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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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jetzt?«
    »Weiß nicht, ungefähr eins oder so.«
    »Treffen wir uns um halb drei wieder hier.«
    »Das schaffe ich nicht. Ich muß mir noch Klamotten und Kram holen, und ich habe doch kein Auto, da muß ich mit der Straßenbahn fahren.«
    »Um drei dann«, sagte Frank und seufzte.
    »Okay.«
    »Um drei, oder ich fahr alleine, Wolli.«
    »Ich bin da, Frankie, auf jeden Fall. Hier vor der Sparkasse.«
    »Nein, da«, sagte Frank. »Da unten, im Vahraonenkeller.«
    »Was soll das denn sein?« »Das ist ne Kneipe. Um drei. Da unten.«
    »Alles klar, Frankie, ist nett von dir, ehrlich.«
    »Kein Problem, Wolli.«
    »Bis gleich.«
    Wolli winkte, drehte sich um und rannte los Richtung; Straßenbahn, so schnell hatte Frank ihn noch nie rennen sehen, und es tat ihm jetzt ein bißchen leid, ihn so unter Druck gesetzt zu haben, irgendwie ist es ja auch alles meine Schuld, dachte er, jedenfalls ist es nicht Wollis Schuld, dachte er, soviel steht wohl fest.
    »Was soll das heißen, untauglich?«
    Seine Mutter stand in der Küche und rührte in einer Suppe vom Vortag, die sie schnell warm machen wollte für sich und Frank. »Wieso bist du untauglich? Spinnen die? Und selbst wenn, wieso merken die das erst jetzt?«
    »Naja, das hat sich jetzt erst rausgestellt. Das ist was mit dem Rücken«, begann Frank seine sorgfältig zurechtgelegte Notlüge auszubreiten, »ich hatte immer so Rückenschmerzen, nichts Schlimmes, aber die meinten jetzt, daß mich das für Betriebsstoffwart untauglich macht und auch zum Gewehrtragen oder so, und jetzt haben die mich ausgemustert.«
    »Das ist doch Käse. Dann kannst du gar nichts mehr tragen, oder was?«
    »Nein, so ist das nicht, das ist mehr so eine bürokratische Sache.«
    »Na, ich weiß nicht …«, sagte seine Mutter und probierte schlürfend von der Suppe, »da ist doch irgendwas faul, genau wie mit dieser Suppe hier.« Sie griff nach einer großen Flasche Maggiwürze und haute einige große Spritzer in die Suppe. »Das hilft immer«, sagte sie, und dann drehte sie sich zu Frank, der in der Tür zur Küche stand, um und sagte: »Du verheimlichst mir doch irgendwas, oder?«
    »Nein, auf keinen Fall.«
    »Hast du da irgendwas angestellt?«
    »Nein, nix. Hier, ich habe das schriftlich«, sagte Frank und hielt ihr das Entlassungsschreiben hin. »Untauglich, da steht’s.«
    Aber seine Mutter wollte davon nichts wissen.
    »Bleib mir weg damit. Was sagt das schon. Da ist irgendwas faul. Und was ist mit deinem Gesicht passiert?«
    »Ich bin hingefallen, das habe ich doch vorhin schon gesagt.«
    »Na gut«, sagte seine Mutter und seufzte. »Mir sagt ja schon lange keiner mehr, was wirklich los ist. Das muß auch nicht unbedingt sein. Man will ja auch gar nicht alles wissen, ehrlich nicht. Aber verkauft mich nicht alle für blöd! Rückenschaden! Wenn du wissen willst, was ein Rückenschaden ist, dann schau mich an. Du hast keinen Rückenschaden. Wenn du einen Rückenschaden hast, dann bin ich der Bundeskanzler. Nein«, wehrte sie Franks Versuch ab, etwas zu sagen, »laß mal lieber, Hauptsache, du bist einigermaßen gesund und da raus, Schaden kann’s nicht, wenn du da weg bist, ich habe doch gleich gesagt, das ist da nichts für dich. Da will ich nichts mehr von hören. Jetzt essen wir erstmal diese Suppe hier.«
    Suppe zu essen, hatte Frank immer schon als unangenehm empfunden, man konnte soviel falsch machen dabei, und wenn man nicht schlürfen durfte, und bei seiner Mutter durfte man nicht schlürfen, und die Suppe außerdem heiß war, und bei seiner Mutter war sie immer sehr heiß, dann mußte man dauernd pusten und das wiederum nicht zu stark und nicht zu schwach, und den Mund verbrannte man sich schließlich doch, und das machte ihn immer aggressiv, das Schlürf-Verbot ist eine der dümmsten Erfindungen der bürgerlichen Gesellschaft, dachte er, das macht aggressiv, wiewohl er sich nicht sicher war, ob es nicht einfach bloß eine Erfindung seiner Mutter war, da müßte man sich mal erkundigen, dachte er, während er pustete und löffelte und sich den Mund verbrannte und sich zugleich mit seiner Mutter anschwieg, obwohl das vielleicht sowieso in eins zusammenfällt, die bürgerliche Gesellschaft und die eigene Mutter, dachte er, aber das war ihm dann doch ein zu unpersönlicher Gedanke, auf sowas kommt man nur, wenn man aggressiv ist, dachte er, so sollte man über seine Mutter nicht denken, und in diesem Moment schob seine Mutter den Teller zurück und sagte: »Die ist noch zu heiß. Und

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