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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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ragte.
    Volker richtete sich auf und zog sein Schwert. Sein Gegner war inzwischen in die Knie gegangen. »Wolltest meinen Kopf, nicht wahr?« Volker schnitt eine Grimasse. Bei jeder Bewegung schmerzte die Pfeilwunde in seiner Brust. »Ist heute nicht dein Tag, Feenritter.« Er berührte den Hals des Rothaarigen mit se i ner Schwertspitze.
    »Vielleicht sollte ich dich mitnehmen und deinem Anführer einen Gefangenentausch vorschlagen? Was glaubst du, wie ihm das gefallen wird?«
    Der Verwundete blickte ihn einige Herzschläge lang an. Er hatte große, graue Augen. Plötzlich preßte er die Lippen z u sammen und stürzte sich nach vorne in Volkers Schwert. Der Spielmann riß die Waffe zurück, doch die scharfe Klinge hatte dem Rothaarigen den Hals aufgeschlitzt. Pulsierend sprudelte das Blut aus der tödlichen Wunde. Der junge Mann lächelte matt. Dann sank er zur Seite.
    Der Ritter fluchte. Was für ein Wahnsinn! Warum hatte der Kerl das getan? Hatte er solche Angst vor dem Zorn seiner G e fährten gehabt? Volker kniete nieder und wischte sein Schwert an der Hose des Toten sauber. Dann löste er seinen Dolch aus der Wunde und reinigte auch ihn.
    Noch immer hallte das Klingen von Schwertern durch den Nebel. Der Kämpfer der Morrigan mußte gut sein, daß er sich so lange gegen Gwalchmai hatte halten können. Der Spielmann richtete sich auf. Helle Lichtpunkte tanzten ihm vor den Augen. Ihm wurde schwindelig, und er mußte sich auf sein Schwert abstützen. Mit zitternden Fingern griff er nach dem Pfeil, der in seiner Brust steckte. Vorsichtig bewegte er das gefiederte Ende, und ein brennender Schmerz schoß durch seine Brust bis in den linken Arm hinauf. Das Geschoß steckte tiefer, als er zunächst gedacht hatte. Es wäre töricht zu versuchen, sich den Pfeil he r auszuziehen. Die Wunde würde dann nur noch stärker bluten.
    Mit der Linken umklammerte er den Schaft des Geschosses. Er ballte die Hand zur Faust und preßte sie auf seine Brust. Der Schmerz raubte ihm fast die Sinne. Mit der anderen Hand griff er nach dem gefiederten Ende.
    »Heilige Maria, Mutter Gottes, gib mir Kraft«, flüsterte er. Dann brach er mit einem Ruck den Pfeil durch. Stöhnend ging er in die Knie. Es war, als hätten ihm Teufel ein glühendes E i sen in die Brust getrieben. Für einige Augenblicke konnte er nicht mehr klar sehen. Die Bäume schienen in wildem Reigen um ihn herum zu tanzen. Endlich ließ der Schmerz ein wenig nach. Er blickte an sich herab. Nur ein kleines Stück des Pfei l schaftes, nicht länger als sein kleiner Finger, ragte jetzt noch aus der Wunde. Sein weißer Waffenrock war über und über mit Blut bespritzt. Es mußte auch von dem jungen Krieger sta m men!
    Sein Schwert als Krücke benutzend, kämpfte der Spielmann sich auf die Beine. Er wollte dem Sieg Gwalchmais beiwohnen. Schweren Schrittes ging er den Wald entlang. Bald sah er etl i che Boote auf dem schmalen Uferstreifen liegen. Die Räuber waren zahlreicher, als er gedacht hätte. Vielleicht wäre es kl ü ger, sich vor ihnen zu verstecken. Schemenhaft konnte er durch den Nebel zwei Krieger mit Bogen erkennen. Mit zwei Schritten hatte er den Rand des Waldes erreicht und kauerte sich hinter einen Busch. Die beiden Schützen waren wieder im Nebel ve r schwunden. Vorsichtig arbeitete sich der Spielmann durch das Dickicht. Dornenranken zerrten an seinem Waffenrock, und es schien, als wollten die Wurzeln der Bäume nach seinen Füßen greifen. Zweimal strauchelte er, und die Wunde in seiner Brust begann wieder zu bluten.
    Endlich konnte er im Dunst den riesigen Trophäenbaum e r kennen. Auf der Lichtung umkreisten zwei Kämpfer einander. Die Nebelschleier ließen die Szene seltsam unwirklich ersche i nen, so als sei sie ein Spuk oder ein Traumbild. Der Streiter der Morrigan war ein hünenhafter Kerl, der Gwalchmai um mehr als Haupteslänge überragte. Der Krieger war völlig nackt. Sein Körper war über und über mit verschlungenen blauen Mustern bemalt. Nur um den Hals trug er einen breiten, goldenen Schmuckreif. Die Haare des Kämpfers waren kurz und standen wie Stacheln von seinem Kopf ab. So wie Gwalchmai kämpfte der Streiter der Morrigan mit Schwert und Schild. Die Mitte seines Rundschildes war mit einem großen, eisernen Buckel verstärkt, und das Holz war mit gelben Spiralen auf rotem Grund bemalt.
    Der Kampf wogte lange unentschieden hin und her. Die zwei Krieger waren einander fast ebenbürtig. Beide bluteten aus mehreren leichten Wunden. Ihre Bewegungen

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