Nexus - Band 1
spritzendem Blut zerfetzte. Ja… er war verurteilt… Zeuge zu sein und die Folter dieser Geschehnisse auf ewig in seinen synaptischen Bahnen zu speichern… in diesen verhängnisvollen Stunden jenes Tages, an dem der Unbesiegbare, angelockt von den grausamen Schicksalen hilfloser Sterblicher, reiche Ernte hielt. Tom biss die Zähne zusammen, presste eine Hand auf den schnell gerinnenden, roten Strom, der aus seinem Bauch nach außen drängte und zwang sich nach oben. Zeuge…
"Katarina."
… und Henker. Tom richtete den schmalen Lauf seines voll energetisierten Lasers auf den Schatten seiner Kameradin, die wie das böse verzerrte Bildnis einer archaischen Kriegsgöttin über der gekrümmten Leiche ihres Feindes ruhte. Mit nahezu zartfühlender Gemächlichkeit zog Katarina das verschmierte Kampfmesser aus Hansons blutenden Überresten, bevor sie sich von überrascht-verzücktem Kichern begleitet ihrer neuen Bedrohung entgegenwandte.
"… noch… am Leben…?" Die Worte aus ihrem Mund tröpfelten wie süßes Gift in Toms Gehör.
Ja, am Leben. Vielleicht nicht mehr lange - doch auf jeden fall lange genug. Verflucht seiest du… Tom bettete das Echo dieses Stoßgebetes in all die rechtschaffene Wut die er noch übrig hatte, schrie es stumm aus seinem Geist, so laut und weit fort wie er konnte. Tausendfach verflucht… für das was er nun gezwungen war zu tun.
"Es muss nicht so enden, Kat…" sagte Tom und konnte nicht anders als den getrübten Schleier seiner schwindenden Wahrnehmung immer wieder vom Ziel dieses ehemals so hübschen, nun blutbesudelten Antlitzes hinab auf die grausige, hakenbesetzte Schneide gleiten zu lassen, die der mordgierige Schatten zu dem Katarina Dressler geworden war, mit lauernder Vorfreude zwischen ihren Fingern balancierte.
"…enden…" Entrücktes Flüstern kroch zwischen Katarinas kaum geöffneten Lippen hindurch, wie eine körperlose Form der schwarzen, viralen Essenz, deren methodisch programmierten, geistlosen Wahnsinn sie unheilbar tief in jede einzelne Zelle ihres Wirtes getragen hatte.
"Alles muss einmal enden, Tom."
Tom bemerkte das gefährliche Blitzen der Klarheit in den undurchdringlich finsteren Augenseen seiner einstigen Kameradin erst, als die ihm über Jahre des Trainings hinweg zu Eigen gewordenen, geschulten Reflexe bereits die Kontrolle über jede motorische Funktion übernommen hatten, die ihm noch zur Verfügung stand. Im Bruchteil eines Lidschlages später, kreuzte sich der wirbelnde, aus Katarinas Handfläche geschleuderte Dolch berührungslos mit dem karmesinroten Energieimpuls des Lasers - perfektionierte Werkzeuge des Mordes im unaufhaltsamen Wettlauf um die Erfüllung ihres einzigen Daseinszwecks. Und es war erst jetzt, dieser eine Moment schier eingefrorener Zeit, der Tom Parkers erschöpfter Verstand erkennen ließ, dass es kein Zurückweichen mehr geben konnte… keine andere Option als nur zu akzeptieren, wie das Schicksal für diesen Augenblick entscheiden würde.
Die Würfel waren gefallen. Tom gewahrte die Konsequenz dieses Urteils ohne das geringste, übrig gebliebene Gefühl. Der kaum merkliche, verdrängte Lufthauch des Messers, das nur Zentimeter von Toms Schläfe entfernt an ihm vorbeischoss - es schien fast wie eine perfide Form folternder Gnade, in Anbetracht des Preises den sie von ihm verlangte. Zumindest ging es schnell. Der Laserstrahl… das zischende Geräusch in Sekundenbruchteilen verdampfenden Fleisches auf der Stirn dieses trotz allem so verletzlichen Körpers eines besiegten Todesengels, erlöst von seiner Qual… der ohne das geringste Seufzen zu Boden fiel.
Es war schwer für Tom im Nachhinein zu sagen wie lange er tatsächlich einfach nur dagestanden hatte, um die surreale Szenerie die ihn umgab fassungslos in sich aufzunehmen… oder auch nur wirklich zu verstehen, was mit diesem, kläglichen Überrest seines Lebens gerade passiert war… der Ordnung und Klarheit, deren wohltuender Begleitung er nie für möglich gehalten hätte einmal derart fern zu sein. Tom wusste nur, dass er schließlich seinen Blaster sinken ließ, ihn verstaute so wie er es tausend Mal zuvor schon getan hatte… und einen Schritt vorwärts tat - zurück in die Gegenwart pulsierend strahlender Schmerzen und Fehlschläge, die in Form der toten Körper seiner Kameraden vor ihm lagen.
Sie hatten für sein Versagen bezahlt. Tom schüttelte den betäubenden Schleier von sich, der seine Gedanken immer wieder zu diffusen Abbildern zerstreute und kniete
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