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Nibelungen 07 - Das Zauberband

Nibelungen 07 - Das Zauberband

Titel: Nibelungen 07 - Das Zauberband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Held
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An der Art, wie Inmee sich erhob, erkannte er, daß der kurze Augenblick der Zartheit und der Wehmut vorüber war. Inmee war wieder ganz die schwarze Priesterin der dunklen Göttin, ihr Gesichtsausdruck wurde hart und kalt.
    Eine Weile standen sich die Frau und das Tier gegenüber und ließen einander nicht aus den Augen. Offenbar verständigten sie sich auf diese Weise. Raban dachte an die Bilder des Zauberschlosses, die er gesehen hatte, als er die Wölfin angeblickt hatte. Es war die Art des Tieres, sich mitzuteilen.
    Inmees Finger begannen nervös mit dem Rubin zu spielen, den sie immer noch um den Hals trug.
    »Warum sagt Ihr das erst jetzt? Ich werde sie töten! Brunhild darf nicht überleben! Sie ist nichts als eine junge Schwertmaid, sie hat kein Recht darauf, Hüterin des Feuers zu sein! Wir müssen sie finden!«
    Raban horchte auf. Anscheinend wußte die Wölfin, daß Brunhild die Verwandlung am Wasserfall überlebt hatte. Die Priesterin schritt unten zwischen den Felsen an dem mächtigen Tier vorbei, um von den Klippen herunterzuklettern, als die Wölfin sich ihr erneut knurrend in den Weg stellte. Wieder schauten Inmee und das Tier sich eine Weile an, bis die Priesterin den Rücken straffte.
    »Wie Ihr wollt«, hörte Raban sie sagen. Ihre Stimme klang eisig. Er konnte ihr ansehen, daß das, was die Wölfin ihr mitgeteilt hatte, ihr ganz und gar nicht gefiel. Zornig streckte die Priesterin das Kinn hervor. »Ich werde Brunhild Euch überlassen! Doch sorgt dafür, daß dieses verfluchte Weib mir niemals mehr unter die Augen kommt, denn ich werde sie töten, sobald ich die Gelegenheit dazu habe!« Mit diesen Worten eilte sie erhobenen Hauptes an der Wölfin vorbei und verschwand zwischen den Felsen.
    Raban fragte sich einen Augenblick lang, was der Dämon mit Brunhild vorhaben mochte, doch dann sah er, wie die Wölfin plötzlich den Kopf hob und ihn geradewegs anschaute, als habe sie die ganze Zeit von seiner Anwesenheit gewußt.
    Der Blick traf ihn trotz seiner heimlichen Sehnsucht danach so unerwartet, daß er sich einen Herzschlag lang an den Steinen festhalten mußte. Er spürte, wie der kühle, gelbe Strahl ihrer Augen ihn immer tiefer durchbohrte, als wolle er sein Herz treffen. Bilder von Brunhild und dem Mondscheintempel erwachten in seinem Inneren. Aber es waren finstere Bilder. Gleißend helle Blitze zuckten durch den nachtschwarzen Zaubergarten der Gwenyar, daß er erschrocken zusammenfuhr, als wäre er wirklich dort. Er sah Brunhild im Geist vor sich, wie sie sich zitternd im Tempel zusammenkrümmte, er hörte ihre verzweifelten Schreie und fühlte ihre peinigende Not, als wäre es seine eigene. Irgendwo krachte ein gewaltiger Donner nieder, daß er schon glaubte, der Mondscheintempel stürze ein. Dann war es plötzlich wieder still um ihn herum, nur sein Herz schlug laut und kräftig, und eine samtartige Stimme in seinem Kopf wiederholte unentwegt die gleichen Worte. »Du mußt sie retten! Hole sie aus dem Tempel! Nur du kannst sie retten…«
    Raban stand allein zwischen den grauen Klippen, nahe dem dunklen Ozean, der in der Ferne hin und wieder ein paar weiße Schaumkronen trug. Die Wölfin war verschwunden, und auch die Priesterin konnte er nirgends mehr entdecken.
    Fluchend kletterte er zwischen den grauen Steinblöcken wieder herab und rannte, so schnell er konnte, zu der Stelle, an der er Bortino verlassen hatte. Er und Brunhild waren Gefährten der Nacht. So einfach konnte er sie nicht ihrem Schicksal überlassen.
    Er schwang sich auf den Rücken des Hengstes und jagte den Weg zurück, den er gekommen war. Vielleicht kam er noch rechtzeitig, um sie aus dem Tempel zu holen.
     

     
    Brunhild rannte durch den Wald so schnell es der Weg zuließ. Atemlos sprang sie über felsige Wurzelenden und versteinerte Baumstämme. Immer wieder drehte sie sich um, sie konnte nichts erkennen, doch sie wußte genau, irgend etwas Unheimliches, Dunkles verfolgte sie auf leisen Pfoten. Es war plötzlich aus der Finsternis gekommen, die sich immer weiter ausgebreitet hatte. Weit vor sich sah sie den hellen, leuchtenden Lichtstreifen, auf den sie zulief, allmählich im Dunkeln verschwinden.
    Plötzlich stolperte sie und fiel auf den steinernen Boden. Keuchend wollte sie wieder aufspringen, doch ihr fehlte die Kraft dazu. Schon glaubte sie, das Wesen würde die Chance nutzen und sich auf sie stürzen, doch es geschah nichts. Eine Ewigkeit verging, ohne daß sie einen Laut vernahm. Offenbar wartete das, was in

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