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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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6. KAPITEL

    etzt hatte er also zwei Herren, dachte Golo verdrießlich und musterte die beiden Krieger, die hintereinander den schmalen Hohlweg in den Wald hineinritten. Vo l ker ließ keine Gelege n heit aus, diesem Kaledonier mit dem unaussprechlichen Namen seine Dienste anzubi e ten. Gestern abend mußte er sogar das Pferd dieses Kerls stri e geln. Ganz wie sein Herr war der graue Hengst ein unber e chenbares Monstrum. Zweimal hatte er versucht, Golo zu be i ßen.
    Fröstelnd rieb sich der Knecht mit den Händen über die A r me. Es war so kalt, als wolle der Winter zurückkehren. Noch vor Morgengrauen war er frierend unter seiner klammen Decke erwacht und hatte das Feuer wieder angefacht, doch richtig warm und trocken war er nicht mehr geworden. Gottverfluchte Sümpfe!
    Die beiden Ritter vor ihm lachten. Ja, die Herren amüsierten sich köstlich! Sie trugen prächtige, mit Fell gefütterte Reitmä n tel, und die Kälte vermochte ihnen nicht viel anzuhaben. Wenn er fror, hieß es, er solle mehr arbeiten, dann würde ihm auch warm werden. Arrogantes, adeliges Pack. Allein war Volker ja ganz verträglich, doch wenn er mit einem Fremden zusammen war, dann glaubte er, er müsse den Herren spielen.
    Den ganzen Abend hatten die beiden darüber gesprochen, wie sie in die Feenburg einreiten würden. Für sie schien keinen Atemzug lang ein Zweifel daran zu bestehen, daß der Kaled o nier den Zweikampf mit dem Krieger der Feenkönigin gewann. Sie hatten ausgemacht, daß Gwalchmai als erstes die gefangene Gunbrid von ihrem bitteren Schicksal erlösen sollte. Danach erst würde die Hochzeit mit der Feenkönigin stattfinden.
    Mißmutig blickte sich Golo um. Er konnte nicht glauben, daß es so einfach sein würde, zum König der Feen zu werden. Der Wald, durch den sie ritten, erschien dem Knecht ungewöhnlich dunkel. Die kahlen Äste der Eichen waren über dem Weg ine i nander verflochten und bildeten ein düsteres Gewölbe. Der Himmel war mit grauen Wolken verhangen, und die Sonne ha t te nicht die Kraft, die geisterhaften Nebelschwaden aufzulösen, die über dem Sumpf trieben. Dies war ein Tag, wie geschaffen für finstere Magie und üblen Verrat! Golo dachte an seinen Traum. Er hatte versucht, Volker von seinem Vorhaben abz u bringen und von der Feenkriegerin mit dem Schwert erzählt, doch der Spielmann hatte nur darüber gelacht.
    Vor ihnen öffnete sich der Weg zu einer Lichtung. Das G e spräch der beiden Ritter verstummte abrupt. Jetzt sah es auch Golo. Auf der Lichtung erhob sich ein Wald von Pfählen, jeder von einem Kopf gekrönt. Er hatte es gewußt. Die Visionen der vorletzten Nacht, das war mehr als nur ein Traum gewesen! Ängstlich blickte sich der Knecht um … Jeden Moment konnte die Fee mit ihren Kobolden kommen.
    Volker schwang sich aus dem Sattel und führte Lanzenbr e cher am Zügel auf die Lichtung. Gwalchmai folgte seinem Be i spiel. Golo fluchte. Er würde diesen Vorhof der Hölle nicht b e treten. Hinter ihm knackte es im Gebüsch. Seine Hand glitt zum Schwert. Die beiden ließen ihn hier zurück! Jetzt saß auch er ab. Vielleicht wäre er an der Seite der beiden besser aufgehoben. Immerhin hatten sie seit Kindesbeinen den Schwertkampf g e übt. Warum war er damals nicht in seinem Dorf geblieben, als der verfluchte Spielmann kam, um sich einen Knecht zu s u chen? Er hatte von Abenteuern geträumt und davon, sich im Ruhm seines Herren zu sonnen. Pferdemist! Warum hatte au s gerechnet er einen Verrückten zum Herren bekommen? Als er in das Dorf geritten war, sah Volker aus wie jeder andere Ritter auch!
    Golo nahm die beiden Pferde am Zügel und folgte dem Spielmann und Gwalchmai. Die zwei waren nur noch als dun k le Schemen im Nebel zu erkennen. Die Köpfe auf den Pfählen mußten sehr alt sein! Längst war alles Fleisch von den Knochen verschwunden.
    Etwas knackte. Erschrocken zog er seinen Fuß zurück. Er war auf einen Unterkiefer getreten, und der Knochen war zerbr o chen. Hastig schlug Golo ein Kreuz und betete ein Vaterunser. »Vergib mir, wenn ich dich mißachtet habe, toter Krieger. Bitte verfolge mich dafür nicht in meinen Träumen. Es war keine Absicht.« Ängstlich blickte er in die leeren Augenhöhlen der Toten. Halb rechnete er damit, daß einer der Schädel ihn mit dumpfer Grabesstimme verfluchen würde. Doch nichts regte sich.
    Vorsichtig ging er weiter und achtete jetzt genau darauf, w o hin er trat. Manche der Schädel waren mit Helmen geschmückt. Sie sahen seltsam aus.

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