Neva
schrecklichen Ort geschickt worden. Mein dummer, naiver Plan hat sie umgebracht.
»Neva.« Braydon berührt meine Schulter, und ich zucke zusammen. »Neva, wir sind bei Senga. Ich bin gleich wieder da. Du sorgst dafür, dass niemand einen Laut von sich gibt und alle im Auto bleiben.«
Wunderbarer, kluger Braydon.
Sobald die Tür hinter Braydon zufällt, regen sich alle.
»Wo sind wir?«, fragt eine.
»Ich will nach Hause«, erklingt eine hohe, junge Stimme.
»Ihr bleibt alle ruhig sitzen.« Ich ziehe mich hoch auf den Fahrersitz und betrachte die anderen Mädchen. Es sind nicht so viele, wie ich dachte. Neun junge Frauen drängen sich hinten dicht an dicht zusammen, ihre Arme und Beine scheinen miteinander verflochten zu sein.
»Senga wird uns helfen«, setzt Sanna hinzu.
»Ohne sie hätten wir dich überhaupt nicht gefunden«, erzähle ich ihr.
Ich blicke durch die Windschutzscheibe hinaus. Die Protektosphäre leuchtet rosafarben in der frühen Morgensonne. Braydon hat in einer Sackgasse geparkt, in der Müll- und Recyclingcontainer stehen. Wie passend.
»Ich will nach Hause. Bitte bringt mich nach Hause.« Erneut die junge Stimme. Sie beginnt zu weinen.
»Das geht nicht, Schätzchen«, erwidert ein anderes Mädchen. »Wenn wir nach Hause gehen, dann holen sie uns alle wieder ab. Du willst doch bestimmt nicht zurück, oder?«
»Aber sie können uns gar nicht zurückbringen. Da gibt es doch nichts mehr.« Sie zieht die Nase hoch. »Es ist alles abgebrannt.«
»Sie können uns aber nicht gehen lassen. Nicht einfach so.« Ich mustere das Mädchen in Rosa, das gesprochen hat und seinen gewölbten Bauch streichelt.
»Aber ich bin nicht wie du.« Das Mädchen sieht aus, als sei es in meinem Alter, klingt aber jünger. Es trägt Rosa und hat eine Nummer, an die sich ein Pluszeichen anschließt, genau wie die Schwangere.
»Hört zu«, sage ich und drehe mich so, dass wir eine Art Kreis bilden. »Wir stehen das alles schon durch.«
»Und woher sollen wir wissen, dass wir dir trauen können? Oder ihm?«, fragt das Mädchen neben mir und deutet mit dem Kopf zum Fahrersitz, als säße dort noch ein unsichtbarer Braydon.
»Er hat uns gerettet, oder etwas nicht?« Ich muss beinahe lächeln, als ich daran denke, wie er mir auf seinem Motorrad zur Rettung geeilt ist.
»Er hat einen Mann erschossen«, ruft ein anderes Mädchen.
Mein Lächeln verblasst. Braydon hat eine Waffe. Ich verberge den Anflug von Angst, den ich verspüre.
»Er musste es tun. Und sein Name ist Braydon. Ich bin Sanna.«
Und nun verdecken alle die Nummern auf ihren Unterarmen und nennen ihre Namen: Margaret, Kate, Karen, Bronia, Elizabeth, Sandra, Emily, Vinita und Ashley.
»Ich bin Neva«, sage ich, dabei fühle ich mich eher wie 1133 .
Als sich die Tür öffnet, zucke ich zusammen und balle instinktiv die Fäuste. Ich bin bereit, mich zu verteidigen.
»Ich bin’s.« Braydon rutscht hinter mir auf den Sitz. Ich lehne mich gegen ihn, wünsche mir seine Arme um mich. Ich will ihm sagen, dass alles gut wird, doch Sanna starrt uns ausdruckslos an. Ich lasse mich wieder auf den Boden zwischen die beiden gleiten.
»Okay«, meint Braydon und sieht den Mädchen in die verängstigten Gesichter. »Senga und ihre Freundin Carson werden in einer Minute hier sein. Sie werden euch an einen Ort bringen, wo ihr in Sicherheit seid.«
Die Mädchen werden sofort unruhig und beginnen zu protestieren. Ich hebe die Hände. »Senga ist diejenige, die mir gesagt hat, wie ich das Frauen-Motivationszentrum überhaupt finden kann. Sie ist auf unserer Seite. Sie wird uns helfen, versprochen.«
Bald darauf kommen Senga und Carson und bringen Stapel von Decken mit. Die Mädchen steigen nacheinander aus. Sanna und ich bleiben im Wagen. Schließlich öffnet Senga die Beifahrertür. »Komm, Sanna, steig aus.« Sie reicht ihr eine Decke.
»Ich bleibe bei Neva und Braydon.« Sanna drückt sich die Decke an die Brust und lehnt sich zurück.
Senga schaut von mir zu Braydon. »Kommst du zurecht?«, fragt sie mich.
»Ich passe auf die beiden auf.« Braydon streckt uns beiden eine Hand hin. Sanna nimmt die eine und zieht ihn näher zu sich. Ich lasse die andere in der Luft hängen.
»Wir kommen schon klar«, versichere ich Senga. »Kümmern Sie sich nur gut um die anderen.« Ich deute mit dem Kopf auf die Mädchen, die sich draußen eng aneinanderdrängen.
»Darauf kannst du dich verlassen.« Sie drückt die Autotür zu. Über meinem Kopf halten Braydon und Sanna
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