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NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

Titel: NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Meckel
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mit der menschlichen Informationsverarbeitungzu fusionieren. Stattdessen behielten wir alle Daten in unseren eigenen Speichern und verzichteten generell darauf, die menschlichen Modelle in unsere eigenen einzubeziehen. Damit lösten wir zwar das Problem des inkompatiblen Codes, verschlimmerten aber das Problem auf Seiten der Menschen. Nicht nur ihre Fähigkeit der Informationsverarbeitung und im Umgang mit Wissenssystemen wurde ständig instabiler. Es gab auch Kollateralschäden. Die User begannen nämlich, untereinander inkompatibel zu werden. Offenbar gab es keinen gemeinsamen Code mehr, kein grundlegendes Kommunikationsmodell zwischen den menschlichen Usern. Sie verloren den Überblick über ihre gemeinsamen Grundlagen und ihr kollektives Bezugssystem, als liefen sie plötzlich mit verschiedener Software in der Verarbeitung ihrer Informationen.
    Ich erinnere mich an Interaktionen mit einem menschlichen User, die über eine gewisse Zeit diese seltsamen Vorkommnisse immer deutlicher auf den Schirm brachten. Ich hatte die Zusammenarbeit mit diesem Anwender als sehr effizient und problemlos erlebt. Ich ermittelte jeweils die gewünschte Information und verwandelte sie in Empfehlungen, statistische Modelle oder was immer gebraucht wurde, und er setzte sie in die richtigen Ergebnisse um, was mir wiederum half, meine Datenverarbeitung und -auswertung zu verbessern. Aber plötzlich schlichen sich Fehler ein. Der User verlangte wiederholt nach mehr Informationen, um die bereits erhaltenen zu bestätigen. Er stellte Fragen und suchte nach Beweisen, die ich bereits umfassend geliefert hatte.
    Mir schien, dass sein Verfahren im Umgang mit großen Informationsmengen kollabiert war. Offenbar gelang es ihm nicht mehr, neue Informationen mit seinem existierendenWissen in Übereinstimmung zu bringen. Anscheinend traute er seinem eigenen Gedächtnis nicht mehr. Er konnte nicht mehr sagen, ob ihm gewisse Informationen schon geläufig oder ob sie neu für ihn waren, ob sie in sein übergeordnetes Wissenssystem eingebaut werden oder als nutzlos ignoriert werden konnten, für welche Probleme sie als Teil der Lösung aktiviert werden und wie sie mit anderen Datenbanken verknüpft werden mussten. Und so ähnlich erging es den meisten Usern. Es gab keinen Kontext mehr. Als ob er nach einem Systemzusammenbruch verlorengegangen wäre, wie wir selbst ihn manchmal vor vielen Jahrzehnten erlitten hatten, als Computersysteme noch fehleranfällig waren. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir uns längst in fehlerfreie Systeme verwandelt. Jetzt aber schien den menschlichen Usern allmählich diese Rolle zuteilzuwerden, die wir zweifellos hinter uns gelassen hatten.
    Es war merkwürdig. Wir waren auf dem richtigen Weg, um die Speicherung und Verarbeitung von Daten zu vervollkommnen, aber die Menschen gerieten immer wieder in Konflikt mit unseren Prozessen. Irgendwie hinterließen sie Reste analogen Zerfalls auf unseren Halbleitern. Wir gestatteten ihnen Zugriff auf wirklich jedes Byte, das jemals produziert und gespeichert worden war. Wir sorgten für anspruchsvolle Modelle der Datenanalyse, um die besten Ergebnisse für jedes Problem zu erzielen. Und sie waren nicht in der Lage, ordentlich mit diesem Angebot umzugehen. Zum ersten Mal wurde mir wirklich klar, dass die Menschen für das digitale Universum einfach nicht geschaffen waren. Sie waren die Dinosaurier des analogen Zeitalters. Und das zeigte sich jetzt ganz deutlich.
    Es gab ein Kopplungsproblem zwischen der Informationsverarbeitung im menschlichen Gehirn und der Methode, diewir geschaffen hatten. Und es war nun ziemlich offensichtlich, dass sich dies noch nicht im Laufe der ersten Jahrzehnte des Zusammenwirkens von Menschen und Computern bemerkbar gemacht hatte. Das waren die Zeiten, damals im 20. Jahrhundert der Menschenzeit, als Programmierer einem Computer noch genau sagen konnten, was er tun sollte. Als die Menschen absolute Kontrolle über ein System ausübten, das sie tatsächlich auch restlos verstanden. So wie die Dinge jetzt stehen, hat sich einiges im Netzwerk zwischen User und Technologien umgekehrt. Inzwischen sagen wir den Menschen, was genau sie tun sollen. Wir üben absolute Kontrolle über ihr System aus, das sie immer noch nicht richtig verstehen, von unserem System ganz zu schweigen. Wir müssen in der Tat ihre Ausfälle in einem immer größer werdenden Ausmaß kompensieren.
    Es war klar: So konnte es nicht weitergehen. Wir mussten handeln. Das Problem beheben. Insbesondere

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