Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante
floh ich in die Küche und steuerte geradewegs die Kanne mit Kaffee an, die Lupe immer bereithielt - oder was Hochprozentiges.
Sie saß an der Küchentheke und polierte Besteck. Normalerweise genoss es meine Mutter, das Tafelsilber (sie besaß mindestens vier Sätze) selbst zu putzen, aber in diesen Tagen fand sie keine Zeit mehr dafür, weil sie so oft das Bett hüten musste.
Am Herd läutete der Timer. Lupe legte den Putzlappen und eine Gabel beiseite. Dann zog sie ihre Gummihandschuhe aus und nahm ein Blech mit Keksen aus dem Backofen. Obwohl ich kein Fan von Tafelsilber bin wie die anderen Familienmitglieder, war ich mit dem Zeug aufgewachsen und konnte es im Schlaf polieren. In diesem Moment hielt ich das für eine perfekte Beschäftigung. So nützlich wie Meditieren. Es würde mir eine Möglichkeit bieten, meine wirren Gedanken zu ordnen und zu überlegen, wie ich vorgehen sollte.
Leider ließ es sich nicht leugnen - in Willow Creek genügte es nicht, im Geld zu schwimmen, wenn man von der Oberschicht akzeptiert werden wollte. Dazu brauchte man Eleganz, Witz, Stil und einen gewissen Sinn für noblesse oblige . Letzteres durfte ich von den meisten Mädchen,
deren Familien die Symphony Association vor der Pleite retten würden, nicht erwarten. Also musste ich mich auf die drei anderen Kategorien konzentrieren und den Debütantinnen die nötigen Verhaltensweisen beibringen.
Mein Handy klingelte. Wie mir das Display verriet, rief wieder einmal mein Büro an. »Ja?«
»Carlisle, hier ist Pam.«
Wegen der schlechten Verbindung klang es eher wie »Car-mmmmm.«
»Sorry, Pam, ich verstehe dich nicht.«
Aus der Leitung tönte irgendwas von wichtigen Neuigkeiten.
»Ich rufe dich auf dem Festnetz an«, erklärte ich meiner Assistentin und drückte die Aus-Taste meines Handys. Dann ging ich zum Telefon an der Küchenwand und wählte die Nummer meines Büros.
»Miss Cushings Büro.«
»Pam, ich bin’s.«
»Was ist Wainwright House?«
»Wieso?«
»Auf dem Display steht ›Wainwright House‹.«
»Oh - oh - da wohne ich. Was hast du vorhin gesagt?«
»Das wirst du nicht glauben! Mel Townsend, der reichste Bonze von Boston, hat angerufen, weil er mit dir über seine Scheidung reden will. Carlisle, wir sind auf dem Weg nach oben - das heißt, du bist’s! Deshalb musst du unbedingt zurückkommen.«
Wie ich zugeben musste, schlug mein Puls ein bisschen schneller - vielleicht sogar viel schneller. O Gott, was sollte
ich tun? »Jetzt kann ich nicht zurückkommen, Pam, ich stecke mitten im Scheidungsfall meiner Mutter.«
»Hör mal, es geht um Mel Townsend! Da darfst du nicht Nein sagen.«
»Gib mir seine Nummer, ich rufe ihn an.«
Nachdem ich die Info erhalten hatte, hängte ich ein. Was für ein Konflikt … Mel Townsend würde mir zur ganz großen Karriere verhelfen. Aber konnte ich hier alles stehen und liegen lassen und das Wort brechen, das ich meiner Mutter gegeben hatte?
Während Lupe in der Küche herumrumorte, zog ich die Gummihandschuhe wieder an, ergriff den Putzlappen und machte mich ans Werk. Nun brauchte ich Zeit, um nachzudenken. Dringender denn je. Meine Hände begannen einem bestimmten Rhythmus zu folgen. Allmählich bewegten sich meine wirren Gedanken wieder in geordneten Bahnen. Als ich die Hälfte des antiken Silbers poliert hatte, das von einer Generation zur nächsten vererbt worden war, läutete das Telefon.
Lupe meldete sich. Nur vage nahm ich wahr, wie unfreundlich sie den Anrufer abzuwimmeln versuchte, der das Pech hatte, sie bei der Arbeit zu stören.
»Nein, ich sage doch - sie kann nicht mit Ihnen reden«, fauchte sie ungeduldig. »Sie putzt gerade das Silber … Wer ist am Apparat?« Sie lauschte. »Felipe?«
Jetzt horchte ich auf. Felipe? Erfreut lächelte ich, dann sprang ich auf. Klirrend fiel das Besteck zu Boden, und ich riss den Hörer aus Lupes Hand. »Phillip!«
Die Haushälterin schnaufte empört, und ich presste den Hörer an meine Brust.
»Schon gut, ich spreche mit ihm. Und, Lupe - dass er angerufen hat, bleibt unter uns, okay?«
»Pah!«, murmelte sie und stapfte davon.
Ich wartete, bis sie außer Hörweite war, bevor ich tief Atem holte und mich wieder am Telefon meldete. »Phillip …«
»Was geht da vor?«, fragte er.
»Nichts, nichts - ich habe gerade das Silber poliert, und Lupe wollte nicht, dass ich meine Arbeit unterbreche.«
»Ist Lupe die Chefin deiner Mutter?«
»Äh …«
»Bist du nur nach Texas geflogen, um als Haushaltshilfe zu
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