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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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er sich für einen Gott hielt.
    Von allen Übeln, die Antipas in letzter Zeit heimgesucht hatten, konnte sich dieses leicht als das schlimmste erweisen. Und wie bei früheren Krisen lag die Ursache wieder einmal in seiner Familie. Vielleicht lag es in ihrem Blut, dachte Antipas mit einem gewissen schwarzen Humor. Schon viele hatten bemerkt, daß es in der kurzen Geschichte der herodischen Dynastie nicht an verwandtschaftlichen Problemen mangelte. Ob es sich um Heirat innerhalb der eigenen Familie, um Blutfehden, Blutvergießen oder ein regelrechtes Blutbad handelte, die Herren Herodes schienen die Dinge gern in der Familie zu halten.
    Dieser Makel im Blut der Herodes-Familie stammte von Antipas Vater, Herodes dem Großen, einem in jeder Hinsicht unersättlichen Mann, dessen Gier nach Reichtum und Macht zehn Ehefrauen und Dutzende von Kindern zum Opfer fielen, die er zum Teil wie Tiere schlachten ließ.
    Herodes Antipas hatte ganz unten auf der Liste der Thronfolger gestanden. Aber beim Tod seines Vaters vor vierzig Jahren waren die Erben plötzlich knapp geworden, und so wurden er, sein Bruder Archelaos und sein Halbbruder Philippos von Jerusalem die Thronfolger. Nach dem Tod seiner Brüder war Antipas, inzwischen sechzigjährig, der letzte Herodes, der noch über jüdische Länder herrschte. Aber seit
    heute hatte sich das alles geändert – zum großen Teil dank der Machenschaften seiner ehrgeizigen Frau Herodias.
    Antipas wußte, daß er von Anfang an gestraft war mit dieser Liebe, dieser zwanghaften Leidenschaft für die Frau, die eigentlich seine Nichte war und die, als er sie zum ersten Mal sah, mit einem seiner Halbbrüder, Herodes von Rom, vermählt war. Daß er seinem Bruder die Gemahlin wegnahm, hatte
    seinen jüdischen Untertanen hier in Galiläa nicht gefallen, und sie waren empört, als er seine erste Frau, eine Prinzessin von königlichem Geblüt, verstieß.
    Zu allem Überfluß hatte er dann vor zehn Jahren dem Drängen von Herodias und ihrer Tochter Salome nachgegeben und einen religiösen Führer der Essener hinrichten lassen, der nicht mehr verbrochen hatte, als die Frau des Tetrarchen öffentlich eine Hure zu nennen. Doch es hatte der machthungrigen Herodias nicht genügt, daß ein Mann zu ihrer Ehrenrettung geköpft wurde. Inzwischen war sie erneut am Werk – diesmal innerhalb der eigenen, seit langem verfeindeten Familie.
    Vor über vierzig Jahren, als Herodias Vater von Herodes dem Großen hingerichtet wurde, waren die junge Herodias und ihr Bruder Agrippa von ihrer Mutter nach Rom gebracht worden, wo sie neben den Kindern der kaiserlichen Familie aufwuchsen. Agrippa war heute, mit fast fünfzig Jahren, ein verwöhnter, zügelloser Verschwender, der sich nur einer einzigen Errungenschaft rühmen konnte: Er hatte Gefallen daran gefunden, wie ein König zu leben. Und hier lag das Problem, denn dank seiner Freundschaft mit Caligula war Agrippa heute ein König.
    Tiberius hatte kaum das Zeitliche gesegnet, da hatte Caligula – dieser üble kleine ehemalige Tänzer, der ihm auf den Thron gefolgt war – den Agrippa aus dem Gefängnis geholt und ihn mit derselben Großzügigkeit mit Geschenken, Ländern und Titeln überschüttet, mit der er bald darauf, innerhalb eines knappen Jahres, das gesamte Erbe von Tiberius – 27 Millionen Goldsesterzen – vertändeln sollte. Caligula hatte Agrippa unter anderem Länder geschenkt, die nach Herodias Meinung ihrem Mann, Herodes Antipas, zugestanden hätten, einschließlich des Landes, auf dem das Grab Abels lag, des Sohns von Adam und Eva – die Stelle, wo das erste Blut von Menschenhand vergossen worden war.
    Herodes Antipas wußte genau, daß das Gift der Machtgier noch in den Adern seiner ehrgeizigen Verwandten wirkte, und ganz besonders in denen seiner Frau. Sie empfand es als Erniedrigung, daß man ihren Bruder zum König gemacht hatte, während ihr Gatte ein kleiner Tetrarch geblieben war, und sie drängelte so lange, bis Antipas eine Abordnung aus Galiläa mit Geschenken für den habgierigen jungen Kaiser nach Rom schickte, um von ihm die gleiche Behandlung wie Agrippa zu erfahren. Aber leider hatte er mit diesem Bestechungsversuch genau das Gegenteil erreicht. Der eben aus Baiae eingetroffene Gesandte Caligulas hatte eine Liste weiterer Kontributionen mitgebracht, die vom Tetrarchen erwartet wurden. Auf dieser Liste war zudem ein Gegenstand aufgeführt, der, abgesehen von seinem materiellen Wert, für Antipas – und nur für ihn – von tiefer

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