Nicht mein Märchen (spezieller Festtags-Preis) (German Edition)
ständig seine Cowboy-Stiefel trug.
„Schade nur, dass er verheiratet ist.“
„Ist er nicht.“
„Verlobt?“
„He? Nö.“ Ich stellte zwei Tassen aufs Tablett und begann den Kaffee einzuschenken.
„Aber er trägt einen Ring.“
„Nein, das ist ein… wie nennt man das nochmal? Ein Keuschheitsring.“
„Oh, Texaner und religiös.“
„Du sagst das so, als wäre das was Schlimmes.“
„Aber schöner Hintern.“
„Jo, ich erzähl ihm, dass du das gesagt hast.“ Ich begab mich zu dem Tisch den Matthew frei gehalten hatte und ließ Abbys Gekicher hinter mir. Das Flying Star war ein Restaurant mit Kaffeelounge. Das Dekor hatte helle Primärfarben. Ein großer Glaskasten voller Gebäck dominierte den Tresen und eine der Wände bestand komplett aus Zeitschrift-Regalen. Der Laden hatte einige Steckdosen und WiFi, daher hingen hier während des Semesters viele Studenten mit ihren Laptops ab. Außerdem war es ein ziemlich beliebter Platz für Mittag- und Abendessen. Der Besucherandrang hatte bereits zugenommen, und zwei weitere Angestellte waren gerade aufgetaucht um mitzuhelfen.
„Also, wann ist das passiert?“ Als ich mich hinsetzte, hielt Matthew die Zeitung hoch.
Ich glitt auf meinen Stuhl, setzte ihm den Kaffee vor die Nase und tat die Zeitung mit einer wedelnden Handbewegung ab. „Bin ihm über den Weg gelaufen, nachdem wir gestern fertig waren. Na, wie aufregend war das gestern? Zwei ganze Stunden Hollywood-Erfahrung.“
Er schaute mich seltsam an, während er an seinem Kaffee nippte. „Du hast kein Wort darüber verloren was passiert ist, nachdem der Typ dich abgeholt hat.“
„Das ist mir ein bisschen peinlich.“
„Wie, peinlich? Hat sich Vanderholt an dich rangemacht oder so?“
„ Nein . Natürlich nicht.“
Aber Matthew nippte weiter an seinem Kaffee und sagte: „Ich habe mitbekommen, wie er dich angesehen hat, als wir in der Schlange standen.“
„Was soll das denn bedeuten?“
„Du bist ihm aufgefallen. Da kannst du ‘nem anderen Kerl ruhig glauben. Ich hab’s gesehen.“
„Er hat sich nicht an mich rangemacht und wir hatten auch keine heiße Affäre. Es war eine andere Art von peinlich.“
„Okay.“
Ich kippte zwei Päckchen Zucker in meinen Kaffee und rührte um. „Kannst du ein Geheimnis bewahren?“
„Weißt du doch.“
„Als meine Mutter sechzehn war, hatte sie eine Affäre mit ihrem verheirateten Chef. Sie bekam mich, als sie siebzehn war und ließ die Affäre für über zehn Jahre weiterlaufen. Der Chef war Dr. Winters, der Zahnarzt. Jason war mit Chris Winters, Dr. Winters Sohn, befreundet. Also, als er mich fragte ob ich mit Chris verwandt wäre…“
Matthew blinzelte.
Ich schlürfte an meinem Kaffee, der immer noch etwas bitter schmeckte, trotz all des Zuckers. „Ja-ha.“
„Ich hatte ja keine Ahnung.“ Er beugte sich zu mir herüber.
„Tja. Aber das bedeutet nichts mehr. Zumindest mir nicht. Ich lebe nicht mehr zu Hause und-“
„Chloe, du bist auf dem besten Weg zur Abschlussrednerin des Jahrgangs.“
„Was auch immer.“
„Ich hatte keine Ahnung, dass du so einen Familien-Hintergrund hast.“
„Du wusstest, dass ich auf der Rio Grande High School war und eine alleinerziehende Mutter hatte. Das war ja das Wesentliche.“
„Ich kenne die High Schools aus der Gegend hier nicht.“
„Rio Grande ist eine der ärmeren Gegenden. Ich meine, die High School ist nicht schlecht… naja, manche würde sagen sie ist’s. Es ist nicht La Cueva, ok? Dort sind Jason Vanderholt und mein Halbbruder hingegangen. Die liegt dort oben in den Northeast Heights, wo die Grundstückspreise etwas höher sind. Sie hat diesen seltsamen Achtziger-Look, gebaut wie ein Shopping Center oder sowas, aber egal. Ist auf jeden Fall eine der besseren Schulen und ungefähr das genaue Gegenteil von der Rio Grande.“
„Okay. Mann ey, das muss ja echt ne ätzende Unterhaltung gewesen sein.“
„Ja, die Winters sind ziemlich bekannt. Man kann sogar Werbung für Dr. Winters Zahnarztpraxis-“
„Im Radio hören, ich weiß. Ich hab allerdings nie darüber nachgedacht, dass du ja den gleichen Nachnamen hast, das hätte ich wohl tun sollen. Der ganze Staat hier ist ja wie ne Kleinstadt.“
„Heißt ja nicht, dass wir alle miteinander verwandt sind.“
Matthew nahm einen großen Schluck Kaffee. Sein Keuschheitsring blitzte im Sonnenlicht. „Naja,“ sagte er, „ich wusste ja, dass du cool bist. Nur nicht, wie cool.“ Er zwinkerte mir zu.
Das Zwinkern
Weitere Kostenlose Bücher