Nexus - Band 1
zerbrechen wie die Mauer des Widerstandes, die sich ihm, zusammen mit der stoischen Selbstsicherheit seines Gegenübers entgegenstellte.
"Sieh dich um." fuhr er fort und breitete seine Arme zu einer übertriebenen, beinahe theatralisch-umfassenden Geste. "Sieh dich wirklich um. Du musst es einfach sehen… hören können…" Sam Nevalles weit geöffnete Augen starrten an Tom vorbei in eine nicht existente Ferne. "… wie es die Wahrheit zu dir flüstert…"
"Ja, ich sehe etwas." erwiderte Tom ruhig und blickte den in momentaner Erwartung erhellten Zügen seines Gegenübers bewegungslos entgegen… "Aber das bist nicht mehr du, alter Freund." … sah zu wie sie für eine Sekunde, von Wut und Enttäuschung verzerrt und mühsamer Beherrschung gehalten, drohten den Strudel chaotischen Ringens der in seiner Seele toben musste mit all seiner verheerenden Wut nach außen zu tragen. Langsam und unauffällig sank Toms rechte Hand hinab zum Halfter seiner Waffe.
"Du verstehst es einfach nicht…" Zügellos vibrierende Intensität hatte Stingers Körper und Stimme fest erfasst, brodelte in seinem Inneren wie ein urzeitlicher Vulkan. Und doch waren die scheinbar unzerstörbaren Ketten einer allseits präsenten Kontrolle überdeutlich sichtbar, an deren Enden die mächtige Bestie seines Wahnes vergeblich riss und zerrte. "… niemand von uns … ist mehr allein. Es ist überall, bei uns… begleitet uns - dort draußen - und hier…" Nevalles Fingerspitzen strichen über die blutunterlaufen gerötete Haut seiner Schläfen als wäre sie aus filigranem Porzellan. "… in unseren Träumen."
Er schien sich für einen Moment des Schweigens zu sammeln, sich selbst im Angesicht des immer größeren Walles feindseligen Schweigens, welcher die Züge seines Gesprächspartners zeichnete, an einen Imperativ der Geduld und Beherrschung zu klammern, der stärker zu sein schien als alles andere. Und der es trotzdem nicht hatte verhindern können, dass von dem ehemals fast vollkommenen Deckmantel kontrollierter Neutralität nur noch eine Ansammlung mühsam zusammengehaltener Fetzen übrig waren… die das Angesicht der hässlichen Wahrheit nicht mehr verbergen konnten, das unter ihnen lag.
"Sieh sie dir an." Stingers Hand vollführte eine Bewegung über die wenigen, im tiefen Schlaf ihres Rausches über ihren Tischen zusammengesunkenen Gestalten, strafte die Trost- und Hoffnungslosigkeit mit denen diese Männer und Frauen ihr Umfeld erfüllten mit der kalten Verachtung eines einzelnen Blickes. "Wie erbärmlich sie sind, nicht wahr? Noch immer weigern sie sich zu glauben - stoßen es von sich fort was sie nicht verstehen - ertränken die Gunst ihres Schicksals in billigem, flüssigen Tod. Ihrem eigenen… aber nicht dem unseren, mein alter Freund. Kaplan war ein Narr… auch er glaubte nur an das, was er in seinen Händen hielt… mit seiner fleischlichen Unvollkommenheit erfassen konnte… ohne zu wissen was es tatsächlich bedeutet. Du hingegen…"
Ein plötzliches, listiges Funkeln begleitete Sam Nevalles selbstsicher lächelnd verzogenen Mundwinkel, pflanzte einen widerspenstig wachsenden Keim des Zweifels in Tom Parkers mit steinerner Disziplin aufrecht erhaltenden Geist. Ja… er hatte recht… etwas riss an ihm, umhüllte seine Gedanken mit einem irrationalen Schleier zwiespältiger Emotion, Wut und… Verwirrung - und es war stärker als jemals zuvor. Aber es war dennoch nicht mehr als ein Feind, den er nur zu gut gelernt hatte zu kennen - und dem er widerstehen würde, genau wie er es schon einmal getan hatte. Wenn nichts anderes, dann hatte ihm das Schicksal seines gefallenen Kameraden die Konsequenz seines Scheiterns gezeigt. Was immer hier draußen mit dem Subraum geschehen war, es hatte diese Menschen an den Rand des Chaos getrieben, und würde, wenn es nach dem Willen Nevalles ging, Toms Widerstand mit der Zeit genauso brechen wie den seiner Crew - sie, vielleicht für immer, zu willigen Handlangern seines Wahnsinns machen.
"…oh, ich glaube das ist nur noch eine Frage der Zeit."
"Du irrst dich." Tom Parkers Stimme war das Ebenbild derselben unbeirrbaren Entschlossenheit, mit der sich im selben Moment die Blicke zweier Männer kreuzten, deren Überzeugung ihnen nichts anderes erlauben konnte, als an ihrem vorbestimmten Ziel ein weiteres… vielleicht sogar nun bereits das letzte Mal unaufhaltsam aus den ungleichen Richtungen ihrer für sich gewählten Pfade heraus aufeinander zuprallen.
"Glaub mir, meine Augen sind so
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