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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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Chance.
    Atemlos verfolgten die Gaffer das Geschehen. Auf der einen Seite stand Astorre murrend neben Felix und Julius, die einander immer noch umklammerten. Lionetto und seine Kumpane, die sich fluchend um ihn scharten, standen auf einem freien Fleck bei der Mole.
    Die Männer hinter Simon, den jetzt nur noch zwölf Schritte vom Ende des Kais und dem Wasser trennten, machten Platz. Astorre grunzte mißgelaunt. »Der Teufel soll sie holen! Wer gewinnt, wenn beide Tölpel ins Wasser fallen?«
    »Zumindest setzt das dem Ganzen ein Ende«, sagte Julius und biß sich auf die Lippe. Bestimmt würde der Schotte, der noch voller Kampfgeist war, ausbrechen und sich wegducken, sich nicht bis ans Kaiende drängen lassen. Oder ließe er den anderen gegen sich anrennen und würde dann seitlich ausweichen, so daß Claes mit Schwung ins Wasser fiele?
    Wenn er das im Sinn hatte, dachte Julius, wäre es besser, rasch zu handeln. Und irgend jemand müßte den geschlagenen Dummkopf aus dem Wasser fischen, ehe er vor Erschöpfung ertrank.
    Vielleicht plante der reizbare Schotte, Claes ins Wasser rennen zu lassen. Vielleicht wollte er mit ihm Katz und Maus spielen, ihn erst im letzten Augenblick zurückdrängen und ihm dann ärger zusetzen als vorher. Tatsächlich kam es zu einem Handgemenge; fast sah es aus, als hätte Simon die Stellung gewechselt, sei aber auf größeren Widerstand gestoßen als erwartet. Später, und obwohl kein einziger es mit Sicherheit wußte, schworen die Schaulustigen, die dicht dran gestanden hatten, Claes habe seinen Spieß weggeschleudert, seinen Gegner an den Armen gepackt und ihn mit sich ins Wasser gerissen.
    Sicher war, ehe sie von der Mole verschwanden, ließen beide die Stöcke fallen, die auf das Pflaster krachten. Selbst Lionetto, der ganz in der Nähe gestanden hatte, mußte später zugeben, daß der Schotte keinen Spieß mehr gehabt hatte, als er an ihm vorbeikam.
    Und nur in diesem einen Augenblick sahen die Leute, was geschah. In dem Augenblick, in dem Claes und sein Peiniger ineinander verkrallt von der Mole ins tiefe Hafenbecken stürzten.
    Das Geschrei steigerte sich zum Gebrüll und erstarb dann. Auf der Mole sah man nur einen leeren Kampfplatz. Und im Wasser, das an die Kaimauer klatschte, einen sich weitenden Kreis.
    Unter lautem Rufen drängten sich die Leute jetzt ans Ende der Mole. Julius jedoch riß seinen Konsulententalar herunter, löste den Gürtel samt Geldkatze, warf beides Felix zu und sprang ins Wasser, obwohl er ein besonders prächtiges Wams trug.
    Den goldblonden Schopf des Schotten, der gemächlich auf die Stufen der Mole zuschwamm und offenkundig keiner Hilfe bedurfte, entdeckte er sogleich. Von Claes hingegen keine Spur, und als Julius den Schwimmer fragend anrief, wandte der nicht einmal den Kopf.
    Noch immer kräuselte sich an der Stelle, wo die beiden Männer untergetaucht waren, das Wasser. Julius schwamm darauf zu.
    Als er näher kam, sah er das Blut, das sich wie das Rot der Wellhornschnecke in einer Färberküpe nach oben schraubte.
    Er holte tief Luft, tauchte und entdeckte Claes’ treibenden Körper.
    Da es schien, als sei der Bursche tot, was ärgerlich gewesen wäre, schritt Kommodore Duodo, gefolgt vom Griechen de’ Acciajuoli und vom Schiffsarzt, von seiner Galeere würdevoll zur Mole. Als sie dort anlangten, wichen alle zurück, bis auf einen Kahlköpfigen, der neben dem leblosen, halbnackten und grotesk verfärbten Körper kniete und sich mißmutig daran zu schaffen machte.
    »Eine unglückselige Geschichte«, sagte Messer Duodo mit gedämpfter Stimme.
    Lionetto und Astorre wechselten einen Blick. Lionetto trat einen kleinen Schritt vor. »Das Wasser haben sie raus aus ihm«, erklärte er. »Leute solchen Schlags erholen sich schnell. In ein, zwei Wochen ist der wieder auf den Beinen.«
    »Der Bursche lebt also«, stellte der Kommodore fest. Denn der Augenschein trog. Die Augen des Jungen waren geschlossen, die Wangen eingefallen. Zudem blutete er. »Was für eine Wunde ist es? Kann mein Arzt helfen?«
    Ohne aufzublicken, erwiderte der Kahlköpfige: »Bin selbst einer. Aber ich könnte ordentliches Verbandszeug und eine Salbe gebrauchen. Eine Stichwunde.«
    Jetzt mischte sich der Grieche ein und fragte scharf: »Eine Stichwunde?«
    Alle verstummten. Der Schiffsarzt stellte seine Tasche ab, kniete sich hin und öffnete sie. »Ehe sie ins Wasser fielen, hat der Schotte nach der Schere gegriffen und zugestochen«, erklärte Astorre.
    Lionetto war das Blut ins

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