Nick aus der Flasche
Montag in unsere Schule. Er ist in meine Nachbarschaft gezogen.«
Martin reichte ihm die Hand. »Hi, schön, dich kennenzulernen.«
»Hi«, sagte er, völlig überrumpelt von so viel Freundlichkeit. Er musste endlich über Solomon hinwegkommen. Nicht jeder wollte ihm was Böses, außerdem schien der junge Mann kein Zauberer zu sein. Die gab es nicht an jeder Ecke. Oder?
Martin grinste ihn frech an, wobei seine grünen Augen funkelten. Dabei glitt sein Blick musternd über Nick. »Wird bestimmt ’ne coole Party. Komm, ich stell dich ein paar Leuten vor.«
Schmunzelnd zuckte Julie mit den Schultern und ließ es zu, dass Martin ihn mitzerrte. »Ich geh dann mal zu den Mädels!«, rief sie und verschwand in die entgegengesetzte Richtung.
Er schaute ihr hinterher, bis sie zu einer Gruppe junger Frauen trat, die sich sofort zu ihm umdrehten, ihn angrinsten und Julie mit Fragen überhäuften. »Wer ist das, wo hast du den aufgetrie…«
»Du kommst also aus New York?« Martin lächelte ihn immer noch so komisch an.
»Ja.«
»Und wohnst jetzt mit deinen Eltern hier?«
»Bin im Heim aufgewachsen.«
»Oh«, machte Martin. »Das tut mir leid.«
»Schon gut, ich hatte dort ’ne schöne Zeit.« Um der unangenehmen Musterung zu entkommen, beobachtete er Julie. Sie lachte mit den Mädchen und deutete kurz in seine Richtung. »Sind das ihre Freundinnen?«
Martin wandte den Kopf. »Jul bezeichnet sie nicht mehr als ihre Freundinnen, daher wundert es mich, dass sie mit ihnen spricht.«
Plötzlich war Nick ganz Ohr. »Was ist passiert?«
»Siehst du die Schwarzhaarige mit der weißen Hose?«
Er nickte.
»Das ist Lisa. Sie war mal Juls beste Freundin. Neben mir.« Als Martin grinste, nahmen seine Wangen dieselbe Farbe wie sein Haar an. »Sie waren in derselben Cheerleadergruppe. Aber als sich Julie das Sprunggelenk angeknackst hat und nicht mehr bei den Auftritten mitmachen durfte, hat sich Lisa ziemlich schnell von ihr abgewandt. Plötzlich waren sie keine dicken Freundinnen mehr, nur noch Bekannte.«
Nick fand das ziemlich gemein. Lisa war ihm jetzt schon unsympathisch, auch wenn sie ständig in seine Richtung grinste. Na ja, immerhin schien Julie sich zu amüsieren, da wollte er sie nicht stören. Daher ließ er sich von Martin weiterziehen, zu einer Gruppe Jungs in seinem Alter. Martin stellte sie ihm alle vor, doch Nick hörte nur mit halbem Ohr zu. Er wollte lieber allein sein, die Gitarre ausprobieren und über Emma nachdenken.
»Magst du ein Bier?«, fragte ein dunkelhaariger Typ und hielt ihm eine Dose hin.
Er zögerte kurz und nahm das Getränk schließlich dankend an. Vielleicht sollte er sich betrinken, um alle Sorgen zu vergessen. Aber dann könnte er nicht auf Julie aufpassen. Doch er fühlte sich irgendwie dazu verpflichtet. Zu viele junge Männer schauten ihr auf den Hintern. Besonders ein großer blonder Kerl mit breiten Schultern konnte nicht den Blick von ihr abwenden. Sein muskulöser Körper zeichnete sich durch ein eng anliegendes T-Shirt ab.
»Wer ist das?«, fragte er Martin.
»Josh Reed, Basketballtalent, Mädchenschwarm und Juls Ex«, erwiderte er seufzend. »Das daneben ist sein bester Kumpel Chris.«
Ex? »Sie waren mal zusammen?« Ein Knoten umschlang sein Inneres.
»Ziemlich kurz. Josh hat sie eiskalt fallenlassen, als sie im Krankenhaus lag und er hörte, dass sie voraussichtlich dieses Schuljahr nicht mehr mit den anderen Mädels seine Mannschaft anfeuern kann.«
Zählte denn Sport so viel? »Wieso starrt sie ihn dann ständig an?« Nick verstand sie nicht. So ein Macker hatte keinen Blick von ihr verdient.
»Sie ist noch ziemlich verliebt in ihn.«
Das saß wie ein Schlag in den Magen. Er hatte keinen Grund, eifersüchtig zu sein, schließlich war er nur ihr Flaschengeist, doch er wollte auf keinen Fall, dass dieser Josh seiner Herrin schadete. Und dessen Blicke gefielen ihm immer weniger. Außerdem machte der Kerl laszive Gesten mit der Zunge, die Julie die Röte ins Gesicht trieben. Bestimmt redete Josh mit dem anderen blonden Schönling, der neben ihm stand, über sie.
»Kannst du mal kurz halten, bin gleich wieder da.« Er reichte Martin die Gitarre und sein Bier.
Der deutete zwinkernd auf eine dichte Baumgruppe. »Für kleine Jungs geht’s da lang, und falls du Hilfe brauchst, bin ich immer für dich da.«
Nick hatte zwar keine Ahnung, was er meinte, bedankte sich trotzdem und marschierte zu den Bäumen. Dahinter würde er sich klein machen können, ohne dass es
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