Nevermore
in der Erde aufschlug. Eine Wolke aufgewirbelter Asche stieg aus dem Grab. Brad schrie auf.
Isobel atmete tief durch. Ihr Herz klopfte so heftig, dass es ein schrilles Geräusch in ihrem Ohr verursachte. Sie hielt sich am Sockel des steinernen Engels fest, als könnte ihr das Kraft geben - das hier war total verrückt! Sie würden ihn lebendig begraben und sie konnte überhaupt nichts dagegen machen. Warum war sie ihnen bloß hierher gefolgt? Was konnte sie denn schon tun, um sie aufzuhalten? Was konnte sie denn schon tun, um irgendetwas von all dem hier aufzuhalten? Sie war hier ganz allein. Mit den Nocs. Sie würden sie in Stücke reißen.
»Bitte! Lasst mich raus!«, kreischte Brad.
Isobel zwang sich, wieder hinzusehen, und konnte beobachten, wie Pinfeathers sich aus seiner Vogelgestalt zurückverwandelte. Er nahm seine menschliche Gestalt an, stellte sich ans Fußende des Grabes und starrte hinein. Wie Geier versammelten sich die übrigen Nocs um die Öffnung herum.
»Bitte!«, schrie Brad und schlug von innen gegen den Sarg.
Isobel hielt es nicht mehr aus. Sie brach aus ihrem Versteck hervor. Sie hatte keinen Plan. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was sie unternehmen konnte, um Brad zu retten. Sie hatte nichts außer einem gigantischen Adrenalinschub, als sie das Grab erreichte. Ohne darüber nachzudenken, schnappte sie sich einen der Spaten, schwang ihn drohend wie einen Baseballschläger und stieß die Schaufel einem nichts ahnenden Noc in den Rücken.
Sie traf ihr Ziel - doch das war nicht alles. Die Klinge glitt mit einem sauberen Schnitt durch den Körper des Nocs hindurch, der mit einem Krachen nachgab. Die Kreatur kreischte auf, dann stürzte sie in das Grab, prallte auf den Sargdeckel und zerbarst.
Isobel starrte, schockiert über ihre eigene Tat, auf die Stelle, wo der Noc zersprungen war.
Von den übrigen Nocs war ein kollektiver Aufschrei zu hören Einer nach dem anderen lösten sie sich in violette Rauchkringel auf und materialisierten sich dann wieder in Gestalt wütender Vögel.
Isobel schwang den Spaten in dem Gewirr aus Federn und wildem Flügelschlagen hin und her. Der Krähenschwarm kreischte und krächzte. Sie schlug blindlings um sich und auf sie ein. Panisch stoben die Vögel auseinander. Isobel drehte sich um die eigene Achse und erhob den Spaten erneut. Irgendetwas rüttelte daran.
Weiße Hände umklammerten den Griff links und rechts von ihren. Pinfeathers hatte sich hoch vor ihr aufgebaut. Wütend biss er seine blutroten Haifischzähne zusammen, sein Porzellangesicht war eine Maske aus Zorn.
»Du!«, brüllte er. »Du solltest nicht hier sein!«
Das reichte! Isobel nahm eine Hand vom Spaten, holte mit der Faust nach hinten aus und schlug zu. Pinfeathers duckte sich, um dem Angriff auszuweichen, und gab den Spaten frei. Isobel fiel nach hinten, in das offene Grab. Mit klirrenden Knochen schlug sie auf dem Sargdeckel auf.
Pinfeathers’ drahtige Gestalt erschien über dem Rand des Grabes. »Warum bist du zurückgekommen?«, schäumte er.
Isobel spuckte Asche aus. Sie wischte sich Schweiß und Schmutz aus den Augen und warf ihm einen zornigen, herausfordernden Blick zu.
»Immer und immer wieder!«, knurrte er aufgebracht und doch irgendwie … besorgt? »Du hättest gehen sollen, als ich dir die Möglichkeit dazu gegeben habe!«
Isobels Finger umschlossen eine Handvoll Erde. Pinfeathers fauchte und wich zurück, als sie ihm ins Gesicht spritzte.
Irgendwo in der Ferne begannen Glocken zur vollen Stunde schlagen. Dröhnende Messingschläge hallten über den Friedhof Isobel wusste, was das bedeutete, und es drohte sie innerlich zu zerreißen.
Mitternacht. Es war Mitternacht.
»Hilfe!«, kam ein wundes Gurgeln aus der Kiefernholzkiste unter ihr.
Isobel wirbelte herum. Sie kniete sich auf den Sargdeckel und befreite ihn von dem Belag aus Erde und zerbrochenen Noc-Teilen.
»Cheerleaderin!«
Isobel drehte den Kopf und blickte zornig über die Schulter.
Pinfeathers streckte ihr seine Krallenhand entgegen. »Nimm meine Hand. Lass ihn!«
Isobel griff nach dem Spaten, der mit ihr in das Grab gefallen war, und holte damit zum Schlag gegen Pinfeathers aus. Er wehrte ihn mühelos ab und packte den Griff.
»Hör auf, gegen mich zu kämpfen, und komm endlich!«
Isobel knurrte durch ihre zusammengebissenen Zähne. Sie hielt den Spaten weiter umklammert, stemmte ein Bein gegen die Erdwand, drehte sich um und benutzte den Griff der Schaufel als Hebel, um sich abzudrücken.
Ein
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