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Nicht so laut vor Jericho

Nicht so laut vor Jericho

Titel: Nicht so laut vor Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Telegrammbote, und als ich nach Unterzeichnung des Empfangsscheins ins Zimmer zurückkam, war das Erziehungsprogramm vorbei.
    Um die fünfarmige Dachantenne zu erproben, schalteten wir einen arabischen Sender ein. Auf dem Bildschirm erschien eine dunkelhäutige, leicht schielende Frauengestalt, die mit schriller Stimme in ihrer Muttersprache darauf loszeterte. In solchen Fällen macht es sich nachteilig bemerkbar, daß ich europäischer Herkunft und mit der führenden Sprache des Vorderen Orients nicht vertraut bin. Meine Sabra-Gattin hingegen lauschte der Sendung fasziniert bis zum Ende. Dann sagte sie: »Ich habe kein Wort verstanden. Es war leider Schriftarabisch.«
    Als nächstes bekamen wir einen gutaussehenden Herrn vorgesetzt, der zur Begleitung eines vielköpfigen Orchesters und unter leichtem Schielen unausgesetzt schluchzte, immer auf dem gleichen Ton, nur mit gelegentlichem Wechsel der Lautstärke. Ich kam mir allmählich ein wenig idiotisch vor. Was trieb mich denn, mich, einen von abendländischer Kultur geprägten Intellektuellen, meine kostbare Zeit an kreischende Eingeborene zu verschwenden? Ich verließ den Apparat und den Raum, zog mich in mein Arbeitszimmer zurück und kam erst zur Nachrichtensendung wieder. Jetzt zeigte sich, daß wir eine Sendung aus Amman, der Hauptstadt des haschemitischen Königreichs, erwischt hatten. Wir erkannten das daran, daß der Sprecher mehrmals mit devotem Aufschlag seiner schielenden Augen den Namen König Husseins erwähnte. Dann schien er sich an uns zu wenden, denn er gebrauchte häufig das Wort »Yezrailin« und bei jedem Gebrauch sprühten Flammen des Hasses aus seinen Augen. Dabei sah er mir direkt ins Gesicht, oder vielleicht jemandem hinter mir, es war schwer zu entscheiden.
    »Was sagt er denn?« fragte ich meine Frau.
    »Keine Ahnung«, erklärte sie. »Ich verstehe ihn nicht. Er spricht Schriftarabisch.«
    Rätselhaft, warum sie unter solchen Umständen nun schon stundenlang vor dem Bildschirm saß. Wahrscheinlich war der weiche, bequeme Armstuhl daran schuld. Der meinige hatte auf mich die Wirkung, daß ich einschlief.
    Ich erwachte mitten in eine Burleske hinein, die ebenso primitiv wie langweilig war. Sie zeigte einen als Frau verkleideten Mann und einen nicht verkleideten im Pyjama, dessen Gattin bald darauf nach Hause kam, worauf der Verkleidete etwas sagte und der im Pyjama auf den Mann, der in Begleitung der Frau gekommen war, heftig einschrie, worauf die beiden – der mit der Frau und der im Pyjama – zusammen abgingen; dann erschien eine ungemein beleibte Dame und rief dem als Frau verkleideten Mann etwas zu, dann kam der Mann im Pyjama zurück, umkreiste die dicke Dame und verfluchte sie fäusteschüttelnd, dann sagte sie etwas, was den als Frau Verkleideten zu einem Sprung aus dem Fenster veranlaßte, und dann verlor ich den Überblick.
    Nach zwei Stunden war die Qual ausgestanden. Der Sender Amman entließ mich zu den Klängen der jordanischen Hymne und zeigte mir noch rasch ein überlebensgroßes Portrait von König Hussein. Da es mittlerweile recht spät geworden war, ging ich zu Bett. Im Traum hörte ich das gutturale Schluchzen des schielenden Sängers und sah mich selbst in einer ganz kurzen Sequenz, wie ich die dunkelhaarige Sexbombe verfolgte und immer wieder »Abadan, Abadan!« rief, ich weiß nicht warum, denn ich kenne kein solches Wort.
    Am nächsten Tag stellte ich versuchsweise denselben Kanal ein, um meinem Söhnchen die dunkelhaarige Sprecherin zu zeigen. Zu meiner Enttäuschung kam eine andere Dame, die nicht annähernd so überzeugend wirkte, zumal auf ein kleines Kind. Auch sie sprach allerlei unverständliches Zeug und wurde von einer jungen, kaum merklich schielenden Sängerin abgelöst, die mit einschmeichelnder Stimme anti-israelische Wiegenlieder sang, wobei sie auf einer Art plastischer Landkarte stand und das als Israel kenntliche Gebiet mit Füßen trat. Jedes ihrer Wiegenlieder endete mit dem sogar mir verständlichen Ausruf: »Inschallah, töte sie alle!« der von einem unsichtbaren Männerchor lautstark wiederholt wurde:
    »Töte sie alle, töte sie alle!«
    Zugegeben, der Text war nicht besonders einfallsreich, aber die Melodie ging ins Ohr. Ich versank in tiefen Schlummer, aus dem ich von meiner Frau geweckt wurde. Sie wollte wissen, warum ich im Schlaf immer wieder »Töte sie alle!« gerufen und nachher die Melodie eines Kinderliedes gesummt hätte.
    »Wer summt? Ich summe?« antwortete ich in begreiflichem

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