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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Vaske
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gesagt, Scheibe von außen einschlagen. Dazu brauchst du natürlich noch Fußabdrücke im Garten, Kletterspuren unterm Fensterbrett, und du musst ein bisschen die Wohnung verwüsten.«
    »Das wär’s?«
    Maryam ist mit den Tortellini fertig, sie schiebt den Teller beiseite und nimmt sich den Schokopudding vor: »Ja. Aber denk ans Alibi.«
    »Ich könnte ins Kino gehen«, flöte ich so harmlos wie möglich, und mir fällt wieder ein, wie ich gestern mit dem netten Eisverkäufer unter den Sitzen verschwunden bin.
    »Dann hast du vielleicht ne Stunde. Denn zum Ende der Vorstellung musst du das Kino auch wieder verlassen, dafür brauchst du Zeugen. Aber zwischendurch musst du unauffällig raus und wieder rein, ohne gesehen zu werden. Schwierig.«
    Ich naives kleines Dummchen. Was, wenn mein süßer Mr. Magnum gestern nach dem Film auf mich gewartet haben sollte? Also, zumindest wird er nach mir Ausschau gehalten haben, das kann ich doch wohl wenigstens erwarten nach so einem netten, kleinen Flirt. Vielleicht hat er sogar nach mir gesucht. Die Vorstellung gefällt mir: Allein wenn ich daran denke, wie unsere Hände sich berührten, wird mir schon wieder ganz anders. Aber alibitechnisch wär’s ne Katastrophe.
    Ich fluche leise. Ich hab kein Alibi, keinen toten Ehemann, und meine beste Freundin glaubt mir kein Wort. Nichts funktioniert. Es ist zum Heulen.
    »Nein, Erschießen ist nichts für Laien, Nicole, viel zu kompliziert.« Genüsslich leckt Maryam die Reste des Schokopuddings vom Löffel ab. »Aber wie wär’s mit Vergiften? Das macht auch nicht so viel Krach. Gut, am allerbesten wäre ein Mord, bei dem die Leiche nicht aufzufinden ist, aber wer hat schon einen Säurebottich im Keller.«
    Maryam denkt ernsthaft über eine Lösung für meinen Problemgatten nach. Sie lutscht an ihrem Löffel, klopft angespannt mit dem Finger aufs Tablett, dann endlich hat sie die Idee: »Norglucon!«
    »Was?«
    »Norglucon wäre gut.«
    »Was ist das, Maryam?«
    »Ein Diabetesmedikament. Wird vom Körper schnell abgebaut. Ist in der Pathologie so gut wie nicht nachweisbar. Da gibt’s ein paar echt spektakuläre Fälle.«
    Kaum hat sie die letzten Worte ausgesprochen, bellt es eine Etage über uns heiser: »Frau Haddad, ich war davon ausgegangen, wir hätten uns geeinigt.« Ein mir unbekannter Robenträger hat sich neben Maryam aufgebaut, den Körper gespannt wie ein Flitzebogen, die sehnige Statur verdankt er bestimmt nicht nur dem Aktenschleppen auf den Gerichtsfluren. Er könnte interessant wirken, würde er nicht so verkniffen und angespannt auftreten. Seine dichten, dunklen Haare hat er vermutlich in Eigenarbeit mit dem Langhaarschneider raspelkurz geschoren, so dass sie aussehen wie eine von Oma gehäkelte Kappe.
    »Denken Sie!« Maryam wirft ihre Lockenpracht zur Seite, und ihre Augen funkeln kampflustig. Sie ist umwerfend, wenn sie attackiert, und sie weiß es. Ich bewundere ihre Souveränität. Sie im Prozess zur Gegnerin zu haben ist bestimmt kein Spaß. »Herr Staatsanwalt, wir wollen uns doch wohl nicht der Rechtsbeugung verdächtig machen.«
    Schon ist ihr Gegner in der Defensive. »Schauen wir gleich noch mal auf die Protokolle«, fordert er Maryam auf.
    »Wenn Sie mit der Schlappe leben können, gern.«
    »Gleich in meinem Büro. Sagen wir, in zehn Minuten?«
    »In zehn Minuten«, willigt Maryam ein.
    Ein flüchtiges Nicken in meine Richtung, dann rauscht die Häkelmütze ab. Wie ein Gewitter, das sich verflüchtigt. Keine Ahnung, worum es ging, ich habe von dem Juristendeutsch nur Bahnhof verstanden.
    Ich schaue der Häkelmütze hinterher: »Meine Güte. Wie ist der denn drauf?«
    Während sie antwortet, kramt Maryam den Spiegel aus ihrer Handtasche hervor, sie checkt ihr Aussehen, presst prüfend die Lippen zusammen, ordnet die Mähne: »Ach, alles nur Imponiergehabe. Zu viel Testosteron. Den steck ich locker in die Tasche. Ist mein Make-up noch okay?«
    Ich weiß nicht, warum, aber plötzlich hat sie es sehr eilig, sie steckt schnell den Handspiegel wieder weg und steht auf. Im Aufzug zieht sie ihr Kostüm zurecht und richtet energisch ihr Dekolleté. Interessant, worauf es bei Gericht ankommt, ich dachte immer, Justitia wäre blind.
    Nachdem wir ausgestiegen sind, verabschieden wir uns mit Küsschen, und Maryam zwitschert: »Du sagst mir, wenn du ihn wieder um die Ecke gebracht hast, ja? Bist ein Schatz.«
    Ha ha. Sehr komisch. Als Mörderin bin ich eine Niete, das ist amtlich. Selbst wenn man von diesem kleinen,

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