Nicht so laut vor Jericho
wär’s und Sie drücken ausnahmsweise einmal ein Auge zu, Inspektor?«
Der Polizist füllte mit genießerischer Langsamkeit den Strafzettel aus, befestigte ihn am Scheibenwischer und sah Jossele durchdringend an:
»Können Sie lesen, Herr?«
»Gewiß.«
»Dann lesen Sie, was auf dieser Tafel steht!«
»Parken verboten von 0 bis 24 Uhr«, murmelte Jossele schuldbewußt. »Aber wegen einer lächerlichen Minute… wegen einer solchen Lappalie…«
»Noch eine einzige derartige Bemerkung, Herr, und ich bringe auch den Paragraph 17 in Anwendung, weil Sie zu weit vom Randstein geparkt haben.«
»Sehen Sie?« fragte Jossele. »Das ist der Grund, warum die Menschen Sie hassen.«
»Paragraph 17«, antwortete der Ordnungshüter, während er ein neues Strafmandat ausschrieb. »Und wenn Sie mich noch lange provozieren, verhafte ich Sie.«
»Warum?«
»Ich schulde Ihnen keine Erklärungen, Herr. Ihre Papiere!«
Jossele reichte sie ihm.
»Herr! Ihre Krankenkasse interessiert mich nicht! Wo ist Ihr Führerschein?«
»Ich habe keinen.«
»Sie haben keinen?! Paragraph 23. Haben Sie einen Zulassungsschein? Eine Steuerkarte? Eine Unfallversicherung?«
»Nein.«
»Nein?«
»Nein. Ich habe ja auch keinen Wagen.«
Stille. Lastende, lähmende Stille.
»Sie haben… keinen… Wagen?« Das Auge des Gesetzes zwinkerte nervös. »Ja, aber… wem gehört dann dieses rote Cabriolet?«
»Wie soll ich das wissen?« replizierte Jossele, nun schon ein wenig verärgert. »Ich bin ja nur für einen raschen Espresso hier ins Café gegangen. Das ist alles und das versuche ich Ihnen die ganze Zeit zu erklären. Aber Sie hören ja nicht zu…«
Das Amtsorgan erbleichte. Seine Kinnladen bewegten sich lautlos, wenn auch rhythmisch. Langsam zog er das zweite Strafmandat hinter dem Scheibenwischer hervor und zerriß es in kleine Teilchen, einen Ausdruck unendlicher Trauer in seinem Gesicht. Dann verschwand er in der Dunkelheit.
Alles in allem: ein vergnüglicher Abend.
Kontakt mit Linsen
Außer auf der schon früher erwähnten Bio-Placenta-Creme beruht die Schönheit der israelischen Frauen noch auf einer andern großen Erfindung unseres Jahrhunderts: auf den Kontaktlinsen. Sie verwandeln eine brillentragende Hausfrau pfeilschnell in eine blinde Sexbombe.
»Ephraim«, sagte meine Frau, die beste Ehefrau von allen, »Ephraim – bin ich schön?«
»Ja«, sagte ich. »Warum?«
Es zeigte sich, daß die beste Ehefrau von allen sich schon seit geraumer Zeit mit diesem Problem beschäftigt hatte. Sie weiß natürlich und gibt auch zu, daß nichts besonderes an ihr dran ist. Trotzdem jedoch und immerhin: irgend etwas, so meint sie, sei doch an ihr dran. Das heißt: wäre an ihr dran, wenn sie keine Brille tragen müßte.
»Eine Frau mit Brille«, sagte sie, »ist wie eine gepreßte Blume.«
Dieser poetische Vergleich war nicht auf ihrem Mist gewachsen. Sie mußte den Unsinn irgendwo gelesen haben. Wahrscheinlich in einem Zeitungsinserat, das die gigantischste Erfindung seit der Erfindung des Rades anpries: die Kontaktlinsen. Die ganze zivilisierte Welt ist voll damit. Zwei winzige, gläserne Linsen, höchstens 5 Millimeter im Durchmesser, die man ganz einfach auf den Augapfel aufsetzt – und schon ist alles in Ordnung. Deine Umgebung sieht nichts, die menschliche Gesellschaft sieht nichts, nur dein scharf bewehrtes Auge sieht alles. Es ist ein Wunder und eine Erlösung, besonders für kurzsichtige Schauspielerinnen, Korbballspieler und alte Jungfern.
Auch über unser kleines Land hat der Zauber sich ausgebreitet. »Ein Mannequin aus Haifa«, so hieß es auf einem der jüngsten Werbeplakate, »begann Kontaktlinsen zu tragen – und war nach knapp drei Monaten bereits die geschiedene Frau eines gutaussehenden südamerikanischen Millionärs.«
Eine sensationelle Erfindung. Es lebe die Kontaktlinse! Nieder mit den altmodischen, unbequemen Brillen, die eine starre Glaswand zwischen uns und die Schönheit weiblicher Augen schieben!
»Ich habe mir die Adresse eines hervorragenden Experten verschafft«, informierte mich meine Gattin. »Kommst du mit?«
»Ich?«
»Natürlich du. Du bist es ja, für den ich schön sein will.«
Im Wartezimmer des hervorragenden Experten warteten ungefähr tausend Patienten. Die meisten von ihnen waren mit dem Gebrauch von Kontaktlinsen bereits vertraut. Einige hatten sich so sehr daran gewöhnt, daß nicht einmal sie selbst mit Sicherheit sagen konnten, ob sie Kontaktlinsen trugen oder
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