Nick Perfect – Bruder per Post
man bestimmte Codeworte und Zahlen ausspricht oder aus der Ferne eintippt, löscht Nick sämtliche Dateien und es kommt quasi zur Implosion, wodurch es unmöglich wird, ihn nachzubauen oder seine Daten wiederherzustellen.«
Mein Bruder war mit Sprengstoff verkabelt? Total unwirklich! (Aber irgendwie auch cool, auf eine gruslige Art, einen Bruder zu haben, der explodieren kann. Okay, jetzt reichte es!)
» Du lässt Nick explodieren?«, fragte Ma und fuhr an einer Kreuzung noch langsamer. » Hier im Wagen?!«
» Implodieren, nicht explodieren«, erklärte Pa. » Ich denke, für uns besteht keinerlei Gefahr, obwohl Jean-Pierre und ich nie eine Möglichkeit hatten, es zu testen. Trotzdem, je weiter wir von Nick weg sind, desto besser. Komm nach vorn, Ben.«
» Du kannst Nick doch nicht explodieren lassen!«, sagte ich, und Tränen schossen mir in die Augen.
» Will ich ja auch nicht«, antworte Pa mit versagender Stimme. » Aber wenn ich muss, werde ich es tun, um die Technologie zu schützen– und euch!« Er atmete aus und raufte sich die Haare. » Also bitte, bitte leg Nick jetzt auf den Boden, so flach wie möglich, und komm nach vorn, für den Fall, dass ich die Codeworte aussprechen muss.«
Er meinte Luciens Geburtsdatum, zweimal wiederholt. Plötzlich dämmerte es mir, dass Luciens Geburtstag Nicks Todestag sein könnte. Das war doch völlig daneben!
Ich sah Nick an, der teilnahmslos geradeaus blickte, und plötzlich wusste ich, was ich zu tun hatte. Eigentlich bin ich keiner dieser Jungs, die ihren Eltern dauernd widersprechen, aber das hier war etwas anderes. Hier ging es um Nick.
Also legte ich den Arm um meinen Bruder und zog ihn näher an mich ran. » Du wirst Nick nichts tun«, sagte ich. Der ahnungslose Roboter lächelte mich an. O Mann!
» Benjamin!«, rief mein Vater und knirschte mit den Zähnen.
Ich rührte mich nicht.
» Tu, was dein Vater sagt, Ben!«, fauchte Ma, während sie Rück- und Seitenspiegel checkte. » Und wo ist die Polizei? Wie kann es sein, dass man hier keinen einzigen Polizisten auf der Straße sieht? (Das gehört zu den irren Dingen, wenn man in New York City lebt: Wenn man keinen Polizisten braucht, steht an jeder Ecke einer. Aber wenn man mal einen nötig hat… man könnte meinen, die hängen alle bei Zabar’s Deli rum und mampfen Mohnbagels).
» Vergiss es«, sagte ich. Ich fühlte mich gleichzeitig tapfer und schwach, war mir jedoch absolut sicher, dass Nick das auch für mich getan hätte.
Pa sah aus, als würde er gleich selber implodieren, aber dann hörte ich ihn tief seufzen. » Ich empfände wahrscheinlich genauso, wenn mein Bruder in Gefahr wäre«, sagte er und wandte sich ab. » Hoffentlich bist du in Sicherheit, Jean-Pierre«, murmelte er.
Puh! Ich holte tief Luft und gab Nick ein Zeichen, dass er seine Hörfunktion wieder anschalten könne.
» Hörschnittstelle aktiviert«, sagte der Roboter und blinkte. » Ich hoffe, ich habe nichts Wichtiges verpasst.«
Nein. Nur, dass ich dir das Leben gerettet habe, Bruder.
An der 48sten Straße West musste Ma an einer roten Ampel halten. Das war der Moment, als der silberne Wagen auf unseren Renault auffuhr. Kein lauter dumpfer Schlag, mehr ein Klaps, als wollte man uns eine Botschaft senden.
Als die Ampel auf Grün sprang, starrte Ma wütend nach vorn und gab Vollgas. Aber der Audi glitt neben uns und der Mann mit der Pistole zeigte aus dem Fenster und machte Zeichen, als wolle er uns hier, vor einem Thai-Restaurant, an den Straßenrand dirigieren. Thai-Restaurants– die sind überall!
» Halten die uns für verrückt?«, sagte Pa. » Fahr NICHT ran.«
» Ich weiß, ich weiß«, rief Ma. » Matthew, wir müssen sie abhängen, und zwar schnell. Wir haben nur noch eine Achtel Tankfüllung!«
Während wir alle überlegten, wie wir aus diesem Schlamassel rauskommen könnten, schwenkte Ma plötzlich nach links, zwang die entgegenkommenden Autos auszuweichen und drückte das Gaspedal durch. Wow! Das war supergefährlich, aber sie hatte die Spione überrumpelt– die befanden sich jetzt mehrere Wagenlängen hinter uns.
Als Nächstes bog Ma illegalerweise abrupt in die 43ste Straße ein. Wir ernteten bitterböse Blicke von Passanten, und ein Verkehrspolizist blies in seine Trillerpfeife. Nachdem es einen Häuserblock lang super gelaufen war, kamen wir hinter dem Times Square in einen riesigen Stau und steckten fest. Genau wie die Autos vor uns, neben uns und hinter uns. Jetzt saßen wir noch schlimmer in der Falle
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