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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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besonders lange Ansprache zu halten bezüglich der Vorkommnisse am Tag zuvor, insbesondere die Verletzung von Hauptfeldwebel Hildebrand betreffend, und er hatte damit gerade erst angefangen, als Frank sich plötzlich sehr, sehr komisch fühlte, wie in Watte gepackt, und er dachte noch, der Worte Martin Klapps über das Den-Papst-Machen gedenkend, daß es vielleicht doch ein Problem war, wenn man in der ersten
    Reihe stand, weil man dann keinen hatte, gegen den man fallen und der einen auf diese Weise beim Fallen ein bißchen bremsen könnte, und dann wunderte er sich noch darüber, wie sorglos er diesen Gedanken verfolgte, wahrscheinlich hat Mike recht, und ich bin so ein Scheißegaltyp, dachte er, und dann hörte er den Major nur noch aus weiter Ferne sprechen, erste Reihe hin oder her, dachte er, der ist ganz schön weit weg, und dann war auch schon alles vorbei.
47.  ABSCHIED
    Als Frank einige Tage später die Kaserne verließ, fand er sein Auto nicht mehr wieder. Er suchte die ganze Eislebener Straße ab, lief sie einmal rauf und runter, und dann erst erinnerte er sich wieder daran, daß er den Wagen damals, vor etwa einer Woche, in der Wilhelm-Leuschner-Straße abgestellt hatte, also lief er den ganzen Weg von der Eislebener zur Wilhelm-Leuschner-Straße, was ihm aber nichts ausmachte, denn er war ja, wie er auf diesem Weg immer wieder voller Verwunderung dachte, jetzt frei und hatte Zeit. Sie hatten ihn am Morgen im San-Bereich mit den Worten »Sie können jetzt aufstehen« geweckt, ihm seine Zivilklamotten gebracht und eine Auskleidung in Blitzgeschwindigkeit vorgenommen. Beim Spieß hatte es noch einige Bescheinigungen gegeben, darunter auch eine über die Entlassung aus der Bundeswehr wegen Untauglichkeit.
    »Das können Sie sich einrahmen«, hatte der Spieß mit bitterem Unterton gesagt, »ich hoffe, Sie sind stolz drauf.«
    Frank hatte nicht geantwortet, weil es ihm egal gewesen war, was der Spieß von ihm dachte, denn so schwer und langsam er sich auch seinerzeit an die Bundeswehr gewöhnt hatte, so schnell und leicht ging sie ihm jetzt aus dem Sinn. Der Major war nirgendwo zu sehen gewesen, und auch sonst hatte sich niemand von ihm verabschiedet, sie hatten es irgendwie so eingerichtet, daß er niemanden zu sehen bekam, und ihm war das ganz recht so gewesen.
    Und jetzt war er frei, und deshalb machte es ihm nichts aus, den ganzen Weg von der Eislebener Straße bis zur Wilhelm-Leuschner-Straße zu Fuß zu laufen, das ist nun auch egal, dachte Frank, ja mehr noch, es gefiel ihm, ein bißchen Bewegung zu haben nach den vielen Tagen in dem stickigen Zimmer im San-Bereich mit den vielen Befragungen, Untersuchungen und auch Verhören, der alte Arzt und der Major hatten mit ihm gesprochen, ein neuer, junger Stabsarzt auch, ein Oberstarzt war extra von Hamburg gekommen, um ihn einer psychologischen Untersuchung zu unterziehen, und der S2 hatte versucht, mit ihm über seine »linksradikalen Freunde«, wie er es genannt hatte, zu plaudern, wobei sich Frank dermaßen dumm gestellt hatte, daß das Gespräch keine fünf Minuten gedauert hatte.
    Aber das war jetzt alles ganz weit weg, bloß wackelige Beine hatte er noch, als er die Kurt-Schumacher-Allee hinunterging, was an der langen Bettlägrigkeit liegen konnte oder auch an der Tatsache, daß er, wie der Stabsarzt ihm versichert hatte, immer noch eine ganze Menge Methaqua-lon im Körper hatte, »das Zeug ist lipophil, das ist jetzt überall, bewegen Sie sich viel, dann geht das schneller raus«, hatte er gesagt, und Bewegung hatte er jetzt, soviel war sicher.
    Auf der Höhe des Herbert-Ritze-Bads entdeckte er eine Telefonzelle, und er versuchte, seinen Bruder anzurufen, die Nummer konnte er auswendig, aber am anderen Ende sagte eine Stimme, daß dieser Anschluß zur Zeit nicht besetzt sei, was bloß bedeutete, daß sein Bruder die Rechnung nicht bezahlt hatte. Das ist Pech, dachte er, das ist nicht geplant, aber andererseits, dachte er, ist es auch irgendwie menschlich, und wenn man sowieso keine Wahl hat, ist es auch nicht weiter wichtig, man soll sowieso nicht immer alles so wichtig nehmen, dachte er beschwingt, und beschwingt bog er auch um die Ecke in die Wilhelm-Leuschner-Straße ein, wenn man sich so fühlt wie jetzt, dachte er, ist beschwingt überhaupt das Wort der Stunde, eigentlich ein bißchen verdächtig, wenn man plötzlich so beschwingt ist, dachte er, ist das nun das restliche Methaqualon, oder ist es die neugewonnene Freiheit, fragte er sich, aber

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