Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
machen, dachte er.
»Er geht morgen zum Bund«, sagte Martin Klapp zu dem Mädchen.
»Zum Bund? Wer macht denn sowas?« fragte das Mädchen und schaute Frank verblüfft an.
»Frankie macht sowas. Er macht immer das, was die anderen nicht machen. Er ist Speditionskaufmann und geht zum Bund. Und ißt in der Mensa«, sagte Martin Klapp.
»Hör wenigstens du damit auf, über mich in der dritten Person zu reden«, sagte Frank. »Das hat irgendwie was Herrenmenschenhaftes.«
»Da verweigert man doch«, sagte das Mädchen.
»Jaja«, sagte Frank, »man verweigert. Jaja! Das tut man wohl.«
»Ja und?«
»Nix ja und. Hab’s verpennt. Ganz schön blöd«, wiederholte Frank Harrys letzte Worte. »Ich weiß.«
»Ich zieh am Samstag um«, wechselte Martin Klapp das Thema. Er hielt sich nie lange bei derselben Sache auf.
»Ich weiß«, wiederholte Frank. Martin Klapp hatte zusammen mit Ralf Müller eine neue Wohnung gefunden. Dann war noch ein Dritter dabei, Achim, ein Ex-Genosse von ihnen, der immer noch organisiert war, aber den kannte Frank kaum. Ihn, Frank, hatten sie gar nicht erst gefragt, was verständlich war, wie er fand, irgendwie aber trotzdem schmerzte.
»Bist du dann wieder da?« fragte Martin Klapp.
»Wahrscheinlich. Nehme ich an. Soweit ich weiß, lassen die einen zum Wochenende wieder raus.«
»Ich verstehe nicht, wie man da hingehen kann«, ließ das Mädchen nicht locker. Sie starrte ihn immer noch an. Frank wünschte sich, sie würde damit aufhören.
»Verstehe ich auch nicht«, sagte er.
»Wie, verstehst du auch nicht?«
»Naja, du sagst, verstehe ich nicht, wie man da hingehen kann, und ich sage, verstehe ich auch nicht. Das ist doch nicht schwer zu verstehen!«
»Das verstehe ich trotzdem nicht«, sagte das Mädchen und runzelte die Stirn. »Das ist doch bescheuert.«
»Ja, das ist bescheuert, und da gibt es auch nichts zu verstehen«, sagte Frank. »Ich hab’s ja gesagt: Ganz schön blöd!«
»Ab morgen renovieren wir schon mal«, sagte Martin Klapp unbeirrbar. »Aber du bist ja nicht da… «
»Nein, sieht nicht so aus.«
»Naja«, sagte Martin Klapp, »und was machst du jetzt noch so?
»Keine Ahnung«, sagte Frank. »Vielleicht noch einen Kaffee trinken?«
»Genau, Kaffee«, sagte Martin Klapp, »da komme ich mit.«
Er überlegte kurz und wandte sich dann an das Mädchen. »Kommst du auch mit? Noch einen Kaffee trinken?«
»Nee, ich gehe in das Seminar.«
»Stimmt, das Seminar. Mit Goethe. Da müßte ich eigentlich auch hin.«
»Dann eben kein Kaffee«, sagte Frank. Ihm war nicht ganz wohl in seiner Haut, das Mädchen sah ihn so komisch an, es wird Zeit zu verschwinden, dachte er, das bringt ja alles nichts.
»Ja, laß uns einen Kaffee trinken«, sagte Martin Klapp. »Und dann?«
»Renovieren?« schlug Frank vor.
»Nein, das geht erst ab morgen, morgen ist der Erste, vorher kommen wir da nicht rein.«
»Ich weiß, daß morgen der Erste ist. Morgen muß ich zum Bund.«
»Gehst du da wirklich hin?« ließ das Mädchen nicht locker. »Ich meine, das ist jetzt kein Witz oder sowas?«
»Nein. Ja. Tut mir leid. Es war nicht meine Idee. Es nennt sich Wehrpflicht«, sagte Frank gereizt.
»Wieso hast du denn nicht verweigert?«
»Weil ich blöd bin.«
»Vielleicht sollte man an den Unisee gehen«, sagte Martin Klapp. »Das schöne Wetter ausnutzen.«
»Ja, das schöne Wetter ausnutzen, das mache ich schon den ganzen Tag«, sagte Frank und lachte. Martin ist gut, dachte er, Martin ist entspannt, wo Martin ist, ist alles scheißegal!
»Laßt uns doch alle an den Unisee gehen!« Martin Klapp wandte sich an das Mädchen. »Kommst du mit?«
»Nein, ich gehe in das Seminar«, sagte das Mädchen.
»Ach ja, das Seminar«, sagte Martin Klapp.
»Oder einen Kaffee trinken«, sagte Frank.
»Und dann Unisee, nackt«, sagte Martin Klapp und lachte.
»Och nee, nicht nackt«, sagte Frank.
»Unisee heißt nackt.«
»Ich gehe in das Seminar«, sagte das Mädchen.
»Erst noch einen Kaffee«, sagte Martin Klapp.
»Ich glaube, ich fahre gleich nach Hause«, sagte Frank. »Ich will heute nicht baden gehen, ich muß morgen zum Bund.«
»Sinniger Zusammenhang. Wenn man morgen zum Bund geht, kann man heute nicht baden gehen.«
»Ja, ich weiß auch nicht, ich glaube, ich will leiden«, sagte Frank.
»Leiden kann man auch am Unisee, nackt«, sagte Martin Klapp.
Frank lachte. Es war gut gewesen, in die Mensa zu gehen und Martin Klapp zu treffen. Martin ist gut, dachte er wieder, wo Martin
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