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Neva

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Titel: Neva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Grant
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Verdacht erregt. Ohne Fragen zu stellen, hat Sannas Bruder für uns einige von den schwieriger zu besorgenden Artikeln geklaut, die nicht mehr frei erhältlich sind – etwas, das man Baukalk nennt, und Leinöl. Sanna und ich haben unseren Familien beide die Wochenration entrahmter Milch gestohlen. Ich habe meiner Mutter erzählt, dass ich die Milch versehentlich vergossen hätte. Sanna braucht keine Ausreden. Die Jones sind daran gewöhnt, dass sie ihr Alltagsglück sabotiert.
    Der Lärm aus Sannas Richtung hört auf. »Wir brauchen etwas, das eine Gedankenexplosion auslöst.«
    »Gedankenexplosion«, wiederhole ich. Woher nimmt sie bloß immer solche Ideen?
    »Wir müssen irgendwie ausdrücken, dass die Protektosphäre uns umbringt und wir rauswollen.«
    Ich kann fast glauben, dass es möglich ist. »Okay.«
Denk nach.
    »Bitte vorsichtig öffnen!«
    »Große Neueröffnung!«
    Wir müssen beide lachen.
    »Zeit für Freiheit.«
    »Leider geschlossen.«
    Ich weiß nicht genau, ob all das einen Sinn ergibt. »Müssen wir nicht klarstellen, dass wir über die Protektosphäre sprechen?«, frage ich.
    »Ja, du hast recht.« Sie stampft und rührt ein wenig weiter, bevor sie den Finger in den Eimer taucht. Die Farbe tropft von ihrer Hand wie geronnenes Blut. Geronnenes Blut mit Klümpchen. Sie verreibt das Rot zwischen den Fingern. »Ich glaube, wir sind fast fertig.«
    »Aber wir wissen immer noch nicht, was wir schreiben wollen.« Ich streiche mir eine Locke hinters Ohr und denke an Großmama.
    »Dann sollten wir uns besser sofort etwas einfallen lassen. Wenn das Zeug hier fest wird, können wir es nicht mehr gebrauchen.« Sie lässt den Schläger in die Wanne plumpsen. Ein Spritzer Rot fällt auf die vergilbenden Kacheln. Mit einem Grunzen hievt sie den Eimer aus der Wanne, zieht den Duschvorhang zu und dreht das Wasser auf.
    »Öffnet die Protektosphäre«, sage ich, als mir in den Sinn kommt, worum es doch eigentlich geht. Wie ließe sich besser ausdrücken, was wir erreichen wollen, als auf dem direkten Weg? Wir wollen wissen, was draußen ist. Wir wollen hinausgehen, aber auch zurückkehren können.
    Sanna beugt sich über die Wanne. Der Vorhang verbirgt ihre Arme, als würde sie dahinter einen Zaubertrick vollführen. »Was soll …?«
    »Nur drei Wörter, aber ganz klipp und klar«, erkläre ich. »Öffnet die Protektosphäre.« Während ich auf ihr Urteil warte, reibt sie die Hände aneinander. Ihr ganzer Körper bebt.
    Plötzlich verharrt sie und dreht sich zu mir um. Rosiges Wasser tropft von ihren Händen auf das rissige, farblose Linoleum. »Wahnsinn.«
     
    Obwohl der Film noch nicht begonnen hat, wenden wir uns der Leinwand zu und konzentrieren uns darauf. Jeder von uns hat eine eingelöste Kinokarte, auf der das Datum und die Uhrzeit vermerkt sind: das perfekte Alibi. Wir haben eine Stunde und dreiundvierzig Minuten Zeit, um unsere Mission zu erfüllen und unbemerkt ins Kino zurückzuhuschen. Von gestern auf heute haben wir ein paar weitere Leute verloren. Jetzt sind wir neun. Keine Armee, aber immerhin ein Anfang.
    Sanna hat eine der hintersten Sitzreihen ausgesucht. Wir nehmen in der Mitte Platz, Braydon natürlich neben ihr. Ich gebe mir Mühe, ihn zu ignorieren. Seit dem Kuss haben wir uns nicht mehr gesehen. Nun beuge ich mich ein winziges Stück vor und betrachte ihn verstohlen. Er sieht genauso aus wie gestern. Bei der Erinnerung breitet sich ein Prickeln in meinem Körper aus. Als Braydon unerwartet meinen Blick auffängt und lächelt, durchfährt es mich wie ein elektrischer Schlag. Hastig lehne ich mich zurück, verstecke mich hinter Sanna und schwöre, nie wieder an ihn zu denken.
    Zu meiner anderen Seite sitzt Delia. Sie kaut an der Haut um ihre Fingernägel, seit wir uns in der Reihe niedergelassen haben. Wenn sie so weitermacht, ist sie bis zum Ende des Films bei den Handgelenken angelangt. Das saugende Geräusch, das sie dabei von sich gibt, macht mich aggressiv. Am liebsten möchte ich ihr sagen, dass sie damit aufhören soll, aber wir dürfen keine Aufmerksamkeit erregen.
    »Bereit?«, fragt Sanna mich.
    »Ich denke schon«, antworte ich, obwohl das nicht stimmt. Meine Hände beginnen zu schwitzen. Jeder hat einen Partner. Zum ersten Mal an diesem Tag muss ich an Ethan denken. Ich wünschte mir, er wäre jetzt hier, bei mir. Nicht, weil ich ihn vermisse, sondern weil es immer so gewesen ist. NevaundEthan. Ich bin wie ein Stift ohne Papier, wie Seife ohne Wasser. Vorhin hat er mich

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