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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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und alle anderen zu beenden. Aber sie hatte noch viel zu viele offene Fragen. »Wo wirst du hingehen?«
    »Ich werde zurückgehen und weiterhin Wache halten, so wie ich es versprochen habe.«
    Sie lächelte ihn traurig an. »Für dich hört die Party niemals auf, oder?«
    Sie hatte das als Witz gemeint, doch er lachte nicht. Stattdessen drehte er sich um und verließ die Veranda. Der Saum seines Umhangs strich über das verwitterte Holz.
    »Warte!«, rief Isobel ihm nach und stand von der Bank auf. Einen Augenblick lang hielt sie sich wackelig auf den Beinen, dann verschwamm alles vor ihren Augen. Sie stolperte nach vorne, und da sie ihren Knien nicht traute, hielt sie sich an dem Balken fest, an dem eben noch Reynolds gelehnt hatte. »Da ist noch eine letzte Sache, bitte! Es geht um Varen.«
    Sie hatte erwartet, dass er einfach weiterging oder sich vielleicht sogar direkt vor ihren Augen in Luft auflöste. Doch Reynolds blieb stehen. Vielleicht hatte er gehört, wie sie gestolpert war? Was auch immer der Grund war, er warf jedenfalls keinen Blick zurück, sondern drehte lediglich den Kopf ganz leicht in ihre Richtung. Die Geste schien zu sagen, dass er zwar gewillt War, ihr zuzuhören und ihr einen letzten Gefallen zu tun, sich aber wie immer dieses ärgerliche Recht vorbehielt, ihr mit Schweigen zu antworten.
    »Gestern«, sagte sie zu seinem Rücken, so eilig, als liefe die Zeit davon wie der Sand in einer Sanduhr, »bevor das alles anfing, habe ich Varen noch gesehen. Er war den ganzen Vormittag über nicht da gewesen, ist aber zu Mr Swanson in den Unterricht gekommen, um das Projekt vorzustellen, und ist danach dann einfach verschwunden. Später habe ich rausgefunden, dass er die ganze Zeit über im Buchladen war und geschlafen hat. Und gestern Abend, da war sein Gesicht … Er sah anders aus, aber … ich verstehe das nicht.« Isobel schüttelte den Kopf. Da waren zu viele Details, um sie in eine einzige, verständliche Frage zu packen. Sie versuchte es trotzdem. »Wie … wie konnte er an zwei Orten gleichzeitig sein?«
    Sie erschrak, als sich Reynolds abrupt zu ihr umdrehte. Anscheinend hatten ihre Worte sein Interesse geweckt. »Er hat geschlafen, hast du gesagt?«
    »Ja. Das hat… Bruce gesagt.« Sie blickte ihn neugierig an.
    »Bist du sicher, dass du ihn gesehen hast?«
    »Ja«, sagte sie und war verwirrt von seiner Frage. »Alle haben ihn gesehen.«
    Er versteifte sich und seine schwarzen Augen weiteten sich. Bis zu diesem Augenblick hatte Isobel nicht geglaubt, dass Überraschung zu der begrenzten Grauskala an Emotionen gehörte, die Reynolds bereit war zu zeigen.
    »Was ist?«
    Er stand da und musterte sie sehr genau. So genau, dass Isobel alles darum gegeben hätte, seine Gedanken lesen zu können, die ihm gerade durch den Kopf gingen.
    »Vielleicht solltest du diese Frage lieber demjenigen stellen um den es dabei geht«, antwortete Reynolds.
    Wumm . Isobel konnte buchstäblich hören, wie er ihr die Tür zu jeglicher weiterer Unterhaltung vor der Nase zuschlug.
    »Aber -«
    »Ich muss jetzt gehen«, unterbrach er sie.
    Was auch sonst, dachte sie bitter. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und ihr Blick fiel auf ihre ramponierten Schuhe. Dieselben, mit denen sie ihn beworfen hatte. Jetzt war sie fast versucht, nach irgendetwas anderem Ausschau zu halten, das sie ihm diesmal nachwerfen konnte. Vorzugsweise etwas Schwereres und Massiveres, wie zum Beispiel einen der Gartenzwerge ihrer Mutter. Also gut, dachte sie. Dann werde ich eben Varen fragen, wenn ich ihn sehe.
    »Isobel?«
    »Was denn?«, fuhr sie ihn an und machte sich nicht die Mühe, ihn anzusehen. Er konnte sie manchmal so was von wütend machen! Sogar jetzt noch, nach allem, was passiert war, nachdem er sie gerettet und nach Hause gebracht und Varen befreit hatte.
    »Es ist für alle das Beste, wenn du dir das zu Herzen nimmst, was ich dir heute Abend gesagt habe.« Isobel zuckte nur mit den Schultern, blickte auf ihre Hand, drehte sie in dem schummrigen Licht und runzelte die Stirn beim Anblick der Erde, die sich unter ihren Fingernägeln festgesetzt hatte. »Und du sollst auch wissen, dass es nicht möglich sein wird, mich aufzuspüren. Nur, falls es dir je wieder in den Sinn kommen sollte, nach mir zu suchen.«
    Sie verzog das Gesicht, versetzte dem Holzbalken einen Tritt und verdrehte die Augen. »Als ob es mir auch nur im Traum einfallen würde, dich anzurufen und mich mit dir zu treffen. Du bist ungefähr so unterhaltsam wie ein

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