Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
konzentrierte ich mich auf seinen Gürtel und sah den Pistolengriff langsam auf mich zukommen. Jetzt zählte nichts anderes mehr. Ich hatte nur noch Augen für seine Waffe. Ich hörte auch die beiden anderen schreien. Wir brüllten uns gegenseitig an.
Beim Colt Kaliber 45 löst der Abzug nur den gespannten Hammer aus. Um ihn zu spannen und zugleich die erste Patrone in die Kammer zu bringen, muß der Pistolenschlitten in seinen Führungsschienen energisch nach hinten gezogen und losgelassen werden. Die Pistole läßt sich durchgeladen und gesichert tragen - Hammer gespannt, Sicherung eingerastet, eine Patrone in der Kammer. Außer dem Sicherungsknopf hat sie eine Griffsicherung; auch wenn der Knopf gedrückt ist, muß die Hand des Schützen den Pistolengriff mit kräftigem Druck umfassen, sonst kann kein Schuß abgegeben werden.
Ich zog die Pistole mit der linken Hand heraus, ohne darauf zu achten, wo ich sie zu fassen bekam. Gleichzeitig bildeten der Daumen und die geschlossenen Finger meiner Rechten ein V, in das ihr Griff hineinpaßte. Mein Daumen entsicherte den Colt, und meine Finger lösten seine Griffsicherung. Ich konnte nicht sehen, ob der Hammer gespannt war, und wußte nicht, ob die Pistole durchgeladen war. Ich zog mit der Linken den Schlitten zurück, um sie zu laden. Sie war schon geladen gewesen. Eine Patrone wurde ausgeworfen und flog im Licht der Straßenlampen messingglitzernd in weitem Bogen davon. Auf eine Patrone kam es nicht an; entscheidend war, nicht nur ein Klicken zu hören, wenn man abdrückte.
Ich wußte, daß der gefährlichste Gegner Mr. Armani war. Er hielt seine Waffe bereits in der Hand.
Ich behielt meine Drehrichtung nach rechts bei, bekam ihn ins Visier und zielte tief, weil ich wußte, daß diese
Scheißkerle Kevlarwesten trugen. Armani brach zusammen. Ich konnte nicht beurteilen, ob er tot war oder nicht.
Ich drehte mich weiter, schoß den kleinen Schwarzhaarigen nieder, richtete mich auf und sah zu dem Fahrer hinüber. Er saß noch am Steuer, war aber nach vorn zusammengekrümmt und wand sich laut schreiend.
Ich rannte mit schußbereiter Waffe zu seiner Tür. »Rüberrutschen! Rüberrutschen! Rüberrutschen!«
Ich riß die Fahrertür auf, bedrohte ihn weiter mit meiner Pistole und trat mit dem rechten Fuß zu. Ich versuchte gar nicht erst, ihn aus dem Wagen zu zerren; das hätte zuviel Zeit gekostet. Ich wollte nur ans Lenkrad, um losfahren zu können. Ich hielt die Pistolenmündung an seine Backe, zog seine Waffe heraus, behielt sie und ließ meine achtlos fallen, weil ich nicht wußte, wieviel Schuß sie noch enthielt.
Der Fahrer war am linken Oberarm getroffen. Die Einschußwunde war ziemlich klein und blutete nicht allzu stark. Ich mußte ihn erwischt haben, als ich mich herumgeworfen und auf Armani geschossen hatte. Aber von seiner Hand tropfte Blut, das den Arm hinunterlief. Ein Geschoß vom Kaliber 45 ist groß und schwer und besitzt enorme Durchschlagskraft. Die riesige Austrittswunde würde die halbe Unterseite seines Arms weggerissen haben. Von diesem Mann hatte ich garantiert nichts zu befürchten.
Während ich mit durchdrehenden Reifen losfuhr, schrie ich ihn an: »Wohin fahren sie? Wohin fahren sie?«
Sein ganze Antwort bestand aus einem halb trotzigen, halb geschluchzten »Fuck you! Fuck you!« Blut färbte seinen dunkelgrauen Anzug braun.
Ich rammte ihm die Pistolenmündung in seinen Oberschenkel. »Wohin fahren sie?«
Wir rasten den schmalen Privatweg entlang. Ich fuhr beide Außenspiegel ab, während ich versuchte, meinen Beifahrer zum Reden zu bringen. Als er wieder nur »Fuck you!« sagte, drückte ich ab. Ich spürte den Druckstoß, als die heißen Treibgase den Lauf verließen, und roch Korditgestank. Der Knall des Schusses war ohrenbetäubend laut. Das Geschoß riß eine zwanzig Zentimeter lange Furche in seinen linken Oberschenkel. Der Kerl quiekte wie ein angestochenes Schwein.
Ich wußte noch immer nicht, wohin ich fahren sollte. Der Verletzte hörte bald zu schreien auf, aber er zuckte weiter krampfhaft. Dabei landete er auf den Knien liegend im Fußraum vor dem Beifahrersitz, auf dem sein Kopf ruhte. Ich fürchtete, daß er in seinem Schockzustand bald nicht mehr ansprechbar sein würde. Vermutlich wünschte er sich, er wäre tatsächlich ein New Yorker Hot-dog-Verkäufer.
»Wohin fahren sie?« wiederholte ich. Er durfte nicht ohnmächtig werden, bevor ich das wußte.
»Nach Süden«, stöhnte er. »Auf der I-95 nach Süden.«
Ich bog
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