Nicht warten - starten
eine Kollegin erzählte. Sie war absolut überzeugt gewesen, ihre betagten Eltern sollten in eine betreute Wohneinrichtung ziehen, bevor einer von beiden sterben würde. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Vater odermeine Mutter nach dem Tod des anderen noch mit einer derart radikalen Veränderung zurechtkommen würde«, erzählte sie ihren Freunden oft. »Wenn es uns nicht bald gelingt, sie zu diesem Schritt zu bewegen, ist es zu spät.«
In der Tat starb der Vater meiner Kollegin, noch bevor sie den Plan realisiert hatten, und so musste ihre Mutter den Umzug alleine bewältigen. Wie sich aber herausstellte, war der Umzug genau das, was ihre Mutter brauchte, während sie damit kämpfte, den Tod ihres Mannes zu verarbeiten. Die neuen Freunde, die sie gewann, hatten sie niemals als Teil eines Paares gekannt, was ihr dabei half, sich in ihre neue Rolle hineinzufinden. »Ich hätte mich nicht stärker täuschen können«, sagte meine Kollegin zu mir. »Am liebsten würde ich es ja nicht zugeben, aber ich danke Gott dafür, dass meine Eltern nicht auf mich gehört haben!«
Auf sich allein gestellt, entschließt sich die Zielperson endlich, die Änderung doch umzusetzen.
Vielen Menschen gefällt die Aufmerksamkeit, die sie erhalten, wenn andere sich Sorgen um sie machen. Ohne sich dessen bewusst zu sein, verweigern sie sich einer Änderung, solange andere versuchen, ihnen zu helfen. Wenn jedoch die »Helfer« akzeptieren, dass keine Änderung eintreten wird, hört die Beachtung auf und dann setzt manchmal die Veränderung ein.
Eine Verweigerung kann aber auch Teil eines Machtkampfes sein – und zwar unabhängig davon, wie sehr Sie die Autonomie des anderen bekräftigen. Die Zielperson begreift die Änderung, selbst eine, die sie selbst ausgewählt hat, als ein Zeichen für ein »Einknicken« gegenüber einem Elternteil, einem Vorgesetzten oder einer sonstigen Autoritätsperson. Und da es ihr wichtiger ist, ihre Autonomie zu bewahren, als die Änderung vorzunehmen, stellt sie sich auf die Hinterbeine und hält an ihrem alten Verhalten fest, solange sie glaubt, in einen Kampf verstrickt zu sein.
Tritt in dieser Situation das Elternteil, der Vorgesetzte oder die Autoritätsfigur den Rückzug an und akzeptiert aktiv die Weigerung des anderen, sich zu ändern, endet der Kampf und damit sind die Voraussetzungen für eine Änderung geschaffen. Freunde von mir kämpften über Jahre hinwegmit ihrem ältesten Sohn wegen der Hausaufgaben. Seine gesamte Gymnasialzeit hindurch kam es zwischen ihnen zu erbitterten Auseinandersetzungen wegen seiner Lerngewohnheiten, bis sie schließlich verzweifelt aufgaben. Als er in eine andere Stadt auf die Hochschule ging, waren sie überzeugt, ohne ihre ständige Aufsicht würde er nicht einmal das erste Semester überstehen.
Zu jedermanns Überraschung aber berappelte sich der junge Mann nach ein paar schwierigen Wochen. Er entwickelte ein Interesse an Biologie, das er in seiner Zeit am Gymnasium niemals gezeigt hatte, und inzwischen ist er ein erfolgreicher Medizinstudent. Alles, was er brauchte, war Autonomie.
Da wir
nicht
wissen, was passieren wird, ist die Art und Weise wichtig, wie wir das offenkundige Versagen des anderen akzeptieren. Wenn wir überzeugt sind, sein Versagen werde unweigerlich katastrophale Folgen haben, werden wir ihm das wahrscheinlich auch so kommunizieren – und es ihm dadurch möglicherweise umso schwerer machen, sich zu ändern. Verstärkt durch seine eigenen Ängste und Sorgen, kann das Gewicht unserer Gewissheit, dass er sich niemals ändern wird, zu einer unüberwindbaren Hürde für ihn werden.
Sich selbst zu Akzeptanz und Anpassung motivieren
Aktive Akzeptanz hat auch für uns Vorteile. Wir können uns sagen, dass die umfassendere Bedeutung und die langfristigen Auswirkungen dieser Ereignisse außerhalb unserer Kontrolle liegen. Wir sollten uns auch sagen, dass wir alles in unserer Macht Stehende getan haben, um die Situation zu verbessern. Wir können die vorab angekündigten Konsequenzen ziehen,was dem anderen bewusst ist und was ohne Aggressionen oder Feindseligkeit erfolgt, worüber er vielleicht sogar erleichtert ist. Und schließlich können wir daran arbeiten, unsere eigenen Grenzen aktiv zu akzeptieren – die Grenzen dessen, was wir wissen, tun und kontrollieren können.
Der letzte Schritt besteht demnach darin, sich selbst zu motivieren, die Situation, so, wie sie ist, zu akzeptieren und nach einem Weg zu suchen, wie man sich mit
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