Nexus - Band 1
Lebensenergie. Dem Geräusch fallender Knie eines lebendigen Engels der Gnade, eines Gefährten - der nicht zulassen würde, dass der schwarze Schnitter weiter seine Ernte hielt.
Kundig, fein und geschwind tasteten Falcons Handflächen über verwundete Haut und offenes Fleisch, drückten Tom Parkers in nahfiebriger Verwirrung aufbegehrende Arme mit sanfter Gewalt hinab. Etwas klapperte direkt neben ihm, und ein zischender Dorn bohrte sich genauso schnell in seinen Hals, wie er sich wieder zurückzog - nur eine Mikrosekunde später abgelöst von der schockartigen Explosion eines Kataraktes beißend unerträglicher Schmerzen, der sich bis hin zur allerletzten Zelle in Toms verwundetem Körper erstreckte, die näher kriechende Dunkelheit des Todes mit gleißend verbrennenden Licht durchbrach. Von der Intensität seiner verkrampft zitternden Muskeln gespeist schnellte Toms Hand in instinktivem Reflex nach oben, packte den Arm der über ihn gebeugten, von diffusen Schleiern verzerrten Gestalt und hielt ihn fest. Fest erfasst von starr aufgerissenen Augen klärte sich seine Sicht auf die Welt der Lebenden im selben Maße, wie auch Toms Verstand langsam in der Lage war zu begreifen was mit ihm geschah.
"Was… was hast du…"
Tom Parker blickte in das Gesicht seiner Retterin, sah hinab auf den leeren Injektor in ihrem Schoß - spürte das Echo des Schmerzes seines harten Griffes, den sie so still und ohne sich zu wehren ertrug als wäre es selbstverständlich. Mit schuldvoller Nuance sank seine Hand herab.
"…danke..."
Falcon schwieg, wie sie es nicht anders konnte. Aber das Gefühl das Tom so unvermittelt empfand als käme es von seinem eigenen Herzen, hätte jeden gesprochenen Laut ohnehin zur Bedeutungslosigkeit verdammt. Freude. Glück, gepaart mit einer fortwährenden tiefen Sorge um das Leben eines Menschen… sein Leben… das weiterhin auf der Schwelle zum Abgrund stand, sie mit jedem Tropfen Blut der aus Tom Parkers offenen Wunden entwich weiter zu überqueren drohte. Dabei hatte er sie nicht einmal gespürt… die Kugel, die ihn erwischt haben musste… und erst recht nicht die pulsierenden, klebrigen Flüsse die sich in seinen Haaren verfingen und dennoch in kleinen, wachsenden Lachen zu Boden tropften. Wie viel hätte… gefehlt und er wäre gestorben ohne es wirklich zu merken…
"Wie… wie schlimm… ist…" Der sachte Streich einer Handfläche über seine brüchigen, aufgeschlagenen Lippen ließ Toms leise krächzende Stimme ersterben. Ohne dass der neuerliche Ansatz schwachen Aufbegehrens Beachtung fand, sah er zu wie eine kleine, kaum fingerlange Klinge unter Falcons Ärmel hervorsprang, und mit entschlossenen, schnellen Schnitten damit begann den zähen Stoff ihrer Kombination rund um ihre Taille abzutrennen. Mit den schnellen, präzisen Handgriffen einer erfahrenen Meisterin faltete sie den improvisierten Verband sogleich zur passenden Größe eines Stirnbandes und wickelte ihn im Zuge weniger Sekunden, von einem festen Knoten straff gehalten, um Toms verwundete Stirn.
"Die Kugel - ist sie… noch…?" Jedes einzelne seiner Worte musste sich unter den pulsierenden Flutwellen nicht nachlassender Schmerzen in Tom Parkers Kopf hervorkämpfen. Und selbst das tröstend lächelnde Kopfschütteln Falcons, so lieblich es war, brachte ihm keine Linderung… wenn auch wenigstens die endgültige Gewissheit, dass er leben würde. Vorerst. Solange er nicht an dem Riss in seinem Schädel verblutete, von dem er mittlerweile seltsam sicher war, dass es ihn gab… in die dicke Knochenhülle seines Schädels gebohrt von einem panzerbrechenden Gewehrgeschoss, dessen sadistische Gnade vielleicht zu Toms Glück offensichtlich daraus bestanden hatte, sein Opfer lieber langsam töten zu wollen.
"Wir müssen weiter. Bitte… hilf… mir auf." bat Tom, seinen Wunsch noch im selben Zug bereuend, in dem sich jede Faser seines Körpers gegen die ansich so simple Anstrengung aufzustehen mit abertausend betäubenden peinigenden Nadelstichen zur Wehr setzte. Nur Falcons beherzt zugreifenden Händen verdankte er schließlich eine halbwegs aufrechte Position auf zitternden, wenn auch zunehmend an Kraft zurückgewinnenden Beinen. Zumindest waren sie noch nicht gezeichnet von Wunden, die sicherlich Narben zurücklassen würden… Narben, deren unschöne Makel die feine Haut um die freigelegte Taille seiner Kameradin verunzierten. Noch etwas, das sie wohl schon bald gemeinsam haben würden… als Gezeichnete dieses schändlichen
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