Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
rascheln und sah nun auch die Reflexion einer schwarzen Jacke.
Ich warf mich gerade noch rechtzeitig herum, um einen erhobenen Arm zu sehen, der mir offenbar irgendeine Art Messer in den Rücken stoßen wollte.
Angriff ist die beste Verteidigung.
Ich stieß einen lauten Schrei aus, der ihn hoffentlich verwirren würde, während ich zwei bis drei Schritte auf ihn zustürmte, wobei ich mich auf seinen Arm konzentrierte. Was der andere Kerl machte, war mir
vorerst egal. Die Hauptgefahr ging von diesem hier aus.
Ich bekam sein erhobenes Handgelenk mit der rechten Hand zu fassen, bewegte mich weiter und riss seinen Körper, dessen eigener Schwung mir dabei half, nach links. Als ich mit der linken Hand nachhalf, kehrte er mir den Rücken zu, während ich ihn zu den WC-Kabinen stieß. Wir stolperten in eine der Kabinen, deren dünne Sperrholzwände laut schepperten, als wir in dem beengten Raum miteinander rangen. Er ging vor der Kloschüssel auf die Knie. Der Klosettsitz fehlte; er war vermutlich schon vor Jahren abmontiert und mit heimgenommen worden.
Ich hielt weiter sein rechtes Handgelenk umklammert, während ich ihm auf den Rücken sprang und mit beiden Knien seinen Hinterkopf traf. Lange durfte ich mich nicht mit ihm aufhalten; schließlich hatte ich’s hier mit zwei Kerlen zu tun. Ich hörte das Knacken eingeschlagener Zähne und spürte, wie sein Unterkiefer unter meinem Gewicht nachgab, während der Mann unter mir einen erstickten, fast kindlich klingenden Schrei ausstieß.
Das Messer fiel ihm aus der Hand. Meine rechte Hand tastete auf dem Fußboden danach und bekam es zu fassen. Aber das Ding war kein Messer, sondern ein Autojet, eine amerikanische Marke. Ich kannte das Gerät und wusste, wie es funktionierte.
Ich hielt die automatische Injektionsspritze so in meiner rechten Hand, dass vier Finger den Zylinder von der Dicke eines breiten Markierstifts umfassten, während mein Daumen auf dem Auslöseknopf lag, um den Typ in grünem GoreTex, das ich hinter mir rascheln hörte,
abwehren zu können.
Zu spät; der Kerl war schon über mir. Auch er hielt einen Autojet in der Hand. Ich spürte, wie die Nadel in meine Haut eindrang und den Inhalt der Spritze in meine linke Pobacke entleerte; das fühlte sich an, als wachse unter meiner Haut ein Golfball heran.
Ich schoss hoch, warf mich mit meinem ganzen Gewicht nach hinten gegen seinen Körper und stieß ihn rückwärts gegen die Urinale. Das Schlingern der in schwerer See stampfenden Fähre ließ uns beide torkeln.
Als wir gegen die Porzellanbecken knallten, fingen seine Fäuste an, von hinten die Seiten meines Gesichts zu bearbeiten, während ich ihn eingeklemmt festhielt. Er biss mich sogar in den Hinterkopf, aber davon spürte ich nicht viel. Der Autojet begann schon zu wirken: Herzrasen, trockener Mund, verschwommenes Sehen. Bestimmt war er mit einer Mischung aus Scopolamin und Morphium gefüllt gewesen, die nach der Injektion einen als Dämmerschlaf bezeichneten Zustand hervorrief; dieses früher in der Geburtshilfe verwendete Beruhigungsmittel galt längst als viel zu gefährlich - außer bei den britischen und amerikanischen Geheimdiensten, die sich wenig um die Rechte von Patienten kümmerten. Ich hatte Zielpersonen schon mehrmals dieses Zeug verpasst, um sie leichter in ihre Einzelzelle verschleppen zu können. Ich hätte nie gedacht, dass ich es einmal selbst abbekommen würde, aber nun konnte ich das Produkt aus eigener Erfahrung empfehlen.
Um mich herum schien alles in Zeitlupe abzulaufen.
Sogar seine Stimme, die mir ins Ohr brüllte, klang verschwommen, während er sich bemühte, zwischen mir und einem Urinal herauszukommen.
Ich rammte den Autojet gegen das Bein, das rechts von mir um sich trat, und betätigte mit dem Daumen den Auslöseknopf. Die Injektionsnadel schnellte automatisch hervor, durchstieß seine Jeans und seine Haut, entleerte den Inhalt der Spritze. Damit waren wir quitt; jetzt kam es nur noch darauf an, wer zuerst umkippte.
»Fuck you!« Unverkennbar ein Amerikaner.
Ich hatte nicht die Kraft, mehr zu tun, als ihn dort eingeklemmt zu halten. Der Autojet war mir aus der Hand gefallen, aber ich klemmte ihn weiter mit meinen Beinen ein, was auf dem nassen, schwankenden Boden mühsam war, und hoffte, er werde als Erster die Kontrolle über seinen Körper verlieren, damit ich zusehen konnte, dass ich hier rauskam.
Er versuchte weiter, mein Gesicht von den Seiten aus mit Fausthieben zu treffen, und brachte mir damit vielleicht
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