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Nibelungengold 04 - Die Hexenkönigin

Nibelungengold 04 - Die Hexenkönigin

Titel: Nibelungengold 04 - Die Hexenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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Dolch in der Hand, und ängstigte sich augenscheinlich fast zu Tode. Seine Augen zuckten aufgeregt hin und her, und er hatte Mühe, die Beine stillzuhalten. Die beiden Pferde standen ganz in seiner Nähe.
    Mit Genugtuung, aber auch voller Sorge um Kriemhild, erkannte Jodokus, daß Hagen noch nicht zurückgekehrt war. Mochte der Teufel wissen, wohin es ihn und die Prinzessin verschlagen hatte. Wenn sie weiter mit dieser Geschwindigkeit nach Norden liefen, würden sie irgendwann ins Meer fallen.
    Auf meine Art. Pah! Jodokus faßte einen Entschluß und dachte dabei, daß es allein seine eigene Art und Weise war, von der alles weitere abhing.
    Obwohl Kriemhild es anzweifeln mochte, wußte er gut mit seiner Stimme umzugehen. Jetzt stellte er es unter Beweis, indem er das Heulen eines hungrigen Wolfes ausstieß, leise, als sei das Tier noch weit entfernt. Sogleich schrak der Kleine am Feuer angstvoll zusammen und spähte mit verkniffenen Augen in Jodokus’ Richtung. In der Dunkelheit aber vermochte er nichts zu erkennen, und so wuchs seine Furcht nur noch weiter.
    Das Ganze begann dem Sänger allmählich Spaß zu bereiten, vor allem, da er selbst sich unsichtbar fühlte, der Junge aber weithin zu sehen war. Dennoch, so rief er sich selbst zur Vernunft, war er nicht hier, um Streiche zu spielen. Er war sicher, daß der Junge das Feuer gegen die ausdrückliche Anweisung seines Begleiters entfacht hatte, wahrscheinlich erst, als Hagen nach Anbruch der Nacht nicht zurückgekehrt war. Ein Glück für Jodokus.
    Lautlos schlich er heran, achtete aber darauf, nicht in den Lichtkreis der Flammen zu geraten. Kriemhild hatte ihm erzählt, daß der Schimmel ihr gehörte, und der Sänger vertraute darauf, daß das Tier den Geruch der Prinzessin an seiner Kleidung wahrnahm. Freilich, er hätte einfach auf den Jungen zugehen, sich auf ein Handgemenge mit ihm einlassen und ihm eins überziehen können. Lieber aber wollte er versuchen, die Pferde zu stehlen, ohne daß der Kleine es bemerkte. Erst das war eine wahre Herausforderung!
    Jodokus umrundete das Lager so weit, bis sich die Tiere genau zwischen ihm und dem Jungen befanden. Dann erst pirschte er näher heran. Im hohen Gras verursachten seine Sohlen nicht mehr als ein sanftes Rascheln, und selbst das ging unter im Säuseln der Nachtwinde, die über die Hügel strichen. Er erreichte den Schimmel und ließ dem Tier ausreichend Zeit, sich an seine Nähe zu gewöhnen. Tatsächlich schien das Pferd Kriemhilds Gerüche wiederzuerkennen und ließ ohne einen Laut geschehen, daß der Sänger das Seil löste, mit dem es an einem niedrigen Strauch gebunden war.
    Wieder warf Jodokus einen Blick zu dem Jungen hinüber, diesmal zwischen den Beinen der Tiere hindurch. Der Kleine klammerte sich an den Dolch, als wollte er eine ganze Armee damit zur Strecke bringen. Sein Blick aber war nach Norden gerichtet, weit abgewandt von Jodokus und den beiden Pferden.
    Der Sänger lächelte still vor sich hin, richtete sich wieder auf und näherte sich dem zweiten Roß. Hier mochte die Angelegenheit schwieriger werden. Erstens stand Hagens Pferd näher am Feuer, zum zweiten mochte es auf seine Weise genauso gefährlich sein wie sein Reiter. Einen Pferdebiß oder einen Tritt mit dem Huf konnte Jodokus jetzt am allerwenigsten gebrauchen.
    Er machte einen Bogen um alle bedrohlichen Teile des Tieres und löste den Knoten seiner Fessel. Das Roß hielt still, doch seine Augen schienen jede Regung des Sängers genau zu beobachten, als wartete es nur darauf, daß er in seine Reichweite kam; spätestens dann würde es zustoßen wie eine Schlange. Die Vorstellung steigerte nicht gerade die des Sängers Zuneigung für das Tier.
    Blitzschnell huschte er mit dem Seil zurück zu Kriemhilds Schimmel. Er befestigte das Ende des Stricks am Sattel, bis beide Pferde fest miteinander verbunden waren. Zuletzt schwang er sich auf den Rücken der weißen Stute.
    Das Leder des Sattels knirschte vernehmlich, und der Junge fuhr herum. Er sah voller Entsetzen die Gestalt auf dem Rücken des Schimmels und hielt den Dolch wie ein Breitschwert vor sich. Die Spitze wies auf Jodokus, doch zitterte sie kaum weniger als die Knie des Kleinen.
    »Wer da?« rief er aus.
    »Ein Freund des Königs«, gab Jodokus zurück. Das war vielleicht nicht ganz die Wahrheit: ›Ein Freund der Schwester des Königs‹ wäre wohl richtiger gewesen, doch für solche Haarspaltereien blieb jetzt keine Zeit.
    »Ich sehe nur einen Pferdedieb!« rief der Junge mit

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