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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Vaske
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wühle in meinem Portemonnaie, picke ein paar Münzen heraus, die mir wie unabsichtlich aus der Hand rutschen. Sie fallen klimpernd auf den Boden und kullern Richtung Vorderreihen. Er taucht ab, ich hinterher. »Das ist hier aber dunkel«, höre ich mich flüstern. Geht doch noch erstaunlich gut, trotz sieben Jahre Ehe. Er streift meine Hand, als er nach einer Münze greifen will. Ist das Absicht? Dafür schiebe ich meinen Hintern gegen seine Flanke, und beim Hochkommen verheddern sich fast unsere Arme. Er ist leicht außer Atem, als er abkassiert, und gibt mir zehn Cent zu viel raus. Ganz schön aufgeregt, das Jüngelchen.
    Ziel erreicht. Er wird an mich denken.
    Der Film ist sogar ganz amüsant: Ich beschließe, mir die DVD zu holen, sobald sie raus ist. Nach einer guten Viertelstunde rutsche ich vom Sitz, schleiche geduckt durch die Sitzreihe zur Seite, gehe zum Ausgang und verlasse so unauffällig wie möglich das Kino. Ich komme mir unglaublich abgebrüht vor, erst im Taxi steigt die Nervosität in mir hoch.
    Ich dirigiere den Fahrer nicht nach Hause, sondern in die Parallelstraße, von dort aus gehe ich zu Fuß heim. Mein Weg führt mich direkt hoch ins Schlafzimmer, auf Toms Seite ziehe ich die Nachttischschublade auf. Meine Hand zittert. Ich habe Angst wie noch nie. Hoffentlich kommt er bald nach Hause, und wir bringen es hinter uns.

14
    »Na Schatz, war’s schön?« Ich begrüße ihn stehend im Schlafzimmer, die Lederjacke habe ich anbehalten und sehe also immerhin aus wie eine coole Killerin, wenn man von der nervös zerkrümelten Kinokarte in der linken Tasche absieht.
    Mein Gatte ist sprachlos – dass ich das noch erleben darf! Er zeigt irritiert auf die Waffe, die ich in der Hand halte.
    Ich drücke ab.
    Vom Rückstoß werde ich aufs Bett geschleudert. Unten bellt sich MacLeod die Lunge aus dem Leib. Ich bin geschockt, vom Knall, von der Wucht und von Toms ausdruckslosem Blick, als er zusammensackt. Wer stirbt, sieht richtig blöd aus.
    Die Kugel hat ihn mitten in die Stirn getroffen, mit dem Gesicht nach unten liegt er jetzt vor mir auf dem Boden. Tot. Wie entsetzlich! Ich trau mich nicht, ihn anzufassen.
    Meine Güte! Was hab ich getan? Mir zieht sich der Magen zusammen, die Waffe schleudere ich so angewidert weg wie eine der toten Ratten, die MacLeod manchmal auf der Türmatte ablegt. Das Abdrücken hatte etwas Befreiendes, das gebe ich zu. Aber muss Mord gleich so endgültig sein? Tom könnte doch wieder aufstehen, mich in den Arm nehmen und so was sagen wie »Okay, das war ein Fehler, ich hab’s kapiert«. Oder noch mal ein bisschen röcheln, mir vergeben und dann heldenmütig in meinen Armen sterben. Wie Winnetou. Muss unsere Ehe so unkommunikativ enden? Eine geladene Pistole ist natürlich nicht gerade ein Gesprächsangebot – trotzdem. Hm, vielleicht hätte ich tiefer zielen sollen.
    Das Telefon liegt unten. Ich falle die Treppe mehr hinunter, als dass ich laufe, und stolpere im Flur auch noch über den Hund, der jaulend verschwindet. Ruhig, Frau Witwe. Das fehlte noch, dass ich mir jetzt ausgerechnet das Genick breche. Gleich, wenn die Polizei kommt, muss ich die verzweifelte Hinterbliebene spielen. Wie soll das gehen? Meine zittrigen Finger versuchen Maryams Nummer zu wählen. Ein zweiter Anlauf, beim dritten Mal klappt’s.
    »Haddad.«
    »Maryam! Maryam, er ist tooot!«
    »Wie, er ist tot?«
    »Erschossen! Tom!«
    »Du hast … Das ging aber schnell.«
    »Einbrecher, es müssen Einbrecher gewesen sein.«
    »Klar …« Sie klingt alles andere als überzeugt.
    »Maryam, er lag tot im Schlafzimmer!«
    »Jetzt mal ganz langsam. Hör mir zu, du tust, was ich dir sage. Wenn du den Einbruch vortäuschst …«
    »Ja?«
    »Das Glas muss nach innen fallen. Nach
innen
! Nicht in den Garten. Sonst weiß die Polizei gleich, was Sache ist. Denn es ist ja
ein-
gebrochen worden, nicht
aus-
gebrochen.«
    »Aber wenn ich es doch sage!«
    Auf der anderen Seite atmet Maryam tief durch, bevor sie kühl verkündet: »Schätzchen. Was du jetzt brauchst, ist ein verdammt guter Anwalt!«
    Es macht klack, unsere Eingangstür ist ins Schloss gefallen. Wie das? Hat Tom sie offen gelassen? Kommt jemand ins Haus – etwa schon die Polizei, Nachbarn, Niemeyers von nebenan? Hat irgendwer den Schuss gehört? Ich werde panisch. Aber das Klimpern der Schlüssel kenne ich, und auch die Stimme, die so vertraut ruft: »Ich bin’s!«
    MacLeod begrüßt sein Herrchen japsend. Seine Schritte kommen näher, schon ist er

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