Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante
Morgans Cyndi-Lauper-Regenbogenhaar neutralisiert worden und zeigte nun das natürliche, von ihrer Mutter geerbte dunkle Braun. Mit ihren gro ßen violetten Augen und dem milchweißen Teint war sie zweifellos das attraktivste Mädchen in diesem Raum. Wer konnte ahnen, welche Schönheit die ungekämmten orangegelben und roten Strähnen verborgen hatten?
»Wie hübsch du aussiehst!«, sagte ich.
Allzu glücklich wirkte sie nicht, als sie, von ihrem glatten dunklen Haar umweht, zum Sofa ging. Sie setzte sich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Unsinn …«
»Wenn dir dein neuer Look missfällt, kannst du deine Teilnahme an dieser Travestie immer noch abblasen«, schlug Janice vor.
»Gib’s auf, Mom, ich mach’s.«
Die restlichen Mitglieder der Gruppe wechselten verwirrte Blicke.
»Travestie?«
»Abblasen?«
»Janice«, mahnte ich mit gepresster Stimme, »ich fürchte, du vermittelst den jungen Damen einen falschen Eindruck.«
Da trat meine Schwägerin, eine ältere Version ihrer Tochter, neben mich und schenkte den Mädchen ein heuchlerisches Lächeln. »Oh, unser Fest wird ganz sicher großartig.«
Meine Schläfen begannen schmerzhaft zu pochen.
»Fangen wir an.« Ich stand vor dem Kamin, Janice an meiner Seite. »In knapp drei Monaten werden Sie ein wunderbares Ereignis erleben - und diese Erinnerung Ihr Leben lang wie einen kostbaren Schatz hüten.«
Die Janice, die ich kannte und nicht liebte, schnaufte verächtlich, allerdings nur ganz leise. Wer durfte ihr das verübeln? Ich gewiss nicht, denn ich würde mein eigenes Debüt zwar nie vergessen, aber immer nur mit Grausen daran zurückdenken.
»Jetzt sollten sich alle einander vorstellen, auch die Mütter - und die Großmutter.«
Voller Stolz erhob sich India. Der Großteil ihres Rocks war offenbar daheimgeblieben. Die glanzlosen blonden Haare hatte sie in wildem Durcheinander mit mehreren Schmetterlingsklemmen festgesteckt. »Ich bin India Blair. Was ihr sicher alle wisst. Und das ist meine Großmutter, Gertrude Blair. Heute ist meine Mutter nicht da. Aber sie wird auf den Ball kommen, weil sie mich innig liebt.«
Während Gertrude beklommen blinzelte, schauten die anderen ziemlich verblüfft drein - wahrscheinlich wegen des Gerüchts, Indias Mutter habe unmissverständlich bekundet, nichts von ihrem ältesten Kind wissen zu wollen. Zumindest wurde das von sämtlichen Klatschmäulern behauptet.
Der peinliche Moment fand ein barmherziges Ende, denn das Gefolge stand auf, so spärlich bekleidet wie an jenem Tag, als es mit India hereingeschneit war, um sich für den Debütantinnenball anzumelden.
»Also, ich bin Tiki Beeker. Und da ist Persy, meine Mom.«
Persy Beeker sah aus wie eine Frau, die viel Zeit und Geld in ihre äußere Erscheinung investierte. In ihrem Haar schimmerten perfekte helle Strähnen, die Fingernägel waren perfekt manikürt, das Outfit wirkte teuer, aber nicht protzig. Da jede Debütantin eine Party geben musste, hegte ich die Hoffnung, Persy Beeker würde ein geschmackvolles Fest arrangieren. Andererseits erlaubte sie ihrer Tochter, wie ein Flittchen herumzulaufen.
Nun erhob sich Abby Bateman, nannte ihren Namen und fügte hinzu: »Ich bin India und Tikis Freundin, und das ist meine Mom.« Dann setzte sie sich wieder.
Lächelnd stellte sich ihre Mutter vor. Aber sie stand nicht auf. Im Gegensatz zu Persy Beekers dezenter Eleganz trug Wilma Bateman praktische Kleidung, und an ihren dicken Beinen zeigte sich der matte Schimmer einer Stützstrumpfhose.
Als Nächste kamen Merrily Bennett und Betty an die Reihe. Danach präsentierte sich Ruth Smith, die Favoritin meiner Schwägerin, weil sie den Vorsitz im Diskussionsteam der Highschool führte, Artikel für die Willow Creek High Gazette schrieb und eine intellektuelle Ausstrahlung besaß. Ihre kurzen braunen Haare waren leicht gelockt, die hellen Augen so unscheinbar wie ihre Kleidung. An dieser jungen Dame fielen einem nur die geschnürten Oxford-Schuhe auf. Ob sie damit ein Vintage-Statement ihrer Individualität abgeben wollte, konnte ich nicht feststellen. Vielleicht hielt sie es auch einfach nur für überflüssig, aus ihren Grundschulschuhen herauszuwachsen.
Ihre Mutter Olive stand auf und erklärte, ihr Mann Thomas sei der Besitzer einer Drive-in-Ladenkette für Spirituosen, die in ganz Texas vertreten sei. Falls wir in einem dieser Geschäfte einkaufen würden, versprach sie uns einen Rabatt. Das fand ich seltsam, aber gar nicht so übel. Die Smiths waren
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