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neue SF 1

neue SF 1

Titel: neue SF 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langdon Jones
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mit der sie auch hangabwärts schreitet) und verzehren das Auge.
    Einen Augenblick lang sieht er überhaupt nichts, denn das grelle Licht der Sonne blendet ihn.
    Alles schwarz und weiß, ohne Farben.
    Und wenn da Farbe ist, dann Bonnie-und-Clyde -Farbe, Jocelyn-Herbert-Farbe. Nichts von wirklichen Farben.
    Alles schwarz und weiß wie in den Zeitungen, wie in der Dunkelheit, im Bett. Licht und Schatten, und wenn es Farbe gibt, dann ist es das Auge, ihr(e) Auge(n), doch ich vermag die Farbe nicht zu erkennen, nicht einmal die von Margarets Augen oder meinen eigenen. Oder von sonstwem.
    (Die Augen des Kindes lassen sich leichter in Farbe sehen, da sie noch nicht existieren, das heißt, nicht jenseits des Nabels. Noch siebenunddreißig Tage lang nicht. Noch siebenunddreißig Tage lang nicht.)
    Dein gestreiftes Kleid, zwanzig Zentimeter über dem Knie. Dein entzückendes Augen-Makeup, so exakt, so präzise, so bezaubernd. Nein … du bist eine andere, sie ist eine andere, die angelächelt werden kann, nicht aber anzusprechen ist, in der U-Bahn, in den Eingeweiden der Northern Line. Sie schaut fort, wenn sie meinen Blick bemerkt, und ich schaue fort, wenn sie mich ansieht. Einmal will ich, irgendwann einmal werde ich … Aber sie löst sich an der Tottenham Court Road auf. Sie ist nur eine Erinnerung.
    Sie ist eine andere.
    Als er aus der Wisdom Road zurückkehrte auf den Hügel, war sie verschwunden, war sie nicht dort, wie er sie in Erinnerung hatte.
    Sie hat den Bezirk verlassen. Ich habe sie nicht gehen sehen. Habe nichts von ihrem Fortgang gehört. Sie sind fort, seitdem ich sie das letzte Mal sah, nicht lange danach. Als ich sie das letzte Mal sah, hockte sie auf den Knien, und sie waren zerkratzt, bluteten nicht, nur zerkratzt; ihre Strümpfe zerrissen. All das auf der Northern Line, über der Northern Line. Die neue Victoria Line, wie man’s auch sieht, ist ein Schritt zurück.
    Morgens bekomme ich fast immer einen Sitz nach der Tottenham Court Road.

Michael Moorcock
 
Treffpunkt Peking
     
    1
     
    Aus den reichen Landen des Westens kam Jerry Cornelius, eine Vibrapistole an der Hüfte und eine großzügige Botschaft im Herzen, nach China.
    Einsfünfundachtzig groß, ziemlich dick, in Bart und Uniform eines kubanischen Guerillakämpfers gekleidet, leugneten nur seine Augen diese Erscheinung, oder seine Bewegungen, wenn er sich einmal bewegte. Dann ließ sich die Uniform als das erkennen, was sie war, und wer ihn zuerst bewundert hatte, verabscheute ihn, und wer ihn zuerst verachtet hatte, liebte ihn. Und was ihn betraf, er liebte sie alle, küßte alle.
    An den Ufern eines großen Sees, in dem sich der Vollmond spiegelte, stand eine große, halb zerfallene Pagode, deren Wände mit verblaßten Mosaiken in rot, hellblau und gelb verziert waren. In dem staubigen Zimmer im ersten Stock schenkte Jerry drei beunruhigten Generälen Wakayama-Sherry ein – drei Männer, deren Entscheidung, in dieser entlegenen Provinz mit ihm zusammenzukommen, rein instinktiv getroffen worden war.
    »Stark«, murmelte ein General und musterte das Glas.
    Jerry beobachtete, wie sich die rosa Zunge zwischen den Lippen hindurchschob und im linken Mundwinkel verschwand. »Die Spannungen«, begann ein zweiter General vorsichtig. »Die Spannungen.«
    Jerry zuckte die Achseln und ging mit schnellen Schritten im Zimmer herum. Er blieb auf der Matte vor den drei Männern stehen, setzte sich, verschränkte die Beine unter sich.
    Ein geflügelter Schatten zog vor den Mond. Der dritte General warf einen Blick auf das zerfallene Mosaik an der Wand. »Nur zweimal in …«
    Jerry nickte großzügig.
    Aus Höflichkeit gegenüber Jerry sprachen sie gutes Mandarin – mit einer Art besorgter Selbstverachtung, wie Kollaborateure, die die Rache ihrer Landsleute fürchten.
    »Wie steht es denn jetzt, drüben?« fragte einer der Generäle und machte eine Handbewegung in Richtung Westen.
    »Frisch und frei«, sagte Jerry, »wie immer.«
    »Aber das amerikanische Bombardement …«
    »Ein Wahnsinn, gewiß.« Jerry kratzte sich die Hand.
    Der erste General riß die Augen auf. »Paris dem Erdboden gleichgemacht, London zerstört, Berlin in Schutt und Asche …«
    »Man steckt eine Menge von seinen Freunden ein, ehe man sie verdammt.«
    Jetzt war der Schatten verschwunden. Der dritte General spreizte die rechte Hand. »Aber die Vernichtung … Dresden und Conventry waren nichts dagegen. Dreißig Tage – der Himmel voller Yankee-Piratenjets, ständiger Napalmregen,

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