Nick aus der Flasche
recht ist«, sagte sie leise, denn sie hörte zum Einschlafen gern Musik. »Nicht erschrecken.« Vorsichtig öffnete sie die Front des Hauses.
Als sie ins Obergeschoss blickte, konnte sie ihren Augen nicht trauen. Was hatte Nick mit ihrem Puppenhaus angestellt? Es sah fantastisch aus! Das schwarz geflieste Badezimmer mit dem knallroten Boden war einfach ein Hingucker! Der Stil hatte ein bisschen was Sixtymäßiges.
Und in dem schicken grünen Schlafzimmer lag ihr Mini-Nick, eingekuschelt in ihre selbstgenähte Bettwäsche. Die hatte er so belassen, was ihr Herz zum Hüpfen brachte. Er sah ja so schnucklig aus! Wie eine lebendige Puppe. Julie hatte sich früher oft vorgestellt, dass ihre Puppen echte Menschen wären, und jetzt besaß sie tatsächlich solch ein kleines Wesen.
Sie wollte eben das Licht löschen, als Nick etwas murmelte und sich auf den Bauch drehte. Die Zudecke verrutschte und ein nacktes Bein kam zum Vorschein.
»Nein …«, stöhnte er.
»Nick?«, wisperte sie. Hatte er einen Albtraum? Sollte sie das Schlafzimmerlicht lieber brennen lassen, damit er sofort wusste, wo er war, wenn er erwachte?
Unruhig wälzte er sich im Bett hin und her.
»Nick? Träumst du?« Langsam streckte sie die Hand aus, um ihm behutsam mit dem Zeigefinger über den Kopf zu streicheln. Sie wollte ihn ja nicht zerdrücken.
Abrupt setzte er sich auf und starrte sie schwer atmend an. Schweiß glitzerte auf seiner Stirn.
»Hattest du einen Albtraum?«
»Ich …« Er sah aus, als wollte er ihr etwas erzählen, doch er nickte nur.
Was hatte er bloß erlebt? Was hatte dieser Solomon ihm angetan?
In ihrer Brust wurde es eng. Nick sollte sich nicht fürchten.
»Kannst bei mir schlafen«, sagte sie sanft.
Finster schaute er sie an. »Ich bin kein Baby!«
Männer …
, dachte Julie schmunzelnd, während sie das Bett samt Nick vorsichtig aus dem Haus holte und auf ihren Nachttisch stellte, neben seine Flasche. Dann zog sie den Netzstecker, und das Puppenhaus lag im Dunkeln.
Julie huschte ins Bett, wünschte Nick, der ihr protestierend den Rücken zudrehte, eine Gute Nacht und löschte das Licht.
Nur einschlafen konnte sie nicht. Ihr fehlte die Musik, aber sie wollte den iPod nicht holen, da sie lieber lauschen wollte, ob Nick wieder schlecht träumte. Der wälzte sich in seinem Bettchen hin und her. Sie hörte ihn seufzen und stöhnen und fragte schließlich: »Was ist los?«
»Ich kann nicht mehr einschlafen«, kam es mit dieser piepsigen Stimme zurück.
»Das kenne ich«, sagte sie. »Wenn ich schon mal tief geschlafen habe und geweckt werde, dauert es auch immer ewig.«
Von seiner Seite nur Schweigen.
»Ich finde es übrigens toll, wie du mein Puppenhaus umdekoriert hast.«
»Wirklich?«, antwortete er prompt.
»Ja, sieht toll aus. Von mir aus darfst du den Rest auch noch neu machen.«
»Danke.«
»Dann kannst du nun richtig zaubern?«, wollte sie wissen. Außerdem würde ein wenig Smalltalk keine peinliche Stille aufkommen lassen.
»Das muss ich noch austesten, denn es funktioniert nicht immer. Aber das Haus neu einzurichten ist eine gute Übung.«
Julie war hellwach, doch ihr ging der Gesprächsstoff aus. Sie wollte Nick jetzt nicht auf seinen Traum ansprechen oder auf sein Leben bei Mr. Solomon, daher fragte sie: »Hast du Lust, einen Film anzugucken?«
»Jetzt?«
»Hm.«
»Hier?«
»Ja, vom Bett aus hat man einen Superblick zum Fernseher.«
»Sehr gern.«
Julie setzte sich auf. »Worauf hast du Lust? Krimi, Thriller, Komödie, Action?«
»Action«, erwiderte er sofort.
War ja irgendwie klar. Sie wusste schon, warum sie nicht »Romantik« aufgezählt hatte.
Sie schaltete das Nachtlicht ein und sah Nick auf seinem Bett hocken, die nackten Beine baumelten heraus. Blinzelnd rieb er sich über die Augen. Gott, wie putzig er so klein aussah! Sein Haar war ganz verwuschelt und er trug nur Connors T-Shirt und die Unterhose.
Julie tapste zur Kommode und zog einige DVDs heraus. Da Nick keinen der Filme kannte, entschied er sich für Transformers, weil er das Covermotiv auf der Hülle interessant fand. Außerirdische Roboter, die sich in schnelle Autos verwandeln konnten – klar, dass ihn das interessierte.
Die erste halbe Stunde fragte er sie Löcher in den Bauch, weil er viele Dinge noch nie gesehen hatte und nicht verstand, wie es möglich war, so einen Film zu produzieren, dann wurde er ruhiger, starrte jedoch gebannt auf den Fernseher.
Als es plötzlich an der Badezimmertür klopfte, zuckten sie
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