Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nicht tot genug 14

Titel: Nicht tot genug 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
Vom Netzwerk:
stapelten sich Briefe, und die Regale waren voll gestopft mit juristischen Fachbüchern und Akten.
    »Entschuldigen Sie bitte das Durcheinander, Brian«, sagte Vernon höflich. »Bin erst heute Morgen aus dem Urlaub gekommen. Ich weiß noch gar nicht, wo ich anfangen soll.«
    »Ich frage mich oft, ob es sich überhaupt lohnt, in Urlaub zu fahren. Vorher muss man Berge von Arbeit erledigen, und danach stapelt sich auch wieder alles auf dem Schreibtisch.«
    Bishop rührte siebenmal in seiner zarten Porzellantasse und betrachtete das gerahmte Foto von Vernons Frau Trish, das hinter dem Schreibtisch auf der Fensterbank stand. Die attraktive Blondine trug Golfkleidung und posierte am Tee. Der silberne Rahmen mit den drei ovalen Öffnungen daneben zeigte die lächelnden Gesichter ihrer gemeinsamen Kinder. Die Fotos mussten ziemlich alt sein, denn inzwischen waren alle schon Teenager. Der Anwalt hatte es gut, dachte Bishop mit plötzlicher Bitterkeit. Seiner Familie ging es prima. Seine Welt war in Ordnung, mit welchen Problemen auch immer seine Klienten herkommen mochten. Er bewertete die Fakten, erteilte seinen Rat und sah zu, wie sie samt ihren Problemen wieder durch die Tür verschwanden. Dann stieg er in seinen Lexus und fuhr zufrieden zum Golfplatz.
    Robert Vernon war Mitte sechzig und verströmte einen gewissen altmodischen Charme. Sein silbergraues Haar war immer ordentlich frisiert, die Kleidung konservativ und tadellos, und sein ganzes Verhalten suggerierte Klugheit und Selbstvertrauen. Er war schon seit ewigen Zeiten Bishops Familienanwalt und hatte sämtliche Formalitäten erledigt, als Brians Eltern gestorben waren. Zu ihm war Brian auch gegangen, als er fünf Jahre zuvor im Schreibtisch seiner Mutter etwas entdeckt hatte, das sie ihm sein Leben lang verschwiegen hatte. Er war adoptiert worden.
    Vernon war es auch gewesen, der ihn davon abgehalten hatte, sich auf die Suche nach seinen leiblichen Eltern zu machen. Bishop habe eine wunderbare Kindheit erlebt und sei bei liebevollen Adoptiveltern aufgewachsen, die zu spät geheiratet hatten, um eigene Kinder zu haben. Sie hatten ihn und seine Schwester, die zwei Jahre später zu ihnen kam und mit dreizehn Jahren an Meningitis gestorben war, geliebt und verwöhnt.
    Seine Eltern waren wohlhabend gewesen, und er war in einem schönen frei stehenden Haus mit Blick auf einen Park aufgewachsen. Sie hatten ihm den Besuch einer Privatschule ermöglicht, ihre Ferien im Ausland verbracht und ihm ein kleines Auto gekauft, sowie er seine Fahrprüfung bestanden hatte. Bishop hatte beide sehr geliebt und war zutiefst erschüttert gewesen, als sein Vater starb, doch der Verlust seiner Mutter traf ihn noch tiefer. Obwohl er damals erst wenige Monate mit Katie verheiratet war, fühlte er sich auf einmal furchtbar allein.
    Und dann hatte er das Dokument entdeckt.
    Sein Anwalt hatte ihn beruhigt und daraufhingewiesen, dass seine Eltern es nur deswegen geheim gehalten hatten, weil es in ihren Augen am besten für ihn war. Sie wollten ihm Liebe und Sicherheit geben, damit er die Gegenwart genießen konnte und für die Zukunft gerüstet war. Sie hatten gewiss befürchtet, dass ihn die Enthüllung vollkommen durcheinander bringen und dazu treiben würde, nach einer Vergangenheit zu suchen, die er nie gekannt hatte. Und dass er dabei, was nicht unwahrscheinlich war, auf Menschen stoßen würde, die ganz und gar nicht seinen Vorstellungen entsprachen.
    Vernon erklärte, dass es eine altmodische, aber vernünftige Ansicht sei. Brian führe doch ein erfolgreiches Leben. Natürlich könne es eine schöne Erfahrung sein, seine leiblichen Eltern zu finden, aber es sei ebenso denkbar, dass ihn das Erlebnis zutiefst erschüttern werde. Wenn sie ihm nun unsympathisch wären oder ihn schlicht und einfach ablehnten?
    Dennoch hatte sich die nagende Sehnsucht, etwas über seine Herkunft herauszufinden, nie wirklich gelegt, zumal ihm bewusst war, dass die Chance, seine leiblichen Eltern zu finden, mit jedem Jahr geringer wurde.
     
    *
     
    »Brian, es tut mir so furchtbar leid. Und auch, dass ich mich nicht früher mit Ihnen treffen konnte, aber ich hatte einen Gerichtstermin.«
    »Natürlich, Robert, kein Problem. Ich hatte auch Geschäftliches zu erledigen. Das hat mich immerhin abgelenkt.«
    »Es ist einfach unfassbar.«
    »Ja.« Bishop wusste nicht, ob er Sophie Harrington erwähnen sollte. Er hätte so gern mit jemandem darüber gesprochen, doch schien dies nicht der richtige Zeitpunkt zu

Weitere Kostenlose Bücher