neue SF 1
Millionen Tote.« Er nippte an seinem Sherry. »Muß doch wie das Ende der Welt gewesen sein …«
Jerry runzelte die Stirn. »Mag stimmen.« Dann grinste er. »Hat doch keinen Sinn, sich darüber aufzuregen, ja? Ist es auf lange Sicht nicht doch das Beste?«
Der General sah ihn aufgebracht an. »Ihr Leute …«
2
Spannung, die Gleichgewicht ergibt: die Gesten des Konflikts wahren den Frieden. Eine Frage der Interpretation.
3
Nachdem er Elric, Asquiol, Minos, Aquilinus, Clovis Marca gewesen war, erschien er nun auf ewig als Jerry Cornelius der Teure, als stolzer Prinz der Ruinen, Herr der Schaltkreise, Falstaff, Muldoon, der Ewige Champion … Heute war im Zeitzentrum nicht viel los; Phantomreiter huschten auf Skelettpferden durch Welten, die so phantastisch waren wie die von Bosch oder Breughel, und bei Morgengrauen, wenn sich Scharen riesiger roter Flamingos aus ihren Schilfnestern erhoben und in bizarrem Ritus am Himmel tanzten, schritt eine müde, edle Gestalt zum Sumpf hinab und starrte über das Wasser auf die seltsamen Formationen aus schwarzen Lagunen und gelbbraunen Inseln, die ihm wie die Hieroglyphen einer urzeitlichen Sprache vorkamen. (Der Sumpf war einmal seine Heimat gewesen, doch jetzt fürchtete er ihn, seine Tränen füllten ihn.)
Cornelius fürchtete nur die Angst und lenkte seinen Albino von der Szene fort, ritt traurig davon, seine lange Mähne wehte hinter ihm, so daß er aus der Ferne wie eine goldhaarige Madonna der Lagunen wirkte.
4
Der Stempel der Ordnung einer Landschaft aufgedrückt; die romantische Vision vom Zeitalter der Vernunft, vom Zeitalter der Angst. Und doch der unleugbare Rhythmus der Elemente, die Gegenwart Gottes. Der Trost der Sauberkeit; die fast unerträgliche Pein kompromißloser Ordnung. Gesetz und Chaos. Das Gesicht Gottes, das Herz des Ich: »Denn allein der Geist des Menschen ist frei, die erhabene Weite der kosmischen Unendlichkeit zu erforschen, die gewöhnliche Bewußtheit zu durchstoßen oder die unterirdischen Korridore des menschlichen Gehirns in ihrer Grenzenlosigkeit zu durchstreifen. Und Universum und Individuum sind miteinander verbunden, das eine spiegelt sich in dem anderen wider, enthält den anderen.« (Chronik des Schwarzen Schwertes.)
5
Es war äußerst subtil, dachte er und starrte durch das Fenster auf den See. In einem anderen Zimmer schliefen die Generäle. Der äußere Schein einer Sache entsprach oft sehr dem des diametral Entgegengesetzten. Der See wirkte wie ein glattes Silbertuch; sogar die Schilfrohre sahen wie Golddrähte aus, die schlafenden Reiher schienen aus weißem Elfenbein geschnitzt. War das letztlich das große Geheimnis? Er warf einen Blick auf die Uhr. Zeit zum Schlafengehen.
6
Am Morgen wurde Cornelius von den Generälen zum Absturzort der F III A gebracht. Sie war noch recht gut erhalten, ein Flügel eingeknickt und das Heckteil abgeschossen, der zerfetzte Pilot noch immer an den Kontrollen, eine tote Hand auf dem Schleuderknopf. Das Flugzeug stand im Schatten der Klippe, durch einen vorspringenden Hang halb vor Blicken von oben geschützt. Jerry näherte sich nur zögernd.
»Wir erwarten eine klare Antwort«, sagte ein General.
»Klar«, wiederholte Jerry stirnrunzelnd. Er harte keinen guten Tag.
»Wie verhält sich das genau mit der Katastrophe?« wandte sich ein General an einen anderen.
Jerry zwang sich dazu, den Rumpf des Flugzeugs zu ersteigen und dort eine Haltung einzunehmen, die die Generäle beeindrucken würde. Es war wichtig, daß er die Angelegenheit nach besten Kräften beschleunigte.
»Was meinen Sie damit?« Der General sah ihn an, doch Jerry war nicht sicher, daß er wirklich gemeint war. »Was bedeutet Ihnen das, Mr. Cornelius?«
Jerry fühlte sich in die Enge getrieben. »Bedeuten?« Er fuhr mit der Hand über das zerrissene Metall, berührte die USAF-Insignien, den Stern, die Scheibe, den Streifen.
»Es wird im Museum enden«, sagte der erste General, »neben dem Thunderbird von achtundfünfzig natürlich und den anderen. Aber was ist mit dem Land?« Eine Handbewegung zur blaugrünen Ebene, die sich hinter dem geparkten Jeep erstreckte. »Ich verstehe das nicht.«
Jerry tat, als betrachtete er den Fels. Er wollte nicht, daß die Generäle seine Tränen bemerkten.
Später drängten sich alle in den Jeep und dröhnten über die staubige Ebene davon, die Halstücher vor dem Mund.
Bei der Rückkehr in die Pagode am See starrte einer der Generäle
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