Nicht tot genug 14
sein.
»Wie geht es Ihnen? Kommen Sie irgendwie zurecht?«
»So gerade eben.« Er lächelte schwach. »Allerdings sitze ich hier in Brighton fest. Es wird noch mehrere Tage dauern, bis man mich in mein Haus lässt. Die Polizei will auch nicht, dass ich nach London fahre, also muss ich die Firma irgendwie von hier aus weiterführen.«
»Falls Sie eine Unterkunft benötigen, können Sie gern zu uns kommen.«
»Danke, es geht schon.«
»Hat die Polizei schon irgendeine Vermutung, wer dahinterstecken könnte?«
»So wie man mich behandelt, sind sie anscheinend davon überzeugt, dass ich es war.« Ihre Blicke trafen sich.
»Brian, ich bin kein Strafverteidiger, aber ich weiß, dass in den meisten Mordfällen die engsten Angehörigen als Verdächtige behandelt werden, bis man ihre Schuld eindeutig ausschließen kann.«
»Verstehe.«
»Deswegen sollten Sie sich also keine allzu großen Sorgen machen. Je schneller man Sie eliminiert, desto früher kann die Polizei den Täter fassen. Eine andere Frage: Wo halten sich Ihre Kinder zurzeit auf?« Der Anwalt hob beschwichtigend die Hand. »Verzeihung, ich wollte mich nicht einmischen –«
»Nein, nein, schon klar. Max besucht einen Freund in Südfrankreich, und Carly ist bei Verwandten in Kanada. Ich habe mit beiden gesprochen und ihnen gesagt, dass sie vorerst dort bleiben sollen. So wie ich die Polizei verstanden habe, wird es etwa einen Monat dauern, bevor der Leichenbeschauer –« Er konnte nicht weiter sprechen.
»Leider sind viele Formalitäten zu erledigen. Reine Bürokratie. Nicht gerade hilfreich, wenn man einfach nur mit seinen Gedanken allein sein möchte.«
Bishop nickte und betupfte sich die Augen mit einem Taschentuch.
»Da wir gerade dabei sind, es gibt einiges zu besprechen. Sollen wir anfangen?«
»Ja.«
»Was Katies Vermögen angeht – wissen Sie, ob sie ein Testament hinterlassen hat?«
»Da gibt es eine ganz seltsame Sache. Die Polizei hat mich nach einer Lebensversicherung über drei Millionen Pfund gefragt, die ich auf Katie abgeschlossen haben soll.«
Das Telefon klingelte, doch der Anwalt reagierte nicht darauf und schaute Bishop eindringlich an. »Und das haben Sie nicht?«
»Nein, definitiv nicht. Daran würde ich mich ja wohl erinnern.«
Vernon überlegte eine Weile. »Haben Sie in letzter Zeit eine neue Hypothek auf Ihr Haus aufgenommen? Vielleicht, um die Firma zu refinanzieren?«
Bishop nickte. Die Firma lief gut, beinahe schon zu gut, was, wie bei vielen rasch expandierenden Unternehmen, zu einem Liquiditätsproblem führte. Als er angefangen hatte, war das Kapital von ihm selbst und einer kleinen Gruppe reicher Freunde gekommen. Um die nächste Stufe zu erreichen, mussten sie erheblich in neue Technologien, größere Geschäftsräume und besser ausgebildetes IT-Personal investieren. Bishop und seine Freunde hatten beschlossen, das Geld selbst aufzutreiben, und er hatte seinen Teil beigesteuert, indem er eine neue Hypothek auf sein Haus aufgenommen hatte.
»Normalerweise verlangen die Darlehensgeber bei großen Beträgen eine Lebensversicherung als Sicherheit. Vielleicht haben Sie es deshalb gemacht.«
Womöglich hatte der Anwalt recht, dachte er. Was er sagte, kam ihm vage bekannt vor, nur stimmte der Betrag nicht. Und er konnte nicht in seinen Unterlagen nachsehen, weil sie sich im Haus befanden.
»Mag sein«, sagte er zweifelnd. »Und ja, sie hat ein Testament hinterlassen, ein ganz kurzes. Mein Buchprüfer und ich werden als Nachlassverwalter eingesetzt. Das Testament befindet sich im Haus.«
»Sie besaß auch eigenes Vermögen, oder? Nach ihrer Scheidung hat sie doch eine beträchtliche Abfindung erhalten. Wissen Sie, was genau im Testament steht?«
»Ja, sicher, sie hat ihren Eltern einen kleineren Betrag hinterlassen, aber das meiste bekomme ich.«
Plötzlich schrillte bei Robert Vernon eine Alarmglocke, und er runzelte die Stirn. Aber so, dass Bishop es nicht bemerkte.
82
» MONTAG , 7. AUGUST , 18.30 UHR «, verkündete Roy Grace, der sich ausnahmsweise in ziemlich hoffnungsfroher Stimmung befand. »Dies ist die zweite gemeinsame Besprechung von Operation Chamäleon und Operation Mistral.«
Mistral bezog sich auf den Fall Sophie Harrington. Im Konferenzzimmer drängten sich die Menschen, und in der Luft lag knisternde, gespannte Erwartung. Ausnahmsweise funktionierte sogar die Klimaanlage.
Grace ging rasch die Zusammenfassungen durch und schloss mit den Worten: »Ich freue mich, berichten zu können,
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