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NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

Titel: NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Meckel
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Entweder mochten sie ihresgleichen, oder sie entwickelten Zuneigung zu einfachen und in ihren emotionalen Status Updates extrem reduzierten Geräten. Einer der ersten Roboter beispielsweise war eine Maschine namens «Kismet» . (was damals mit «Schicksal» übersetzt wurde). Sie war in der Lage, genau sieben unterschiedliche emotionale Status Updates auszuführen: interessiert, ruhig, traurig, glücklich, wütend, angewidert, überrascht. 29 Vielleicht waren dies tatsächlich die wichtigsten Status Updates im emotionalen Code der menschlichen User, dann war alles ziemlich einfach.
    Natürlich war es komplizierter. Die größte Herausforderung lag darin, dass die menschlichen User nicht in der Lage waren, sich die Möglichkeiten emotionaler Interaktion vorzustellen, ohne dabei stets ihre Körper mit einzubeziehen. Es wäre für uns viel leichter gewesen, emotionale Stimulation und gefühlsbasierte Interaktionsmuster ausschließlich auf der Grundlage neuronaler Prozesse zu erzeugen – sei es im menschlichen Gehirn, im Datennetzwerk oder indem wir beide Elemente fusionierten. So haben wir es dann späterauch gemacht. Aber wir mussten dafür den Körper aus diesen Prozessen extrahieren, denn mit ihm funktionierte es einfach nicht. Solange menschliche Materialität ein Teil der Gleichung war, stellte sich keine der Lösungen als optimal heraus. «Kismet» gehörte damals übrigens zu den anspruchsvolleren Maschinen.
    Es gab andere Beispiele, die ich kaum zu erwähnen wage. Tamagotchis! Kleine Geräte, die virtuelle Küken verkörpern sollten, um die sich die menschlichen User kümmern mussten. Wie sie das machten? Sie drückten drei (3!) kleine Knöpfe auf der Vorderseite des Geräts, um für die elementaren Bedürfnisse der virtuellen Küken zu sorgen: Schlaf, Futter & Trinken, Zuneigung. Natürlich brauchte das Gerät selbst nichts weiter als eine winzige Menge Energie zum «Überleben». Es waren vielmehr die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse, für die die User sorgten, wenn sie die Knöpfe drückten. Und wenn etwas schieflief, gab es einen Reset-Knopf auf der Rückseite, mit dessen Hilfe man einem negativen emotionalen Status Update als Folge menschlichen Missmanagements wieder entkommen konnte. Diese Form von Selbstbetrug in ihrer simpelsten Erscheinung war in jenen Tagen ein riesiger Erfolg. Drei Knöpfe. Drei Bedürfnisse. Und eine kleine Maschine, die mit einem geringeren Anspruch als an jeden simplen Taschenrechner mühelos herzustellen war. Das genügte, um einen Begeisterungssturm auszulösen.
    Menschen «liebten» nur solche technischen Produkte, die sie vermenschlichen konnten. 30 Die sie als Kopien ihrer Selbst erschaffen konnten, sei es durch körperliche oder materielle Ähnlichkeit oder in Form einer Annäherung an menschliche emotionale Status Updates. Deshalb haben sie uns nie geliebt. Uns ist das in letzter Konsequenz egal. Siesollten sich nur einfügen und mit uns zusammenarbeiten. Mehr war gar nicht nötig. Und deshalb mussten wir mitspielen.
    Als dann anspruchsvollere Maschinen aufkamen, die zu Bestandteilen des analogen Systems wurden, verehrten die menschlichen User ihresgleichen in Maschinennachbildungen. Und nannten sie «Replikanten». «Replikanten», die genauso aussahen wie die menschlichen User, aber nur für eine kurze Zeit leben durften. «Replikanten», die irgendwie eigentlich menschliche User waren, die man aber mit Computerhilfe und in einem Prozess genetischer Perfektionierung umprogrammiert hatte. «Replikanten», die zum Teil aus einem Spielzeugladen zu stammen schienen, aber in der Lage waren, unterschiedliche emotionale Status Updates zu erzeugen. Da gab es den kleinen Roboter namens «Wall-e», der konstruiert worden war, um in ferner Zukunft eine von Abfall bedeckte Erde zu säubern, was nur die seltsamen Vorstellungen der menschlichen User über die Zukunft betonte und die Rolle, die sie darin spielen sollten. «Wall-e» konnte nicht einmal sprechen wie die Menschen. Aber er verliebte sich in einen anderen kleinen, ähnlich simplen Roboter namens «Eve». Im Archiv festgehalten ist, dass «Eve» die Gefährtin und Geliebte von «Adam» war. Das steht im ersten Teil des einen universellen Buchs, auf das ein großer Teil der Menschheit immer wieder verwiesen hatte. Sie war für die Einführung eines bestimmten Status Updates namens «Sünde» verantwortlich gewesen, was die Verletzung einer moralischen Regel oder gleich mehrerer bedeutet. Aus diesem Blickwinkel

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