Nibelungen 04 - Das Nachtvolk
wurden langs a mer, die Attacken waren nicht mehr so ungestüm. Laut hallte ihr Keuchen über die Lichtung.
Etliche Bewaffnete standen am Rand der Bäume und beobac h teten das Duell. Volker schätzte, daß es mindestens vierzig Krieger sein mußten, die sich dort versammelt hatten. Für eine Räuberbande verdammt viele! Vermutlich waren auch Bauern und Fischer aus der Gegend dabei. Der Spielmann überlegte, ob er seine Deckung verlassen sollte, doch eine innere Stimme warnte ihn. Wer wußte, wie dieses Pack reagieren würde. Es war klüger, sich zunächst im Hintergrund zu halten!
Gwalchmai stieß einen wilden Kampfschrei aus und holte zu einem mächtigen Hieb aus, der auf den Kopf seines Gegners zielte. Der Kämpe der Morrigan riß seinen Schild hoch, um den Schwertstreich abzufangen. Im gleichen Moment wechselte der Kaledonier die Schlagrichtung. Volker nickte anerkennend. Gwalchmai lernte schnell! Das war derselbe Schlag, mit dem er den Kaledonier am Vortag bezwungen hatte. Der blonde Hüne, der sich mit seinem eigenen Schild die Sicht genommen hatte, konnte das überraschende Manöver nicht sehen. Das Schwert des Ritters traf ihn dicht über der Hüfte und schnitt ihm tief ins Fleisch. Stöhnend taumelte der Krieger zurück. Der Schild en t glitt seiner Hand. Er preßte die Linke auf die stark blutende Wunde. Immer noch hielt er sein Schwert zur Abwehr bereit.
»Gib auf! Du warst ein ehrenhafter Gegner. Ich möchte dich nicht töten.« Gwalchmai senkte sein Schwert. »Du kannst nicht mehr gegen mich gewinnen.«
Eine Frau mit langem, rotblondem Haar trat aus dem Nebel. Sie trug einen Umhang aus Rabenfedern, der bis auf den Boden hinabreichte, und dazu ein enganliegendes, schwarzes Kleid. Ihre Stimme klang klar und befehlsgewohnt, als sie sprach. »Schafft Arbotorix fort und versorgt seine Wunden.«
Die Krieger am Rand der Lichtung gehorchten ihr schwe i gend. Volker traute seinen Augen kaum. Das also war die Mo r rigan. Die Frau wirkte unnatürlich blaß und sprach mit einem merkwürdigen Akzent, wie ihn der Spielmann bei den Bauern der Region nicht bemerkt hatte. Sollten die Geschichten über die Fee am Ende doch wahr sein? Volker duckte sich ein wenig tiefer in die Büsche.
»Ich beglückwünsche dich, Falkenritter! Du hast meinen be s ten Krieger besiegt. Du bist der erste, der Arbotorix überwi n den konnte. Ich nehme an, du kennst den Preis deines Tr i umphs.«
Gwalchmai beugte das Knie. »Es heißt, der Sieger des Duells solle an deiner Seite König im Feenreich sein, edle Morrigan.«
Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Du knietest nieder als Ritter, nun erhebe dich als der König, der hinter den Nebeln herrscht, mein Falke. Warte hier, und ich werde dir die Insign i en deiner neuen Macht bringen.«
Gwalchmai erhob sich und nahm den Topfhelm ab. In breiten Strähnen hing ihm sein schweißnasses Haar in die Stirn. L ä chelnd schob er sein Schwert in die Scheide zurück und blickte zu den Kriegern am Rand der Lichtung. Diese hoben langsam ihre Bogen. Augenblicklich verschwand das Lächeln aus dem Gesicht des Ritters. Bestürzt wandte er sich an Morrigan, die inzwischen den Rand der Lichtung erreicht hatte.
»Was soll das? Senkt eure Waffen! Ich bin jetzt euer Herr!«
»Du bist nun zwar König, Falkenritter, doch Befehlsgewalt über meine Krieger hast du erst, wenn du auch die Insignien des Herrschers trägst. Tötet ihn!«
Gwalchmai riß seinen Schild hoch, doch die Pfeile prasselten von allen Seiten auf ihn nieder. Sie trafen ihn in die Beine, den Rücken und die Arme. Volker konnte sehen, wie eines der G e schosse den Hals des Recken durchschlug und etliche Zoll weit aus seinem Nacken austrat. Lautlos sank der Kaledonier zu B o den. Einige Herzschläge lang herrschte Stille. Dann trat die Morrigan neben den Leichnam. Sie hielt ein prächtiges, silbern glänzendes Schwert in der Hand.
»Du hast tapfer gekämpft, fremder Ritter, und ich werde mein Wort halten. Heute nacht wirst du neben mir auf dem Thron meines Palastes sitzen. Die Barden meines Volkes werden dich als den Falkenkönig besingen und dein Kampfgeschick loben. Du wirst für immer in der Erinnerung der meinen leben, doch für das Volk diesseits des Nebels mußtest du sterben. Für sie muß der Recke der Morrigan als unbesiegbar gelten, damit wir weiterhin in Frieden leben können.« In silbernem Bogen sauste die Klinge hinab, und die Morrigan hob Gwalchmais abg e trenntes Haupt auf.
Zwei Krieger hatten bereits einen neuen Pfahl in
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