, runzelte nachdenklich die Stirn. Egwene erwähnte die Reaktion auf sie als Amyrlin nicht. Wenn ihnen dieser Gedanke nicht bereits gekommen war, wollte sie ihn ihnen nicht eingeben.
»Wir haben Elaidas Verbrechen zahllosen Adligen gegenüber aufgeführt«, fuhr sie fort. »Wir haben ihnen gesagt, daß wir sie absetzen wollen. Aber sie bezweifeln es. Sie denken, daß wir vielleicht - vielleicht - das sind, was wir zu sein behaupten. Und vielleicht schwindeln wir ihnen etwas vor. Möglicherweise sind wir nur Elaidas Helfer, die einen wohldurchdachten Plan verfolgen. Zweifel quält Menschen. Zweifel verliehen Pelivar und Arathelle den Mut, sich vor die Aes Sedai zu stellen und zu sagen: ›Ihr könnt nicht weitergehen‹. Wer wird sich uns
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