Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante
uns in seinem Arbeitszimmer.
»Was kann ich für Sie tun, Ladys?«
»Mr. Blair«, begann Janice, »ich glaube, India hat irrtümlich das Ballkleid meiner Tochter aus Michel’s Laden abgeholt.« Nicht einmal meine Schwägerin wollte Hunter Blairs Tochter eines heimtückischen Diebstahls bezichtigen.
Als wir das riesige Arbeitszimmer mit den wuchtigen Möbeln und dicken Teppichen betreten hatten, war Hunter nicht aufgestanden. Jetzt musterte er uns eine Zeit lang, dann bellte er: »India!«
Die junge Dame erschien, aber erst, nachdem ein Dienstbote durch das Haus geeilt war, um sie zu suchen. »Was gibt’s, Daddy?«
»Nun, diese Ladys behaupten, du hättest ein Kleid genommen, das einem anderen Mädchen gehört.«
»Irrtümlich«, wiederholte Janice.
Hunter ignorierte sie. »Stimmt das?«
»Keine Ahnung, wovon sie reden, Daddy«, entgegnete India verächtlich.
»Von dem Kleid, das Sie letzte Woche irrtümlich aus Michels Laden geholt haben«, erläuterte Janice.
India attackierte uns mit einer rebellischen Teenager-Miene. »Moment mal, ich habe schon ein Kleid. Das hat Daddy in New York gekauft.«
Nachdenklich lehnte er sich in seinem Sessel zurück.
»Sir«, sagte Janice, »sicher irrt sie sich.«
»Da liegen ziemlich viele Irrtümer in der Luft.«
»Vielleicht dürfen wir den Kleiderschrank Ihrer Tochter inspizieren«, schlug Janice vor.
»O Daddy, das ist so unfair!«
Hunter stand auf. »Schauen wir mal.«
»Aber das ist eine Lüge!« Die Augen verengt vor Zorn, klagte India, man würde ihr nicht vertrauen.
Damit beeindruckte sie ihren Vater nicht. Zu viert stiegen wir die Treppe hinauf und gingen in ihr Zimmer, wo sie eine weitere Show abzog und in Tränen ausbrach - wenn ich auch nicht wusste, warum.
»Das weiß ich, du hasst mich!«, schrie sie ihren Dad an.
»Benimm dich nicht so albern wie deine Mutter.«
Bei diesem Befehl zuckten Janice und ich zusammen.
Indias Tränen versiegten, ihr Gesicht nahm einen eisigen Ausdruck an. »Würde ich mich wie meine Mutter verhalten, wäre ich längst davongelaufen und nie mehr zurückgekommen. So wie sie.«
Erbost starrten sie sich an, in einen Kampf verstrickt, der offenbar schon seit Jahren tobte.
Wie ein Wirbelsturm fiel er über den Schrank her. Nur damit Sie’s wissen - in South Willow Creek gibt es Häuser, die kleiner sind als Indias Schrank. Da reihten sich unzählige Schuhe aneinander, gläserne Schubladen waren mit Schmuck vollgestopft. Und an den Stangen hingen so viele Kleider, wie ich sie in meinem ganzen Leben nicht besitzen würde. Wenn so etwas einen Menschen glücklich machen konnte, musste diesem Mädchen vor lauter Glück geradezu schwindlig werden.
»Da ist nichts«, verkündete er unwirsch, wandte sich ab und verließ das Zimmer.
»India …«, begann ich.
»Halten Sie bloß den Mund!«, unterbrach sie mich, rannte in ihr Bad und warf die Tür hinter sich zu.
Resigniert schauten Janice und ich uns an. »Gehen wir«, sagte sie.
Auf dem Weg zum Volvo entdeckte ich Indias Jeep. »Schauen wir mal in ihr Auto.«
Sekunden spähten wir in das große Vehikel.
»Kein Kleid«, lamentierte Janice.
»Warte mal!« Ich zog eine große Einkaufstüte von Michel’s House of Brides heraus. Leider steckte kein Kleid darin.
India stürmte aus der Haustür. »Was machen Sie denn da?«, kreischte sie.
Ich hielt die Einkaufstüte hoch.
»Und?«, schrie sie.
»Wieso liegt eine Einkaufstüte von Michel’s in Ihrem Jeep?«
Indias Wangen färbten sich feuerrot. »Wie soll ich das wissen? Wahrscheinlich haben Tiki oder Abby sie drin liegen lassen.«
»Tatsächlich? Und ich dachte, Sie reden nicht mehr mit den beiden.«
»Was ist das? Eine Inquisition? Verdammt noch mal, ich habe das blöde Kleid nicht, also lassen Sie mich in Ruhe!«
»Nicht zu fassen!«, fauchte Janice, als wir die Willows verließen. »India hat das Kleid geklaut. Da bin ich mir ganz sicher. Aber wer weiß, wo sie es versteckt hat!« Seufzend fügte sie hinzu: »Morgan wird unglücklich sein. Aber irgendwann muss jedes Mädchen die Realität des Lebens kennenlernen. Dazu gehört auch, dass manche Leute schreckliche Dinge tun. Und es ist meine Pflicht,
meine Tochter auf die Welt vorzubereiten, in der sie ihr Dasein fristen muss - die Welt, in die wir diese Mädchen schicken, nicht wahr?«
Fragte sie das wirklich? Oder stellte sie nur eine dieser tückischen rhetorischen Fragen, auf die man keine Antwort erwartetet - und auf die man auch gar keine hören
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