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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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eine Explosion von Licht, das von den Fassaden der Villen und Paläste hoch über ihnen auf dem Zionsberg widerschien und selbst die verwinkelten Gassen der unteren Stadt durchdrang. Und jenseits davon lag in der Ferne der majestätische Felsen des Salomontempels und darunter die Halle der Behauenen Steine, wo der Sanhedrin heute morgen zusammentrat.
    Der Tempel war von Salomos Vater David, dem ersten wahren König der Juden, in einem Traum erdacht worden. Er war das Herz und die Seele des jüdischen Volkes, das ihn nach jeder Katastrophe wieder aufbaute oder restaurierte, und viele große Könige schmückten ihn mit ihren Schätzen. Inmitten weiter, offener Höfe schimmerten die weißen Marmorsäulen in der Morgensonne wie ein Geisterwald, und vom Tal aus gesehen leuchtete der Tempel wie die Sonne. Die glänzenden Dächer aus goldenen Ziegeln – ein Geschenk von Herodes dem Großen – blendeten das Auge am Morgen, so wie eben jetzt, und machten es um die Mittagszeit durch die starke Strahlenbrechung fast blind.
    Während dieser morgendliche Glanz Josefs Herz erfüllte, hörte er Nikodemus leise sagen:
    «Mein lieber Josef, ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll, aber ich denke… Wir alle fürchten, daß der Meister vollkommen verrückt geworden ist.»

    Die Halle der Behauenen Steine war immer kalt und feucht. An den Wänden, aus denen Wasser sickerte, hatten sich schillernde Flechten gebildet. Die in den Fels des Tempelbergs gehauene Höhle hatte die Form eines eiförmigen Gewölbes, das unter dem Priesterhof und dem Hochaltar lag und zu Davids Zeit als Dreschboden diente. Man erreichte sie über eine steinerne Wendeltreppe von 33 Stufen. Josef hatte immer das Gefühl, daß allein das Betreten dieser Halle eine Art ritueller Initiation war. Im Sommer empfand man die feuchte Kühle wie eine Erlösung. Aber heute steigerte sie das Gefühl eines drohenden Verhängnisses, das sich nach Nikodemus Worten eingestellt hatte.
    Obwohl der Rat allgemein «Die Siebzig» genannt wurde, bestand er in Wirklichkeit aus 71 Mitgliedern, wenn der Hohepriester mitgezählt wurde, und entsprach damit zahlenmäßig allen solchen Räten seit der Zeit Moses.
    Der beleibte Hohepriester Josef Kajaphas, in purpurnem Gebetsschal und gelbem Mantel, stieg als erster die Treppe hinab. Seinen Stab krönte ein prächtiger Kiefernzapfen aus reinem Gold, der Leben, Fruchtbarkeit und die Verjüngung des Volkes bedeutete. Wie alle Hohenpriester vor ihm bekleidete Kajaphas das Amt des Präsidenten im Sanhedrin aufgrund seiner religiösen Stellung, die ihm auch weltliche Macht verlieh, denn Gesetz und Thora waren eins.
    Früher waren die Hohenpriester aus der Linie der Sadduzäer hervorgegangen, den Nachkommen Zadoks, des ersten Hohenpriesters von König Salomo. Aber nach der römischen Besetzung hatte der von Rom ernannte Marionettenkönig Herodes der Große als erstes die Mitglieder vieler vornehmer Familien hinrichten lassen und sie im Sanhedrin durch eigene Leute ersetzt. Dadurch hatte sich die Situation der Pharisäer bedeutend verbessert, die im Sanhedrin die liberalere und mehr populistische Partei der Thora-Schriftgelehrten darstellten, der auch Nikodemus und Josef trotz ihres persönlichen Reichtums angehörten.
    Die Pharisäer verfügten über die Mehrheit im Sanhedrin, so daß ihr Führer Gamaliel, der Enkel des legendären Rabbi Hillel, praktisch auch der Führer des Hohen Rats war – und dem Kajaphas ein Dorn im Auge. Die Pharisäer konnten es nicht unterlassen, immer wieder darauf hinzuweisen, daß Kajaphas seine Stellung weder durch Geburt wie die sadduzäischen Aristokraten noch durch Gelehrsamkeit wie die Pharisäer erworben hatte, sondern nur, weil er die Tochter eines nasi, eines Hohenpriesters, geheiratet hatte.
    Aber es gab einen, den Kajaphas noch mehr haßte als die Pharisäer, dachte Josef, während er seinem Gefährten über die Steintreppe in die Halle der Behauenen Steine folgte, und das war der Meister. In den letzten drei Jahren hatte Kajaphas den Meister ständig durch die Tempelpolizei bespitzeln lassen. Er hatte versucht, ihn wegen Aufwiegelung einzusperren, nachdem er im Tempelhof, wo die Familie des Josef Kajaphas seit Generationen die einträgliche Taubenkonzession besaß, die Tische umgeworfen hatte.
    Als die Mitglieder des Hohen Rates ihre Sitze eingenommen hatten, spendete der Hohepriester den Segen und trat beiseite, als der vornehme Rabbi Gamaliel vortrat, um die Versammlung zu eröffnen.
    «Gott hat

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