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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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davongeschlichen.«
    Volker nickte zustimmend. Wieder blitzte es, und fast auge n blicklich war der Donnerschlag zu hören. Der Wind hatte nac h gelassen. Es begann zu regnen.

    Mit rudernden Armen kämpfte sich Volker durchs Dickicht. In Strömen lief ihm der Regen übers Gesicht, und die Dornenra n ken zerrten an seinem Waffenrock, als seien es winzige Hände. Golo hatte behauptet, in seinem Traum von Kobolden verfolgt worden zu sein. Bisher war fast alles Wirklichkeit geworden, was er in seiner Vision gesehen hatte. Nur Gwalchmai war ihm seltsamerweise nicht im Traum erschienen.
    Ein Ast peitschte Volker ins Gesicht. Der Spielmann fluchte. Gwalchmais Streitroß hatte er schon gefunden. Der große Hengst war nicht weit gelaufen. Er hatte seine Zügel um einen jungen Baum geschlungen und sich dann weiter auf die Suche begeben. Dieses Horn! Nie zuvor in seinem Leben hatte er e i nen solchen Ton gehört. Ob es vielleicht verzaubert war?
    Vom Sumpf her ertönte ein klagendes Heulen. Das Geräusch schien ihm vertraut, doch konnte er sich nicht mehr erinnern, wo es gewesen war. Es war ein langgezogener Laut, der weder von Menschen noch von Tieren stammte. Die Feen kamen also! Sie hatten das Signal gehört! Er mußte zurück zu Gwalchmai.
    Der Spielmann versuchte, sich zu orientieren. Die Suche nach den Pferden hatte ihn kreuz und quer durch das dichte G e strüpp des Waldes geführt. Er wußte nicht mehr genau, in we l cher Richtung er die Schädelstätte finden würde. In dem Nebel konnte er keine zehn Schritt weit sehen. Wahrscheinlich war es das klügste zu versuchen, seiner eigenen Spur zu folgen. Der Weg, den er sich gebahnt hatte, war fast nicht zu verfehlen.
    Er war schon eine Weile gegangen, als wieder das heulende Geräusch aus dem Sumpf erklang. Diesmal war es schon viel näher. Wenn er nur besser sehen könnte! Er war dicht an den Waldrand gekommen und ging nun dort entlang. Der Baum mit den Trophäen hatte unmittelbar an der Grenze zum Sumpf gestanden. Also brauchte er nur dem Ufer zu folgen. Der Boden war hier morastig. Zweimal schon war er ausgerutscht und g e stürzt. Sein prächtiger weißer Waffenrock war über und über mit Schlamm besudelt. Wenn man ihn jetzt so sehen könnte, mochte man denken, er sei aus den Tiefen des Moors emporg e stiegen. Der Spielmann lächelte. Er hatte sich eindeutig zu viele Spukgeschichten von Golo erzählen lassen! Jetzt dachte er selbst schon so wie dieser abergläubische Bauer.
    Wieder ertönte das merkwürdig vertraute Heulen, und jetzt, wo es schon ganz nahe war, erkannte er das Geräusch wieder. Er hatte es schon einmal in einer Schlacht gegen die Sachsen gehört. Die Feen bliesen auf Luren! Großen, seltsamen Tromp e ten. Sie ragten senkrecht empor, und ihre Trichter waren wie Wolfs- oder Drachenköpfe geformt.
    Volker begann zu laufen. Er hatte das Gefühl, daß er Gwa l chmai nicht mehr rechtzeitig erreichen würde. Links neben ihm erschien eine Gestalt. Durch die Regenschleier und den Dunst konnte der Spielmann nur einen Schemen erkennen, der dicht über dem Sumpf zu schweben schien. Also stimmten die Fee n geschichten. Erschrocken duckte er sich ins Unterholz am Wa l desrand. Wer auch immer dort kam, schien nicht von dieser Welt zu sein.
    Volker spürte, wie sein Herz immer heftiger schlug. Sein Mund war trocken, seine Hände dafür aber schweißnaß. So ha t te er sich gefühlt, als er in der großen Sachsenschlacht mit nur fünf Rittern den Feldherrnhügel des Königs gegen eine Übe r macht von Feinden verteidigen mußte.
    In Gedanken ermahnte sich der Spielmann, ruhig zu sein. Es war nur ein einzelner Gegner, der dort aus dem Sumpf kam. Ob der Streiter der Morrigan die Richtung verfehlt hatte? Der Tr o phäenbaum stand doch an ganz anderer Stelle!
    Jetzt konnte er den Mann deutlicher erkennen. Erleichtert a t mete der Ritter auf. Sein Feind schwebte nicht! Er stand in e i nem flachen Nachen und stakte mit einer langen Stange durch das brackige Wasser. Der Mann hatte langes, rotes Haar und trug eine seltsame, bunte Hose. Über seine Schulter hing ein Köcher mit Pfeilen.
    Als er fast den Waldrand erreicht hatte, sprang er aus dem kleinen Boot und zog es das Ufer hinauf. Dann nahm er einen Bogen aus dem Rumpf und blickte sich mißtrauisch um. Volker fragte sich, ob der Krieger im Nebel seinen Weg verloren hatte. Es war ein blutjunger Kerl, der höchstens zwanzig Sommer g e sehen haben mochte. Irgendwo nördlich ertönte das Heulen der Luren. Sie klangen jetzt

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