MYLADY SOMMERBAND Band 03: HERZKLOPFEN IM ROSENGARTEN / LADY ODER KURTISANE? / (German Edition)
1. KAPITEL
Der Ehrenwerte Peregrine Nicholls leerte sein Glas auf einen Zug, ehe er seinem Cousin ein mitfühlendes Lächeln schenkte. „Dein Problem, lieber Ned, ist, dass du viel zu romantisch bist“, stellte er fest und fuhr, ohne die jetzt gerunzelte Stirn seines Vetters zu beachten, gut gelaunt fort: „Ich selbst war, wie du weißt, einer kleinen Romanze niemals abgeneigt. Doch wenn es ums Heiraten geht, muss man andere Maßstäbe anlegen. Da heißt es: Kompromisse schließen. Du hast dich jetzt zum dritten Mal in dieser Saison von einer jungen Dame zurückgezogen, der du zunächst deutlich dein Interesse gezeigt hattest. Kein Wunder, dass die Klatschbasen hinter ihren Fächern über dich reden.“
Ned Latimer, der bis vor kurzem noch bei den Dragonern gedient hatte, streckte die langen Beine aus. „Du glaubst doch nicht, ich würde mir, nur um den alten Matronen zu gefallen, eine Gattin nach ihrem Geschmack suchen!“ Ein eigensinniger Zug lag um seinen Mund. Dennoch sah er erstaunlich gut aus. „Es muss doch irgendwo da draußen eine junge Dame geben, für die ich mehr bin als der Mann, der die Rechnungen ihrer Schneiderin bezahlt.“
„Glaubst du etwa immer noch an Märchen, alter Knabe?“ Nicholls beugte sich nach vorn, um die Gläser noch einmal mit Cognac zu füllen. „Du kennst doch die Regeln. Wenn die Zeit gekommen ist, eine Familie zu gründen, dann entscheidet ein Gentleman sich für ein Mädchen aus gutem Hause, das – wenn er ein bisschen Glück hat – zudem hübsch ist. Vor allem aber sollte die junge Braut über ein sanftes Wesen verfügen, sonst wird er nämlich für den Rest seines Lebens unter dem Pantoffel stehen.“
„Unsinn“, widersprach Latimer. „Hast du jemals darüber nachgedacht, Perry, welche Folgen es für die geistigen Fähigkeiten deiner Kinder haben könnte, wenn du dich für eine einfältige Frau entscheidest, ganz gleich wie hübsch sie auch sein mag?“ Er nahm einen großen Schluck aus seinem Glas. „Ich jedenfalls habe eine ganze Reihe von Erwartungen an meine zukünftige Gemahlin. Ich möchte mich mit ihr unterhalten können, und zwar nicht nur über die neueste Mode. Sie sollte in der Lage sein, sich ihre eigene Meinung zu vielen verschiedenen Themen zu bilden. Meine Mutter war, wie du dich vielleicht erinnerst, eine solche Frau. Sie las Zeitung, wusste, was in der Welt vorging, und war stets bereit, ihre Überzeugungen zu verteidigen. Manchmal ging es laut her bei uns. Aber gerade deshalb hat Vater sie angebetet.“
„Hm …“, brummelte Nicholls, der bemerkt hatte, welch weichen und gleichzeitig betrübten Ausdruck die Augen seines Cousins angenommen hatten. Zweifellos trauerte Ned noch immer um seine vor fünf Jahren verstorbene Mutter. „Ich weiß, was du meinst. Wenn sie ein Mann gewesen wäre, hätte Tante Felicity sich als Redner im Oberhaus einen Namen machen können.“
Es wurde still im Raum.
„Was hat dich denn diesmal zum Rückzug bewegt?“, fragte Nicholls nach einer Weile. „Die kleine Cornwell ist ein nettes Mädchen. Sie schien dich zu mögen. Und manch einer hätte sich gewünscht, an deiner Stelle zu sein. Du aber hast ihr nach kurzer Zeit den Laufpass gegeben. Dabei wurden bereits Wetten darauf abgeschlossen, wann du um sie anhalten würdest. Irgendetwas ist geschehen, nicht wahr?“
Latimer zuckte die Schultern. „Ich habe zufällig etwas gehört.“
„Ach?“
„Die bezaubernde Miss Eleonora Cornwell hatte ihr Herz, lange ehe die Saison begann, einem anderen geschenkt. Sie wollte nur diesen Gentleman und sonst niemanden heiraten. Doch da ihre Eltern praktisch ihre gesamten Ersparnisse aufgewendet hatten, um ihr ein Debüt zu ermöglichen, drängten sie die junge Dame, mich zu erobern. Selbstverständlich konnte ich ihr unter diesen Umständen nicht länger den Hof machen. Also gab ich sie frei.“
„Selbstverständlich“, wiederholte Nicholls in ernstem Ton, doch seine Augen blitzten spöttisch – was seinem Cousin nicht entging.
„Sei nicht albern, Perry“, meinte er. „Du wirst doch nicht erwarten, dass ich den Rest meines Lebens an der Seite einer unwilligen und unglücklichen Gattin verbringe. Nein danke, da bleibe ich lieber Junggeselle.“
„Dazu dürfte dein Vater auch das eine oder andere Wort zu sagen haben. Du hast mir erzählt, er habe dich zur Ehe gedrängt, seit du aus dem Krieg zurückgekehrt bist. Und meiner Meinung nach hat er recht. Schließlich bist du der einzige Sohn und
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