Nick Adams Stories
anders», sagte er. «Ich bin nervös.»
«Sprechen Sie leise», sagte ich. «Wollen Sie rauchen?»
Wir rauchten vorsichtig in der Dunkelheit.
«Sie rauchen nicht viel, Signor Tenente?»
«Nein, ich hab’s mir beinahe abgewöhnt.»
«Nun», sagte er, «es tut einem nicht gut, und ich nehme an, daß man es nachher gar nicht entbehrt. Haben Sie schon gehört, daß Blinde nicht rauchen, weil sie den Rauch nicht sehen können?»
«Das glaube ich nicht.»
«Ich halt’s auch für Stuß», sagte er. «Ich hab’s mal irgendwo gehört. Sie wissen ja, wie man so Sachen hört.»
Wir waren beide still, und ich hörte den Seidenraupen zu.
«Hören Sie diese verdammten Seidenraupen?» fragte er. «Man kann sie knabbern hören.»
«Es ist komisch», sagte ich.
«Sagen Sie, Signor Tenente, ist wirklich etwas mit Ihnen los, daß Sie nicht schlafen können? Ich sehe Sie nie schlafen. Sie haben nachts, solange ich bei Ihnen bin, noch nicht geschlafen.»
«Ich weiß nicht, John», sagte ich. «Vorigen Frühling ist es mir ziemlich dreckig gegangen, und nachts quält’s mich.»
«Genau wie ich», sagte er. «Ich hätte nie in diesen Krieg reingeraten sollen. Ich bin zu nervös.»
«Vielleicht wird es besser.»
«Sagen Sie, Signor Tenente, wieso sind Sie denn überhaupt in diesen Krieg reingeraten?»
«Das weiß ich nicht, John. Damals wollte ich.»
«Wollte», sagte er, «das ist allerdings ein fabelhafter Grund.»
«Wir sollten nicht so laut reden», sagte ich.
«Die schlafen genau wie Schweine», sagte er. «Und Englisch verstehen sie ohnehin nicht. Die wissen überhaupt nichts. Was wollen Sie denn machen, wenn der Krieg vorbei ist und wir wieder in den Staaten sind?»
«Ich werd für ’ne Zeitung arbeiten.»
«In Chicago?»
«Vielleicht.»
«Lesen Sie eigentlich je, was der Kerl, der Brisbane, schreibt? Meine Frau schneidet es für mich aus und schickt es mir.»
«Natürlich.»
«Kennen Sie ihn?»
«Nein, aber ich hab ihn mal gesehen.»
«Den Kerl würde ich gern mal treffen. Er ist ein ausgezeichneter Schriftsteller. Meine Frau liest kein Englisch, aber sie bestellt die Zeitung weiter, genauso wie wenn ich zu Hause bin, und schneidet die Leitartikel und den Sportteil aus und schickt’s mir.»
«Wie geht’s den Kindern?»
«Glänzend. Meine eine Tochter ist jetzt in der vierten Klasse. Wissen Sie, Signor Tenente, wenn ich die Kinder nicht hätte, wäre ich jetzt nicht Ihr Bursche. Dann hätte man mich die ganze Zeit über in die vorderste Linie gesteckt.»
«Ich freue mich, daß Sie sie haben.»
«Ich auch. Es sind famose Kinder, aber ich wünsche mir einen Jungen. Drei Mädchen, und kein Junge. Das ist schon gemeines Pech.»
«Warum versuchen Sie nicht, einzuschlafen?»
«Nein. Ich kann jetzt nicht schlafen. Ich bin jetzt ganz wach, Signor Tenente. Aber wissen Sie, ich mach mir Sorgen, daß Sie nicht schlafen.»
«Wird schon wieder werden, John.»
«Wenn man sich vorstellt, so ’n junger Kerl wie Sie, der nicht schläft.»
«Es wird schon wieder werden. Es braucht einfach seine Zeit.»
«Sie müssen wieder in Ordnung kommen. Man kann doch nicht ohne Schlaf existieren. Sorgen Sie sich um etwas? Bedrückt Sie irgendwas?»
«Nein, John, ich glaube nicht.»
«Sie sollten heiraten, Signor Tenente. Dann würden Sie sich keine Sorgen machen.»
«Ich weiß nicht.»
«Sie sollten heiraten. Warum suchen Sie sich denn nicht irgendeine nette Italienerin mit viel Geld? Sie können jede kriegen, die Ihnen gefällt. Sie sind jung, und Sie haben ’ne Reihe Orden und Auszeichnungen und sehen nett aus. Sie sind mehrere Male verwundet gewesen.»
«Ich spreche die Sprache nicht gut genug.»
«Sie sprechen sie glänzend. Zum Teufel mit der Sprache! Sie brauchen doch nicht mit ihnen zu reden. Heiraten sollen Sie sie.»
«Ich werd’s mir überlegen.»
«Sie kennen doch ein paar Mädchen, nicht?»
«Natürlich.»
«Also dann heiraten Sie die mit dem meisten Geld. Wissen Sie, hier sind alle so erzogen, daß sie gute Ehefrauen werden.»
«Ich werd’s mir überlegen.»
«Überlegen Sie sich’s nicht, Signor Tenente. Tun Sie’s.»
«Schön.»
«Jeder Mann sollte verheiratet sein. Sie werden es niemals bereuen. Jeder Mann sollte verheiratet sein.»
«Schön», sagte ich. «Wir wollen jetzt mal versuchen, ein bißchen zu schlafen.»
«Schön, Signor Tenente. Ich werd’s noch mal versuchen. Aber denken Sie an das, was ich gesagt habe.»
«Ich werd daran denken», sagte ich. «Jetzt wollen wir aber
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