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Nibelungengold 04 - Die Hexenkönigin

Nibelungengold 04 - Die Hexenkönigin

Titel: Nibelungengold 04 - Die Hexenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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abgesehen davon, daß der Junge auf ihrem eigenen Pferd geritten war, auf Lavendel!
    Jodokus straffte sich und starrte sie düster an. »Ein Berater des Königs macht sich auf, dich zu suchen? Ohne Soldaten, die ihn schützen?« Er schnaubte. »Komm schon, gewiß fällt dir etwas –«
    »Hagen ist sich Schutz genug«, unterbrach sie ihn scharf.
    »Du mußt ihm verflucht viel bedeuten, wenn er persönlich nach dir sucht.«
    »Hagen? Er handelt nur im Auftrag des Königs.«
    »König Günther?«
    Sie nickte. »Mein Bruder.«
    Jodokus sah aus, als hätte sie ihm mit dem dicksten Ast, den sie finden konnte, vor die Stirn geschlagen. »Ich hätte es mir denken sollen.«
    »Daß ich des Königs Schwester bin?«
    Er schüttelte benommen den Kopf. »Daß ich mir mit dir nur noch mehr Ärger einhandle.«
    »Einen, den die Götter jagen, sollte das nicht allzu arg belasten.«
    Sein Blick verfinsterte sich einen Augenblick lang, doch dann verzogen sich seine Lippen zu einem lausbübischen Grinsen. »So groß kann der Schreck nicht gewesen sein, wenn du schon wieder anfängst zu streiten.«
    Eilig rappelte sie sich auf, blickte vorsichtig aus dem Gebüsch und trat erst ins Freie, als sie ganz sicher sein konnte, daß die beiden Reiter verschwunden waren.
    Von nun an würden sie Hagen jederzeit über den Weg laufen können, jetzt, da er vor ihnen war. Er verstand genug vom Spurenlesen, um bald zu bemerken, daß es keine Spuren mehr gab. Spätestens dann mußte ihm klarwerden, daß er Kriemhild längst eingeholt hatte. Und es mangelte ihm nicht an der nötigen Geduld, sie unterwegs zu erwarten.
    »Gibt es noch einen anderen Weg zu Salomes Zopf?« fragte sie, als Jodokus neben ihr auf den Weg trat und argwöhnisch nach Osten spähte.
    »Wenn du zwei Wochen Zeit hast, gewiß.«
    Sie fluchte leise, dann versank sie in nachdenklichem Schweigen.
    Jodokus ergriff ihre Hand und zog sie herum, bis sie gezwungen war, ihm in die Augen zu sehen. »Weißt du eigentlich, was man mit mir anstellen wird, wenn herauskommt, daß ich der Schwester des Königs geholfen habe, ihre Unschuld zu verlieren?«
    »Keine Sorge, deine Beteiligung daran endet vor Berenikes Tür.«
    Er grinste. »Das schätze ich so an dir: die feinsinnige Höflichkeit, mit der du gewisse Dinge klarstellst.« So leise, daß sie es gerade noch hören konnte, fügte er hinzu: »Und dabei deine eigenen Hoffnungen fahren läßt.«
    »Meine eigenen Hoffnungen?« wiederholte sie atemlos.
    Sein Grinsen wurde noch breiter. »Du kannst nicht abstreiten, daß du mich magst.«
    »Es gibt einen Unterschied zwischen mögen und mögen«, fuhr sie ihn an, viel zu laut angesichts ihrer ungewissen Lage. »Zum Beispiel würde ich es mögen, dir eine Ohrfeige zu geben, und wenn ich scharf nachdenke, fällt mir bestimmt noch die eine oder andere Scheußlichkeit ein.«
    »Was dem einen scheußlich, ist dem anderen der Himmel.« Jetzt sah er aus, als könnte er sich ein lautes Lachen kaum mehr verkneifen. »Wo ziehst du die Grenze, Prinzessin?«
    Schlagartig bemerkte sie, daß er immer noch ihre Hand hielt. Viel zu hastig riß sie sich los. »Du –!«
    »Psst.« Er legte respektlos seinen bürgerlichen Sängerfinger auf ihren königlichen Schmollmund. »Und, Vorsicht: Beim nächsten Mal könnten es meine Lippen sein.«
    Und damit ließ er sie stehen und folgte schnurstracks dem Weg nach Osten.
    Kriemhild blieb einen Moment lang stehen und starrte ihm fassungslos nach; noch immer wölbte sich sein Wams über dem Weinschlauch wie ein Buckel. Schließlich wurde ihre Bestürzung von Wut verdrängt, und das war ihr nur recht: Mit ihrem Zorn konnte sie besser umgehen als mit Empfindungen, die sie nicht verstand und gegen die sie nicht ankämpfen konnte.
    Als sie aber loslief und ihn einholte, da schrie sie ihn nicht an und machte auch keine bösen Bemerkungen mehr. Sie nahm sich fest vor, ihn mit eherner Mißachtung zu strafen. Das würde ihm zu schaffen machen!
    Doch dann sagte er: »Ich glaube, ich weiß, warum es noch keinen Gegenzug gegeben hat«, und all ihre guten Vorsätze waren dahin.
    »Weshalb?«
    »Sie sammeln ihre Kräfte.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Daß sie das Ende vorbereiten. Das große Finale.« Er wandte den Kopf und sah sie eindringlich von der Seite an. »Verstehst du, Prinzessin? Falls ich recht behalte, stehen wir kurz vor dem Schachmatt.«
    Am frühen Abend lichtete sich das Waldland, und die Masse aus dunklem Tann und hohen, mächtigen Laubbäumen löste sich auf in eine

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